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Fehler werden gemacht

Spätestens da habe ich mich dann in den Kaninchenbau gestürzt und beschlossen, mir einmal anzusehen, was das JBB in den letzten Jahren so gemacht hat. Tatsache: Es gab immer noch ... so etwas in der Art. Juliens Octa-Battle hieß das Turnier und ging vor etwa acht Monaten zu Ende.

Hier treten das Duo (?) MuA gegen H3L Kamikaze an. Es ist nicht ... gut, aber es ist for sure something:

Das Interessante an diesen Finalrunden ist, dass beide damit aufhören, dass die Teilnehmer sich ergebenst in einem schleimenden letzten Part an Julien wenden und ihn bitten, wieder mehr Fick auf das Turnier zu geben. Versteht mich nicht falsch, das scheinen alles wirklich überaus liebe Jungs zu sein, die nur das Beste wollen und auch eigentlich ganz sympathisch erscheinen, aber es zeichnet schon ein hochgradig absurdes Bild. Da ist also dieser Freundeskreis von Leuten, die aussehen wie der überlebende Rest der BWL-Ersti-Kneipentour Delmenhorst, alle schreien sie erst fünf Minuten lang psychotisch herum und sind dann so "bitte, julien, sei nicht gemein, es geht doch nur um den Spaß, uwu".

Ja, der Sound ist auch ... speziell. JuliensBlog persönlich macht eine Viertelstunde Finale-Analyse, in der er die Teilnehmenden eigentlich nur aufs übelste beleidigt und sich darüber mokiert, dass sich ohne viel Preisgeld keiner Mühe gibt. Ich glaube, die Diagnose stimmt nicht ganz. Es ist eigentlich viel absurder. JuliensBlog scheint mit den Jahren immer mehr in Richtung klassisch-migrantischem hartem Straßenrap gegangen zu sein. Er wirkt auch viel weniger wie der eloquente Internet-Nerd mit Rap-Bezug von damals, mehr wie ein uncharismatisches PA Sports-Video-Extra.

Wahrscheinlich hätte er ganz gern ein Turnier, das diese Art von Musik reflektiert. Aber weil er eben JuliensBlog ist und seine Bubble sich wie ein Biotop auf einer weit von jeder Zivilsation entfernten Insel entwickelt hat, rücken nur Leute nach, die inzwischen, zehn Jahre nach dem ersten JBB, selbst mit dieser Musik groß geworden sind. Auch im VBT hast du 2018 doll gemerkt, dass ein großer Teil der Teilnehmer keine andere Rap-Sozialisierung mehr in einen Battle-Kontext bringt (was übrigens 80 Prozent der Gründe dafür liefert, warum die Begegnungen interessant sein können, wenn zum Beispiel jemand auf Electro-Beats gegen einen totalen Oldschooler antritt). Stattdessen waren alle Teilnehmer selbst VBT-Kiddies und das VBT war teils ihre komplette Rap-Sozialisierung.

Hier im Octa-Battle kommt mir das noch krasser so vor. Kamikaze sagt ja selbst: Das JBB sei ein Riesen-Ding für ihn, er sei damit aufgewachsen, jetzt freue er sich, selbst ebenfalls seine zehn Minuten dort zu haben. Auch wenn ich ästhetisch nicht ganz darauf klar komme, sympathisiere ich damit. Aber man muss doch recht klar sagen: Das sind halt irgendwelche Kids, die wahrscheinlich seit 2010 nur JBB, Metal und allerhöchstens ab und zu Alligatoah oder Mehnersmoos gehört haben. Das hat keinen musikalischen Horizont, die Finalrunden folgen nur der letzten logischen Konsequenz von JBB-Logik: je mehr, desto mehr.

Die Beobachtung, dass das alles immer stärker "zur toxischen Bubble" werde, teile ich nicht. Das letzte Mal, als ich wirklich geguckt habe, hat gerade ein als Spongebob verkleideter Sun Diego in einem vierzigminütigen Chor-Dünnschiss Gio mit gefälschten Screenshots vorgeworfen, ein Nazi zu sein. Das passiert zum Glück nicht mehr, aber toxischer kann es kaum werden.

