laut.de-Kritik

Latente Müdigkeit: Wo bleibt der kreativ glühende Zorn?

Review von

20 Jahre Levellers und kein Ende in Sicht! Zur Porzellanhochzeit gönnt man sich da schon was Besonderes: Die altehrwürdige Royal Albert Hall stellte ihre Bühne den Folkrockern für einen Abend zur Verfügung.

Dort zu spielen gilt jedem britischen Musiker noch immer als ultimativer Ritterschlag. Am 27. September 2008 spielten die Engländer dort ein insgesamt recht ruhig gehaltenes Kammerkonzert inklusive Streichquartett und antikem Flügel.

Doch Porzellan ist zerbrechlich. Das weiß jeder. Und so ließ das Glück die Levellers im Stich. Gravierende Technikprobleme verhinderten die Aufzeichnung weiter Teile des Programms. Als Tondokument bleiben lediglich die hier veröffentlichten zehn Tracks übrig. Tragisch für das Septett! Der Rest der Welt wird diesen Verlust sicherlich verschmerzen. Schließlich machen auch die besten Rahmenbedingungen noch keinen guten Gig.

Leider offenbaren die Levellers nicht zum ersten Mal ihre Schwächen im Songwriting. Okay, der Anfang gelingt noch recht eindrucksvoll. "No Change" ist ein erprobter Klassiker und macht seit zwanzig Jahren viel melodieseligen Spaß. Dasselbe gilt für das schmachtende "Julie". Und auch die klassischen Gastmusiker machen ihre Sache toll. Obgleich ihr sanfter Stempel den Sound kaum aufzuwerten vermag. Langeweile macht sich dennoch breit.

Das macht fast schon betroffen. Die sympathisch fröhlichen Insel-Anarchisten stehen ja grundsätzlich auf der richtigen Seite: dem Kampf für soziale Gerechtigkeit und Lebenslust. Man möchte das dargebotene Sammelsurium so gern mögen. Aber warum gelingt das nicht?

"Together All The Way" plätschert - wie jeder weiterer Song - im dösigen Midtempo vor sich hin und verbrät uninspiriert mittelmäßige Gitarren. Auch eine ästhetisch gelungene Umsetzung kann solch ziellose Nummern ohne echte Höhepunkte - "Before The End", "Death Loves Youth" oder "Hope St" oder "This Garden" - nicht retten.

Die latente Müdigkeit scheint wie ein bleierner Schleier über den Levellers zu liegen. Auch gesanglich fehlt der letzte Funken schlagende Leidenschaft in der fast erschöpft klingenden Stimme von Mark Chadwick. Da zeigt sich im direkten Folkrock- bzw. Folkpunk-Vergleich eine schwer erträgliche Betulichkeit bei den Gleichmachern.

Es fehlt der kreativ glühende Zorn, das raubeinig mitreißende Element, das etwa Justin Sullivan auszeichnet. Es fehlt - gerade bei den Trinkliedern - die Spur echten Drecks, den die Pogues zelebrieren. Das lyrische Talent eines Shane Macgowan ist ihnen ohnehin um Lichtjahre voraus.

Am Ende bekommt man - wie so oft bei der Kapelle - eine Handvoll zahmer, zahnloser Liedchen, die nicht nur sauber, sondern rein tönen. Willkommen in der Schunkelbude ehemaliger Indie-Volksmusik-Helden.

Trackliste

  1. 1. No Change
  2. 2. Julie
  3. 3. Together All The Way
  4. 4. Before The End
  5. 5. Chemically Free
  6. 6. Death Loves Youth
  7. 7. Exodus
  8. 8. Hope St
  9. 9. The Garden
  10. 10. Men-At-Tol

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