5. Februar 2014

"Was nicht passt, wandert in den Müll"

Interview geführt von

Wenn sich zwei High-Tech-Musiker wie The Shins-Frontmann James Mercer und Regler-Derwisch Brian Burton alias Danger Mouse zusammentun, dann spitzt die Szene natürlich die Ohren. Seit 2008 mixen die beiden nun schon unter dem Projekt-Banner Broken Bells sphärischen Indie-Pop mit erdigem Rock. Im Januar 2014 erscheint das zweite Album des Duos mit dem Titel "After The Disco".

James Mercer und Brian Burton sind auf den ersten Blick ein ziemlich ungleiches Paar. Da ist auf der einen Seite der eher unscheinbar wirkende The Shins-Sänger, der mit seinem Dreitagebart und lockerer Garderobe wie ein Nachbar von Nebenan wirkt, während sein Kompagnon Brian Burton in punkto Erscheinungsbild keinen Zweifel daran aufkommen lässt, dass man es hier mit einem Red Carpet-verwöhnten High-End-Musiker zu tun hat.

In teure Designer-Kluft gehüllt und stilecht mit Sonnenbrille, mimt die gefährliche Maus aus New York den ultimativen Superstar. Und so wundern wir uns auch nicht, als sich Brian für unser Gespräch in einer Berliner Luxus-Herberge in den größten und gemütlichsten Sessel des Zimmer setzt, während sein Kollege auf dem etwas steif wirkenden Sofa Platz nimmt. Die Rollen scheinen klar verteilt.

Hi ihr zwei, wenn man euch beide so betrachtet, könnte man meinen, ihr würdet euch heute zum ersten Mal begegnen. Wurde euch das schon öfters gesagt?

Brian: Ja, manchmal.

James: Ich finde es immer wieder bemerkenswert, wie die Leute darauf kommen.

Brian: Naja, wird sind schon ziemlich verschieden, findest du nicht?

James: Doch, na klar. Und trotzdem: Ich habe noch nie ein Interview mit den Pet Shop Boys gelesen, in dem man die beiden mit Ähnlichem konfrontiert hat (lacht).

Brian: Das stimmt. Ich auch nicht. Dennoch kann ich verstehen, wenn die Leute erst einmal skeptisch gucken, wenn sie uns beide zusammen sehen.

Vor allem dann, wenn sie sich vorher eure Musik angehört haben; denn die klingt so gar nicht nach zwei Typen, die unterschiedlicher kaum sein könnten.

Brian: Sondern?

Ich fand euer erstes Album schon sehr stimmig. Auch die neue Platte klingt für mich wie das Werk zweier Seelenverwandter, die durchgehend an einem Strang ziehen.

James: Sehr schön. So ist es auch.

Brian: Das ist doch auch das eigentlich Besondere an so einer Konstellation. Ich meine, wir sind wirklich ziemlich verschieden. Wir kommen auch musikalisch aus total verschiedenen Welten. Und dennoch funktioniert es. Ich bin selbst immer wieder überrascht, wenn ich mir einen fertigen Track von uns anhöre und uns im selben Moment dabei im Spiegel betrachte.

"Wir zanken uns auch manchmal"

Was ist euer Geheimnis?

James: Respekt vor der Musik und Respekt vor dem Menschen, mit dem man arbeitet. Das ist der Schlüssel.

Brian: Ich glaube auch, dass es wichtig ist, dass man kompromisslos arbeitet. Ich habe mehr davon, wenn ein Mensch eine Idee von mir zum Teufel jagt, anstatt dass er sie auseinander nimmt und sich letztlich mit etwas arrangiert, was ihm im Grunde völlig gegen den Strich geht. Das ist aber auch die einzige Regel, die wir haben. Gemacht wird, was gefällt. Und was nicht gefällt, landet eben auf dem Müll – eigentlich ganz einfach.

James: Jeder von uns hat klare Vorstellungen. Glücklicherweise sind die oftmals sehr ähnlich. Sobald einer auch nur einen Moment lang überlegt, ist die Sache erledigt. So sparen wir uns viel Zeit und Arbeit. Letztlich wird nur das zu Ende geführt, was wir beide auch von vorne bis hinten unterschreiben. Ich denke, dass das etwas ist, was vielen anderen Projekten fehlt – dieses Zielgerichtete und klar Definierte.

Ihr habt auf eurem neuen Album mehr Synthesizer am Start. Es gibt auch in punkto Tempo einige Veränderungen zu vermelden. Waren das auch Dinge, die ihr beide auf der to-do-Liste zu stehen hattet?

James: Das mit den Synthesizern kam eher von Brian. Ich fand die Idee aber gut, also haben wir es gemacht. Bei der Geschwindigkeit der Songs waren wir schon nach unserem ersten Album etwas unzufrieden, auch wenn es gegen Ende ja etwas schneller wird. Wir fanden dennoch, dass wir hier und da noch ein bisschen mehr aufs Gaspedal hätten treten können.

