Kon-se-quen-zen
Aber gut, wir alle haben an diesem Punkt wohl davon gehört. Wir sind uns überdies hoffentlich auch alle einig, dass Fler trotz aller Fler-Toleranz hier ein paar Dutzend Grenzen überschritten hat, die man nicht einfach so ignorieren kann. Besonders, wenn man darüber nachdenkt, dass eine der bedrohten Frauen Teil des feministischen Projekts Terre des Femmes ist, die just eine neue Kampagne gegen Sexismus, unter anderem im Deutschrap gestartet haben. Von der Gruppe kann man erstmal halten, was man will. Aber ich hoffe, es ist nicht kontrovers zu sagen, dass das Anliegen von #unhatewomen mehr als berechtigt und es kein guter Look ist, dass der erstbeste Deutschrap-Fleischkopf erst einmal alle Klischeevorstellungen bedient, die Außenstehende seit den Pocher-Tagen jemals über Deutschrap hatten. Also schaltet sich an diesem Punkt die Deutschrap-Presse ein und singt ein altes Lied:
Nehmen wir exemplarisch den Artikel von rap.de, der aus Skinnys Feder stammt und sich erst einmal gut und schön liest. D'accord mit allem, das da drinsteht, und Amen an alle Forderungen und alle Aufrufe, kritischer und konsequenter zu sein. Nur: Irgendwie kommt mir das alles bekannt vor. Es erinnert mich vor allem an diese elendige Stuhlkreis-Runde in einem Schuhladen von vor ein paar Jahren, wo sich die Rap-Presse-Prominenz gegenseitig schwülstige Gelübde vorgebetet hat, wie viel kritischer und woker jetzt alles wird. Erinnert mich dann auch an den selben Artikel, den daraufhin im Jahrestakt irgendein Magazin aufgekocht hat.
So leid es mir tut: Mit der Hand auf den Tisch schlagen, "Jetzt reicht es aber!" zu blöken und Rapper zu boykottieren oder zu problematisieren hat im letzten halben Jahrzehnt genau gar nichts besser gemacht. Das Abgefahrene an diesem Artikel ist ja, dass Skinny trotz allem Pathos am Ende mit einem Eingeständnis der Hilflosigkeit abschließt. Fler bei rap.de zu boykottieren wird den gesellschaftlichen Sexismus so sehr tangieren wie ein Veggie-Day in einer Kantine in Berlin-Mitte McDonalds zum Einsturz bringen wird: nicht.
Aber es ist an sich ja trotzdem wichtig und gut, dass diese Artikel entstehen und dass über das Thema gesprochen wird. Man möchte sich eher fragen, was denn passieren müsse, damit wirklich einmal diese "Konsequenzen" Form annehmen. Vielleicht wäre es ja schön, medialen Druck auf die Universal Music Group auszuüben, die weiterhin bereitwillig Geld mit Flers Label Maskulin verdient. Unter dem vagen Schirm der Kunstfreiheit wurden nun ja schon einige Grenzen des guten Geschmacks und des gesunden Menschenverstands ignoriert, aber vielleicht wäre der Punkt, einmal nachzudenken, ja wenigstens dann erreicht, wenn der eigene Schützling Kopfgelder auf Frauen ausschreibt, Leute ins Krankenhaus schlägt und sich dann auf Social Media und in der eigenen Musik dafür abfeiert.
2 Kommentare mit einer Antwort
problem ist halt, dass das thema ein minimum an einfühlungsvermögen abverlangt, das anscheinend viele leute innerhalb und außerhalb von rap nicht mitbringen. die checken einfach nicht, dass "feminismus" oder einfach gleichberechtigung eben nicht nur darin besteht, dass ich keine frauen schlage (siehe flers letzte insta posts) und mir dann auf die schulter klopfen kann. genauso wie kollegah wahrscheinlich wirklich nciht checkt, warum ihm teilweise antisemitismus vorgehalten wird, obwohl er doch gar keine juden vergasen will. ich glaube fler und den ganzen leuten sogar, dass sie das nicht "böswillig" machen. das ist halt einfach deren weltbild. macht das ganze leider eher schlimmer, weil bei null problemverständnis wohl auch niemals eine verhaltenbsänderung eintreten wird.
Das ist aber auch nicht die Aufgabe seelisch gestörte, ü-30 Rap-Großverdiener zu ändern. Die dürfen so sein, solange Sie keinen realen Menschen direkt in seiner, ihrer, inter* freiheit eingrenzen. Es ist eher wichtig unseren Kindern, Nachbarn und Mitmenschen zu helfen alle Menschen mit Anstand und Respekt zu behandeln. Dabei kann man meiner Meinung nach auch aushalten das man in Filmen, Serien und Musikstücken unflätige ausdrücke hört oder üble taten ansieht und diese aber eben nicht in der Realität kopiert.
Ich finde Deutschrap zu 95% absolut lächerlich bis langweilig. Aber gegen Frauen geht es im Deutschrap schon freundlicher zu als gegen die meisten anderen Gruppen. Gerade "Gangsterrap" ist unverschämt, platt, blöde, stumpf.
Ist schon arg mimosenhaft und philisterhaft, zu sagen: "Mimimi, Rapper sind so gemein zu meiner Peer Group!"
Zumal ich überzeugt bin, daß die Peer Group "Frauen" im Großen und Ganzen klug genug ist, um die meisten Textzeilen als lächerliche Übertreibungen zu verstehen.
Wie war es damals eigentlich noch, als in den 50ern Dorfpfarrer und ihre Anhänger behaupteten, Rock 'n' Roll würde die Jugend verderben? Jede Zeile wurde von jeder Ironie befreit und kräftig mißverstanden. So ähnlich wie heute, ne?