Auf der ersten Single aus ihrem kommenden Album positionieren sich Kettcar eindeutig: Es gibt keinen "positiven" Rassismus, die Übergänge zwischen "nett gemeinten" Fragen und Abschiebefantasien sind fließend.

Hamburg (dr) - "Darf ich einmal dein schönes schwarzes Haar anfassen?", fragt die Mutter des lyrischen Ichs Yachi zu Beginn des bemerkenswert langen Textes von "München". Der Erzähler und Yachi spielen im selben Fußballverein. "Du hast sie gelassen, etwas verkrampft gelächelt / Gegessen und dich höflich bedankt", berichtet das lyrische Ich. Doch es bleibt nicht bei einer Frage. Die Mutter des Erzählers stellt Yachi eine zweite: "Wo bist du eigentlich hergekommen?

Harmlose Fragen? Nicht für Kettcar. "Ich sag', ich bin geboren in München-Harlaching / München, alte Lady", singt Marcus Wiebusch Yachis Antwort.

Die Lyrics der ersten Singleauskopplung aus dem kommenden, am 5. April erscheinenden Album "Gute Laune ungerecht verteilt" sind von der Jugend des Bassisten Reimer Bustorff geprägt: "Diesen Yachi aus dem Text gibt es wirklich", stellt Bustorff klar. "Wir haben zusammen Fußball gespielt, seine Eltern kamen aus der Türkei. Der hat das damals in den Achtzigern schon so erlebt – und ich will mal behaupten, seitdem hat sich nichts zum Guten verändert."

Im weiteren Verlauf der Lyrics geht es noch um unberechtigte Diebstahlvorwürfe und Diskriminierung bei der Wohnungssuche – weil Yachi so aussieht, wie Yachi aussieht. "Vielleicht wärst Du auch ein Opfer des NSU / Vielleicht wärst Du auch ein Opfer der Polizei / Vielleicht wärst Du auch ein Opfer der Justiz", spekulieren Kettcar wütend.

Die Frage "Darf ich einmal dein schönes schwarzes Haar anfassen?" kulminiert schließlich – nachdem zusätzlich die Frage nach Yachis Wurzeln im Raum steht – in einem "Hätte man ihn dahin denn nicht zurückschicken können?". In Zeiten, in denen eine inzwischen überdeutlich bräunlich eingefärbte blaue Partei über Massenabschiebungen diskutiert und dennoch (oder gerade deshalb?) erschreckend hohe Zustimmungswerte in Deutschland erhält, bekommt letztgenannte Frage traurige Aktualität. Das zugehörige Video wurde an Tatorten des NSU in Dortmund, Kassel, Nürnberg, Hamburg, Rostock und im titelgebenden München gedreht.

Am heutigen Freitag setzen Kettcar ein Zeichen und geben um 16:45 Uhr auf der Demonstration "Hamburg steht auf!" auf dem Jungfernstieg ein Konzert. Die Demo richtet sich "gegen Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke".

Am 27. Januar folgt ein bereits ausverkauftes Konzert in der Münchner Kranhalle, das die Band im Vorfeld bereits als "besonders" bezeichnete.

Für folgende Kettcar-Konzerte gibt es noch Tickets:

11.04.2024: Saarbrücken, Garage
12.04.2024: Wiesbaden, Schlachthof
14.04.2024: Bremen, Pier 2
16.04.2024: Hannover, Capitol
17.04.2024: Leipzig, Haus Auensee
18.04.2024: München, TonHalle
19.04.2024: Köln, Palladium
20.04.2024: Berlin, Columbiahalle
23.04.2024: Erlangen, E-Werk
24.04.2024: Stuttgart, Im Wizemann
25.04.2024: Bielefeld, Lokschuppen
26.04.2024: Dresden, Alter Schlachthof
27.04.2024: Hamburg, Sporthalle
18.07.2024: Marburg, Schlossparkbühne
27.07.2024: Karlsruhe, Tollhaus
29.07.2024: Graz, Kasemattenbühne
10.08.2024: Braunschweig, Applaus Garten
12.08.2024: Bayreuth, Seebühne in der Wilhelminenaue
16.08.2024: Würselen, Freilichtbühne Burg Wilhelmstein

Fotos

Kettcar

Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Kettcar,  | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta)

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11 Kommentare mit 70 Antworten

  • Vor 3 Monaten

    Lächerliche das Abfeiern der demonstrierenden Musterdemokraten. Überzeugte AFDler wird es nicht erreichen und nicht überzeugte, potentielle AfD-Wähler werden halt trotzdem erstmal als Faschos abgestempelt,mit dem man auch nicht mehr diskutieren muss. Solche Denkweise ist nicht nur dämlich, sondern auch gefährlich.
    Aber hauptsache klare Kante zeigen. Einfach schön.

    • Vor 3 Monaten

      Wer sich jetzt noch mit der Möglichkeit auseinandersetzt, der AFD, einer endgültig demaskierten faschistischen Partei, seine Stimme zu geben, ist aus meiner Sicht antidemokratisch und hart fremdenfeindlich (ob es das auch in nicht-faschistischer Ausprägung gibt, weiß ich nicht). Wenn das von den Völkischen so vielbesungene Volk gegen diese faschistische Partei und deren identitären usw. Umtriebe demonstriert, ist das überfällig. Und ab und an bekommen Leute den Stempel aufgedrückt, den sie verdienen.