Brian: Das ist ziemlich witzig, denn obwohl wir diesen "Plan" im Kopf hatten, entstanden zuerst wieder nur ruhigere Songs.

James: Stimmt. Aber wir haben dann zum Glück noch die Kurve gekriegt (lacht).

Wie sieht es bei euch mit den Texten aus?

Brian: Wir schreiben beide an den Texten. Auch hier gilt: Was passt, passt. Was nicht passt, wandert in den Papierkorb.

James: Bei uns entstehen die Texte meistens immer erst später, wenn die Musik schon fertig ist. Wir sitzen dann zusammen und überlegen uns, welche Geschichte uns ein Instrumental gerade erzählen will. Meist wird uns dabei dieselbe Geschichte erzählt, so dass es eigentlich nur noch um die richtigen Worte geht (lacht).

Harmonie pur.

James: Naja, wir zanken uns auch manchmal.

Brian: Ja, wir fighten auch ab und an. Aber am Ende kommen wir halt immer auf einen gemeinsamen Nenner.

"Ist das nicht der Coldplay-Sänger?"

Ihr habt für das neue Album auch einen effektvollen Kurzfilm gedreht. Wessen Idee war das?

James: Das war Brians Idee – und eine ziemlich gute, wie ich finde.

Brian: Ich dachte mir halt, es wäre schön, wenn man der Musik auch noch einen visuellen Part zur Seite stellt, der über das herkömmliche Video-Clip-Format hinausgeht. Mit den beiden Schauspielern Kate Mara und Anton Yelchin fanden wir ein tolles Duo dafür. Die beiden stranden auf einem erdähnlichen Planeten und kommen sich dabei näher. Eine Sci-Fi-Story mit leichtem Drama-Touch (lacht). Ich bin wirklich total begeistert vom Ergebnis.

Momentan geistert ein Part des Films durchs Netz. Ein zweiter ist bereits abgedreht. Wird es noch weitere geben?

Brian: Schwer zu sagen. Geplant waren eigentlich nur zwei Teile. Aber wir werden sehen. Vielleicht fällt uns noch mehr ein.

Ihr seid ja beide sehr gefragte und beschäftigte Business-Mitglieder mit einer Reihe anderer Groß-Projekte, in die ihr unabhängig voneinander involviert seid. Wie geht bei Broken Bells der Entstehungsprozess eines Albums vonstatten? Schickt ihr euch gegenseitig Audio-Dateien zu?

Brian: Nein. Wir arbeiten nur zusammen, wenn wir uns auch gemeinsam in einem Raum befinden.

James: Wir proben richtig klassisch in Brians Studio. Diese Atmosphäre ist uns sehr wichtig. Ich glaube nicht, dass wir heute hier sitzen würden, wenn wir uns unsere Songs via Mails zusammenschustert hätten. Das würde bei uns nicht funktionieren. Wir brauchen die direkte Kommunikation und den Moment des gemeinsamen Schaffens.

Ich erwähnte bereits, dass ihr neben Broken Bells auch noch diverse andere Sachen am Start habt. Welchen Stellenwert hat Broken Bells für euch?

Brian: Für mich ist es die wichtigste Arbeit. Ich wollte schon immer ein eher erdiges Projekt ins Leben rufen, dass sich in punkto Sound und Umsetzung von all meinen anderen Geschichten abgrenzt. Broken Bells ist mein "Baby". Alles andere passiert nebenbei.

Nebenbei?

Brian: Ja, nebenbei.

Wie kann man denn so ganz nebenbei ein U2-Album produzieren?

James: Das würde ich jetzt aber auch mal gerne wissen (lacht).

Brian: Das funktioniert eigentlich ganz gut (grinst).

Wie ist denn da der Stand der Dinge?

Brian: Darüber darf ich nicht sprechen, sorry. Außerdem ist das ganze Paket noch nicht komplett geschnürt. Die Sache mit den ungelegten Eiern, verstehst du (grinst)?

Hört eines dieser ungelegten Eier zufällig auf den Namen Chris Martin?

Brian: (lacht) Vielleicht.

James: Ist das nicht der Coldplay-Sänger?

Brian: Ja. Schluss jetzt. James, erzähl du doch mal was zum Thema The Shins.

James: Ha, da gibt's auch nichts zu erzählen.

Ach komm.

James: Nein, wirklich. Ich konzentriere mich momentan voll und ganz auf Broken Bells, auch wenn es bei mir in punkto Stellenwert etwas anders aussieht. Ich fühle mich natürlich in erster Linie als Sänger der The Shyns. Aber da im Moment steht halt Broken Bells im Vordergrund. Bei mir hängt es immer davon ab, wo, was und mit wem ich gerade zu tun habe. Das ist dann für den jeweiligen Augenblick mein Ding.

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