4. März 2010

"Die Musikindustrie befindet sich im Niedergang"

Interview geführt von

Brian Burton alias Danger Mouse gilt vollkommen zurecht als einer der umtriebigsten Pop-Produzenten/Musiker unserer Zeit. Wenn der gebürtige New Yorker und Bastardpop-Erfinder (remember "Grey Album") nicht gerade für Gorillaz oder Beck im Produzentensessel sitzt oder sich Grammy-nominieren lässt, treibt er mit Vorliebe Kollaborationsprojekte voran.

Nach Gnarls Barkley und dem (nie offiziell veröffentlichten) Superstar-Projekt "Dark Night Of The Soul", bei dem Burton und Sparklehorse unter anderem mit Julian Casablancas, Iggy Pop und David Lynch zusammenarbeiteten, treibt es ihn nun tief in US-Indiepop-Gefilde: Der Wegbereiter des Bastardpop mischt mal wieder die Karten neu. Broken Bells heißt das jüngste Bandprojekt von Danger Mouse. Partner ist diesmal sein langjähriger Freund James Mercer - seines Zeichens Herz und Kopf von The Shins.

Jahrelang schon sei er Fan, gibt Danger Mouse an diesem Vormittag in einer aufgeräumten Hotelsuite in Berlin-Mitte zu Protokoll. Er spricht ruhig und überlegt. Äpfel und Croissants liegen bereit, ausgegangen sind die beiden letzte Nacht auch nicht - entsprechend ausgeschlafen präsentieren sich Burton und Mercer. Gemeinsam haben die langjährigen Freunde ein Album geschaffen, das das Spielfeld zwischen Gitarren- und Orgelgetriebenem Indiepop und psychedelischen Seitenstichen mit einer beeindruckenden Raffinesse füllt.

"Broken Bells" lebt von dieser bestimmten Art Melancholie, der jene Leichtigkeit innewohnt, die zuckersüße Melodien auf Watte zu betten vermag. Es ist analoger, warmer Pop mit einem unaufdringlichen Rhythmusfundament aus der Beatbox, und es scheint fast, als sei es die naheliegendste Kollaboration der Welt, wenn der afrotisierte Multiinstrumentalist und der Folksänger sich kurzschließen. Es wäre früher passiert, wären Mercer und Burton nicht so vielbeschäftigte Musiker.

Einen Masterplan gab es für die Studioaufnahmen übrigens nicht, erklären sie im Interview unisono. Er sei ohne jedes Instrument und konkrete Erwartungen in den Flieger zu Danger Mouse gestiegen, fügt James Mercer an. The Shins-Fans müssten sich aber trotz mehrerer personeller Wechsel keine Sorgen über die Zukunft seiner Hauptband machen. Neues Material werde sicherlich "someday" erscheinen, heißt es recht ungefähr. Die Priorität liege hier und heute eben auf Broken Bells. Indes wurde für das Projekt kein aktuelles Shins-Songmaterial verwendet, wie in manchen Foren bereits spekuliert worden war.

James und Brian: Wie, wann und wo habt ihr euch kennengelernt?

Bis vor kurzem lautete euer Bandname "James Mercer & Brian Burton/Pelican City". Konntet ihr euch zwischenzeitlich auf etwas Kompakteres einigen?

Brian, du hast in der Vergangenheit mit so unterschiedlichen Künstlern wie Damon Albarn, Julian Casablancas und David Lynch kollaboriert. Egal ob Soul, Indierock oder Hip Hop - Genres scheinen für dich keinen Grenze zu sein ...

James, nicht wenige Shins-Fans machten sich zuletzt Sorgen. Der Rauswurf von Drummer Jesse Sandoval und Keyboarder Marty Crandall Mitte 2009 bedeutet einen großen personellen Umbruch. Welchen Stellenwert hat Broken Bells mittelfristig?

Insbesondere die Danger Mouse-Veröffentlichungen sind für ungewöhnliche Wege bekannt: Gnarls Barkley feierten mit "Crazy" die erste Download-Nr.1, das "Grey Album" verbreitete sich viral im Internet, das Feature-Projekt "Dark Night Of The Soul" konnte wegen Copyright-Streitigkeiten mit der Plattenfirma nur als leere CD-R mit Fotobuch erscheinen. Für welchen Distributionsweg habt ihr euch bei eurem Album entschieden?

"Dark Night Of The Soul" war gerade in visueller Hinsicht herausragend: Der leeren CD lag ein mehr als 100 Seiten starkes Fotobuch mit Fotografien von David Lynch bei. Befürchtet ihr im digitalen Zeitalter einen Verlust der visuellen Seite von Musik? Glaubt ihr, es gibt wirksame Möglichkeiten, dem entgegenzuwirken? Und hört ihr privat ganz klassisch Platten und CDs, oder läuft bei euch mittlerweile alles über den MP3-Player?

In Frankreich und Großbritannien, aber auch in den USA gibt es konkrete Bestrebungen der Content-Industrie, Urheberrechtsverletzer dauerhaft vom Internet auszusperren. Wie denkt ihr über diese sogenannte Three-Strikes-Out-Politik?

"Broken Bells" erscheint Anfang März als CD-Album bei Sony Music.

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Broken Bells

Broken Bells ist kein ganz gewöhnliches Nebenprojekt, denn die beiden beteiligten Musiker entstammen völlig unterschiedlichen Stil-Lagern. Brian Burton …

Noch keine Kommentare