Saubillig! Die neueste Media Markt-Werbung scheint ein voller Erfolg zu sein. Nach "Geiz Ist Geil" vom konzerneigenen Ableger Saturn macht der Elektronikriese nun mit der Ikone der Linken Kasse. Rio Reiser-Fans findens zum Kotzen.

Ingolstadt (alc) - "Radios laufen, Platten laufen, Filme laufen, TVs laufen, Reisen kaufen, Autos kaufen, Häuser kaufen, Möbel kaufen. Wofür?"

Dass sich die Zuständigen beim Media Markt hierüber nicht unbedingt Gedanken machen, scheint klar. Dass sich die Werber jedoch bei ihrer Kampagne ausgerechnet bei einem Querdenker wie Rio Reiser und dessen Song "König Von Deutschland" bedienen, der sich solo wie auch mit der Band Ton Steine Scherben gegen kapitalistische Auswüchse und den zügellosen Konsum wendete, überrascht zunächst. Und ärgert vor allem dessen ehemalige Wegbegleiter und nicht zuletzt die Fans.

Wie die taz berichtet, gehen Reiser-Anhänger jetzt auf die Barrikaden, das sie ihr Idol für die Sache des "Feindes" verunglimpft sehen. Anderen scheint das hingegen vollkommen egal zu sein. Ausgerechnet die Vorzeigedame der Grünen, die ehemalige Scherben-Managerin Claudia Roth, lässt über ihre Pressesprecherin zu diesem Thema auf Anfrage verbreiten: "Dazu will sie sich nicht äußern. Man muss Prioritäten setzen".

Die Wandlung der Grünen von der Protest-Partei hin zum Berliner Politklüngel-Club scheint auch in den Köpfen vollzogen worden zu sein. Selten wurden einst zur Schau getragene Ideale prägnanter und kürzer ad absurdum geführt wie in diesem kleinen Sätzchen. Gratulation!

Da sich das Unternehmen die Rechte für die Verwertung sichern musste, steht ebenfalls die Frage im Raum, wieviel Schnaps man eigentlich trinken, wieviel Gras man rauchen und wieviel Kohle man verplempern muss, um einen solchen Deal über die Bühne zu bringen. Einen Song, den Reiser gesungen hat, für eine derartig gelagerte Kampagne zur Verfügung zu stellen, gleicht der Teufelsaustreibung mittels Beelzebub: Schwarze Mächte sind am Werk!

Don Franco, seines Zeichens Sänger der Magic Street Voices, zeigt dem Media Markt in einem offenen Brief in der Neuen Rheinischen Zeitung nicht nur verbal den Stinkefinger: "Rio Reiser würde sich im Grab umdrehen, wenn er wüsste, wie man mit seinem musikalischen Erbe umgeht", beschwert er sich und kündigt eine Protestnote an den Konzern an.

In Blogs und Foren regt man sich über die neue Werbekampagne ebenfalls auf. Die einhellige Meinung der Blogger und Kommentatoren kann mit dieser Überschrift eines Eintrags zusammengefasst werden: "Die dumme Sau schändet Leichen!". Sachen gibts ...

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laut.de-Porträt Rio Reiser

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