Wir haben nerdige Internet-Kids, die sich gegenseitig einfach nur so laut wie möglich anschreien, auf einem so laut wie möglich gemischten Instrumental, und dabei versuchen, nach dem "Mehr ist mehr"-Prinzip irgendwie Epik aufzubauen. Es ist ganz grotesk, was dabei herauskommt. Ich glaube, ich habe selbst bei den Death Grips oder im HexD noch nicht so komplett vor Übersteuerung zerschossene Mixe gehört.

Ich schließe damit die Zeitkapsel wieder und hoffe, die Jungs haben noch eine gute Zeit. Vielleicht ist in weiteren zehn Jahren ja dann irgendwie aus Versehen ein experimentelles Mikrogenre daraus entstanden. JBB-Drone. Das wäre doch was.

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Doubletime Ufos USA-Komplex

Ami-Features dutzendweise. Raps Schattendasein bei den Grammys. Chris Brown disst Robert Glasper. Ice Spice kollaboriert mit PinkPantheress.

4 Kommentare

  • Vor einem Jahr

    Die Zeitlinie in der Juliensohn eloquent wirkte ist definituv nicht meine Zeitlinie.

  • Vor einem Jahr

    Das Problem war, dass Julien halt keine Innovation zuliess am Ende. Es war jedes Mal derselbe Scheiß-Song mit Chorbeat, den er überhaupt als Battlerap hat gelten lassen und irgendwann haben halt alle Teilnehmer genau das getan, um seinen Wünschen zu entsprechen. Da war das VBT noch demokratischer und man hatte mehr Chance, mit einem anderen Stil weiterzukommen, solange das Bild stimmig war.

    Dazu kamen noch zig andere Fehler:
    - Das eigentlich gute System, bei Unentschieden Rückrunden zu machen, wurde fallen gelassen. Stattdessen hat der Uservote direkt entschieden.
    - Rückrunden fanden wenn nur in den Finalrunden statt und irgendwann musste man nicht mehr auf denselben Beat vom Gegner rappen.
    - Wenn Spongebozz eine 40-minütige Runde mit abertausenden Filler-Zeilen bringt, ist das episch. Wenn Gio das ein Jahr später mit 20 Minuten macht, wird das direkt danach verboten, weil zu lang
    -2018 kamen Hall of Shame-Witzfiguren mit in den Turnier-Baum um den Mangel an Style-Diversität wieder auszugleichen
    - Wenn man bei den Analysen genau drauf achtet, nutzt Julien den Begriff des Zweckreims oft sehr selektiv und inkohärent und lässt bei seinen Lieblingen mehr durchgehen, während er bei anderen ziemlich stark danach sucht.

    Das allgemeine Problem bei Videobattlerap war halt auch irgendwann, dass talentierter Nachwuchs nicht mehr da war bzw. ein Austausch und gute Matches nicht mehr stattfinden konnten. Duzoe hatte in seiner Halbfinal-Runde damals schon recht: Ich will nicht behaupten, dass ME-L Techrap, Peat, MC Baum, Brian Diamond usw. schlechte Rapper sind, aber sie waren halt keine Marken und Hype-Erzeuger wie Weekend, BattleBoi Basti, 3Plusss, Persteasy, 4tune, Scotch, donetasy, Lance Butters, coru usw. Die waren ja alle spätestens ab 2013 weg und dann rückten halt Leute vor, die gegen eben genannte halt nie ein Schnitte gehabt hätten und im Endeffekt nur so weit kamen, weil die talentierteren Menschen keinen Bock hatten, jede Woche ein Video zu shooten. Klicks haben die ja nie generieren können, waren sie auch größtenteils zu langweilig und unmusikalisch für, no front.

  • Vor einem Jahr

    "BWL-Ersti-Kneipentour Delmenhorst"?
    Was soll das heißen? Keiner fährt nach Delmenhorst, wenn er nicht muss.

  • Vor einem Jahr

    Yannik gräbt rumhampelde Idioten in einem weiteren langweiligen "Rap-battle" Format aus. (Diese hektischen Handbewegungen haben doch stark was von Gebärdensprache in ADHS) Und schreibt dazu zwanzig Seiten.

    Bezeichnend...wenn man mit 13 mit sowas auf YouTube sozialisiert wird, da kann nicht viel Gutes raus kommen.

    Teile der HipHop Welt sind sehr verkommen.