laut.de-Kritik

Der "Spaceman" zieht den Kürzeren.

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Wenn es um seine Ex-Homies Gene Simmons und Paul Stanley geht, schießt dem guten Ace Frehley öfter mal mehr kochendes Blut in den Kopf als ihm lieb ist. Immer wieder kam es in den letzten Jahren zu verbalen Stichelleien und Schuldzuweisungen, die dazu führten, dass der "Spaceman" nicht einmal mehr eine Einladung für das finale Kiss-Konzert im Dezember 2023 im legendären New Yorker Madison Square Garden zugeschickt bekam. Nun will es der schrullige Saitenhexer, der einst dem "Cold Gin" frönte wie Keith Richards dem "weißen Gold", seinen ehemaligen Kollegen noch mal so richtig zeigen: "Mit meinem neuen Album werde ich sie zum Schweigen bringen und wie Idioten aussehen lassen!", tönte Ace im Vorfeld der Veröffentlichung von "10.000 Volts" in mehreren Interviews.

Jetzt sind wir natürlich alle ganz gespannt, wie es denn klingt, das Werk, das nach Meinung des Urhebers gar mit dem legendären ersten Frehley-Solowerk aus dem Jahr 1978 mithalten kann. Der eröffnende Titeltrack überrascht mit einem sehr zeitgenössischen Sound. Das Schlagzeug kommt mit viel Kick um die Ecke und die Gitarren klingen warm und satt. Mit den beiden Reglerhelfern Steve Brown (Trixter) und Bruno Ravel (Danger Danger) hat sich Frehley scheinbar genau die Richtigen ins Studio geholt. Musikalisch hingegen ist "10.000 Volts" nicht gerade eine Offenbarung. Zwar transportiert der Chorus eine gewisse Coolness. Aber der Rest plätschert dann doch eher belanglos vor sich hin.

Frehleys nasaler Gesang war in jungen Jahren der erfrischende Gegenentwurf zum brustbehaarten Rockstargetöse der Herren Stanley und Simmons. 50 Jahre später quakt der Mariachi aus dem All immer noch wie ein angetrunkenes Entlein ("Walking On The Moon", "Cherry Medicine"): "You make me feel better, when you wear your black leather", singt Frehley. Für einen kurzen Moment weckt der alte Mann "Shock Me"-Erinnerungen.

Dann aber greift Ace ganz tief ins Klo. Mit "Fox On The Run"-Vibes im Gepäck schickt er doch tatsächlich eine Halbballade auf Reisen ("Back Into My Arms Again"). Spätestens nach der ersten Strophe hätte ich den hörbar überforderten Ace aus der Gesangskabine gezerrt und ihm die Melodie eines Hits seiner Lieblingsband ins Ohr gesäuselt: "Let it be, let it beeee ..."

Das nach vorne rockende "Fighting For Life" macht dann wieder etwas Boden gut. Die Wissenschaft und die fortschreitende Technologie "got us by the balls!", schimpft Ace im anschließenden "Blinded". Es bleibt der einzige gesellschaftskritische Wink der liebenswerten Knollennase. Vier Minuten später ist das weibliche Geschlecht schon wieder Thema. "Constantly Cute", ein lockerer Hardrock-Track, der auf "Sonic Boom" oder "Monster" einen soliden Filler abgegeben hätte, präsentiert sich hier als Album Highlight.

Nach einer weiteren Halbballade ohne zündenden Moment ("Life Of A Stranger"), der doch sehr schweren Geburt des "New York Groove"-Brüderchens "Up In The Sky" und dem gescheiterten Versuch, dem Kult-Instrumental "Fractured Mirror" ein Update zur Seite zu stellen ("Stratosphere") landet "Spaceman" Ace Frehley wieder auf der Erde. Begrüßt wird er von seiner Verlobten Lara, die ihn sowieso über alles liebt, den begeisterten Vertretern der "Anti-Tommy-Thayer-Army" und den beiden grinsenden Herren Gene Simmons und Paul Stanley. Wie Idioten sehen die beiden Letztgenannten nicht gerade aus.

Trackliste

  1. 1. 10.000 Volts
  2. 2. Walking On The Moon
  3. 3. Cosmic Heart
  4. 4. Cherry Medicine
  5. 5. Back Into My Arms Again
  6. 6. Fighting For Life
  7. 7. Blinded
  8. 8. Constantly Cute
  9. 9. Life Of A Stranger
  10. 10. Up In The Sky
  11. 11. Stratosphere

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