laut.de-Kritik

Fettes Riff, passender Gesang, guter Refrain, Schluss nach 1:52.

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In Boxkreisen gibt es das alte Sprichwort "They never come back", welches besagt, dass Champions, einmal vernichtend geschlagen, nur in den seltensten Fällen erneut Champion werden. Nur der große Ali konnte sich bislang überzeugend über dieses Quasi-Naturgesetz hinweg setzen.

Bis zu seiner Wiederbelebung durch den sogenannten Grunge (Seattle und so) Ende der 80er Jahre schienen einem ehemaligen Boxer gleich der Rock und sein Kollege Roll so ein Ex-Champion zu sein. Die Nachfolger Hip Hop, (Acid-) House und Konsorten standen bereit, und keiner gab mehr einen Pfifferling auf die Jungs. Mittlerweile jedoch erleben wir das x-te Comeback, und vor allem in UK gibt es einen Hype zu konstatieren, der uns an die gute alte Zeit erinnert, als Männer noch echte Rocker waren, und schöne Frauen am Hintertürchen des Umkleideraums (= Backstage) Schlange standen, um den Sanges- und Gitarrenheroen die wohlverdiente Ehre zu erweisen.

Warum ich das alles erzähle? Weil "Get Born", der frische Longplayer von JET, den Hörer, einer Zeitmaschine gleich, in diese seligen Jahre zurück versetzt und mit auf eine Reise durch die Facetten des 70er und 80er Jahre Rock nimmt. Augen zu, Headphone auf die Matte, und los gehts.

"Last Chance", der Opener zeigt gleich zu Beginn was Sache ist: Fettes AC/DC-Riff, passender Gesang, guter Refrain, nach 1:52 ist Schluss. Gut so. Und weiter. "Are You Gonna Be My Girl", bekannt aus irgend so einer Fernsehwerbung (kann mich leider nicht erinnern, war wohl nicht in der Zielgruppe) schlägt in dieselbe Kerbe, bisschen mehr Honky Tonk - Style vielleicht. Richtig boogie à la Stones rocken die Gitarren dann bei "Rollover D.J.", fast schon ein wenig zu viel des Guten (?) für meinen Geschmack. Gesangstechnisch bewegt sich Nik Cester die ganze Zeit über in Vines-Gefilden, wenn auch nicht ganz so rotzig.

Track vier geht mit Piano und Refrain-Gesang in Richtung Sexy Sadie-Remix (Beatles / White Album), und die Zeile "Look What You've Done, You Made A Fool Of Everyone" ist auch 1:1 von dort übernommen. Sei's drum, klingt gut, auch wenn man merkt, wo es herkommt. Ähnliches gilt für "Move On", wo sich JET an "Wish You Were Here" von Pink Floyd entlang hangeln. Zudem ist zu bemerken, dass sich JET im Soundformat 'Rock-Ballade' offensichtlich pudelwohl fühlen und diese gleich mehrfach auf "Get Born" aufleben lassen. Dafür vielen Dank an die Jungs von Down Under.

Andererseits hat man den Schrank eh schon mit AC/DC- und Stones-Platten voll stehen, dass sich die Brettchen biegen. Und T-Rex steht gleich daneben. Also: Eigentlich ist "Get Born" eine ganz gute Rockplatte, mit der man nichts falsch machen kann, die man aber ehrlicherweise "Born Again" hätte betiteln sollen.

Trackliste

  1. 1. Last Chance
  2. 2. Are You Gonna Be My Girl
  3. 3. Rollover D.J. (Album Version)
  4. 4. Look What You've Done
  5. 5. Get What You Need
  6. 6. Move On
  7. 7. Radio Song
  8. 8. Get Me Outta Here
  9. 9. Cold Hard Bitch
  10. 10. Come Around Again
  11. 11. Take It Or Leave It
  12. 12. Lazy Gun
  13. 13. Timothy

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LAUT.DE-PORTRÄT Jet

Wenn der hauseigene DJ kommt und sagt "Hey, ich habe da eine ganze neue Band entdeckt. Die musst du dir unbedingt mal anhören." Dann ist Vorsicht geboten.

19 Kommentare

  • Vor 20 Jahren

    Aus dem Land der Koalas und Kängurus düsen Jet zu uns und präsentieren ihr Baby "Get Born". In Down Under haben sie ein paar Wurzeln von AC/DC ausgegraben, dann ausführlich im Retro-Garten der 70er und frühen 80er rumgewildert und sich auf dem Trip hierher gewiss ein Tütchen Oasis reingezogen... und das nur, um uns ein ganz leckeres Süppchen zu kochen!

    "I wanna move but it don't feel right / Because you've been playing other people's songs all night" singen sie auf ihrer neuen Single "Rollover D.J."... und hätte besagter DJ ein paar Songs von Jet gespielt, die Party wäre bestimmt kein Reinfall geworden. Wer bei "Are You Gonna Be My Girl" noch stillzitzen kann, ist entweder schon tot oder hat dermassen einen in der Krone, dass die Gehörgänge völlig den Dienst versagt haben. Und auch für die Kuschelstunde servieren Jet ein Schmankerl: "Look What You've Done" ertönt ganz im Stile der grossen Rockballaden der 70er, und spätestens nach dem zweiten Hören summt man die Melodie automatisch mit... und das ist erst der vierte Song auf dem Album!!!

    Dieser Jet ist eben erst gestartet und legt schon ein enormes Tempo vor... anschnallen, festhalten und durchwirbeln lassen! Und ja... die Band heisst NUR "Jet"... das "The" ist schon beim Start in den Triebwerken verschwunden...

  • Vor 20 Jahren

    selten eine so gut formulierte Kritik gelesen...

    Note 1, gratuliere

  • Vor 20 Jahren

    finde die platte um einiges besser...