    • Vor 3 Monaten

      Es geht auch viel weniger darum, Faschos zu bekehren, es geht in erster Linie darum, Solidarität mit den Bedrohten zu zeigen. Schweigen ist ein Problem.

    • Vor 3 Monaten

      @billy Du meinst dich wird es nicht erreichen, weil du auch so ein AFD Hohldreher bist? Das glaub ich sofort. EU Austritt ist auch ne super Idee damit wir, als größter Gewinner auf diesem Binnenmarkt, uns genau wie UK ins Abseits schießen. Man muss als bildungsferner Hobby-Faschist auch einfach mal verstehen, dass man nur ne dumme braune Nuss ist, die's mit dem Denken nicht so hat. Aber hey, social media sei Dank, dass man euren Scheiss jetzt überall liest. Früher sind eure BILD Leserbriefe ja immer gleich in die Tonne gewandert. Das war gut an den alten Zeiten. Nicht überzeugten potenziellen AFD Wählern ist eben auch nicht mehr zu helfen. Und jetzt lösch dich!

    • Vor 3 Monaten

      Gefährlich sind hauptsächlich die Faschos selbst. Und Faschos zu tolerieren oder gar mit ihnen zusammenzuarbeiten. Keine Toleranz den Intoleranten.

    • Vor 3 Monaten

      Wo wird denn in dem Song irgendjemand als Fascho abgestempelt? Finde es erstaunlich, dass man das da rausliest.
      Gleichermaßen erstaunlich ist der Schluss, das sei ein lächerliches Abfeiern der "Musterdemokraten". Was spricht denn dagegen, den Song und seine Message gut zu finden? Beschrieben wird an reale Ereignisse angelehnter Alltagsrassismus aus der Beobachterperspektive.

      Und zu guter Letzt: Was wäre denn die Alternative zu klarer Kante in diesem Song? "Klar wirst du von der Kioskbesitzerin aufgrund deines Aussehens als Dieb angesehen, aber sieh das doch mal differenziert, du HAST ja auch so interessante schwarze Haare?"

      WTF, mein Freund. Wenn dich das triggert, musst du deinen Wertkompass wirklich mal hinterfragen. Kann ja nicht sein, dass schon rumgeheult wird, wenn mal vollkommen ohne jede Bezugnahme zur Tätergruppe was gegen Rassismus gesagt wird. Wer sich da ertappt fühlt, nunja...

    • Vor 3 Monaten

      Hab nur bis Musterdemokraten gelesen.
      Widerlicher braun/blauer Sohn.

      Mir persönlich haben diese Demonstrationen sehr gut getan.
      Hab wirklich hart gezweifelt an der Bevölkerung.

    • Vor 3 Monaten

      solidarität mit den bedrohten? wer bedroht denn wen? sind bisher relativ wenig fälle bekannt, wo afd mitglieder oder anhänger messerschwingend durch die gegen rennen und frauen belästigen.

    • Vor 3 Monaten

      Hasselmann, wer hat hier die Position vertreten, dass jemandem, der Messer schwingend und Frauen belästigend durch die Gegend rennt, Solidarität entgegengebracht werden sollte? (Lies doch mal hier bei laut.de zB im Kontext Lindemann nach, was so von Frauenbelästigern gehalten wird; und die Meinung wäre bei 99% der Kommentatoren dieselbe, wenn T. nicht T., sondern Luca, Murat, John, Hassan, Bjarte, Kim oder sonstwie heißen würde).

    • Vor 3 Monaten

      Hört ihr euch die Songs vorm Kommentieren eigentlich an oder ratet ihr einfach, was da so in etwa gesungen werden könnte? Die AfD kommt da nämlich gar nicht vor. Sehr wohl aber der NSU...

    • Vor 3 Monaten

      "Hört ihr euch die Songs vorm Kommentieren eigentlich an oder ratet ihr einfach, was da so in etwa gesungen werden könnte?"

      Viele Menschen lesen vor dem Kommentieren heutzutage allenfalls noch die Überschrift eines Artikels. Da zu verlangen, dass man einen Song aufmerksam hört, der länger als ein 30sek. TikTok-Video ist, ist da schon ein bisschen viel verlangt.

  • Vor 3 Monaten

    3x YO! Als der Wiebusch noch MC bei ...but alvin war, hatte der für damalige Verhältnisse freshe Rapparts am Stizzat. Es war eine bessere Zeit. Rap war noch unschuldig, und politische Lyrics hatten mehr Durchschlagskraft als heute. Heute wird nur noch über Autos, Schmuck und Frauen ohne Ehre gerappt. In den 90ern war es den Rappern einfach mega wichtig, auch mal klare Kante zu zeigen.

  • Vor 3 Monaten

    https://www.laut.de/bilder/__100,100/vorla…

    wie ich die 1488 nachricht über nazis und afd inkl kommentare lese