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Boykottiert Loredana?

Sehr lange Rede, kurzer Sinn: Ich glaube, dass Loredana sowieso schon ein musikalisches Hassobjekt ist, weswegen sie die jetzigen Vorwürfe doppelt so bissig um die Ohren gehauen bekommt. Die aktuelle Empörung über sie wäre an sich nicht unberechtigt. Aber so ganz will mich das Gefühl nicht loslassen, dass Antipathie und, low-key, auch Sexismus größere Triebfedern für die Boykott-Kampagne sind als moralische Wut und Suche nach Gerechtigkeit. Also. Folgende Situation:

Ich beziehe hier also vorsichtig die selbe Stellung wie hiphop.de. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass Loredana in der Sache schuldig ist. Das lässt sich mit einem Urteils-Spruch besser besprechen. Sollte sie sich als schuldig erweisen, verdient sie alle Verachtung der Welt. Aber: Ich bin genauso wenig begeistert von diesem Bluthund-Mob, der sich gerade bildet, wenn sich einmal die Gelegenheit bietet, so richtig moralisch borniert auf eine Frau draufzuhauen, die man persönlich für zu erfolgreich hält. Das passierte gefühlt mit jeder Rapperin, die je die Charts betreten hat. Ich empfehle den Artikel jedem, der Loredana maximal unsympathisch findet, denn er arbeitet die Perspektiven und Nuancen der Situation gekonnt heraus. Ähnlich verhält sich die Backspin dazu:

Die antworten ebenfalls auf "Ist Loredana jetzt abgesetzt?" mit einem zaghaften "Ja, aber...". Vielleicht momentan die beste Haltung. Das alles ist der Grund, warum ich das Thema unbedingt über den Song aufdröseln wollte: Ich finde, da zeigt sich ziemlich offenkundig, dass jemand wie Loredana selbst für Belanglosigkeiten wie eine Pop-Hook gleich doppelt und dreifach zähnefletschend angegangen wird. Da ist es einfacher, einen Vergleich zu ziehen, was verhältnismäßig ist.

Bei der kriminellen Situation ist das viel schwieriger. Ich will niemanden verteidigen oder auch nur eine Plattform für jemanden bieten, der Omas um ihr Vermögen bringt. Aber gleichzeitig ist Hip Hop voll mit Leuten, die Frauen schlagen, Morde begangen und weiß der Teufel was auf dem Kerbholz haben. Ich verstehe alle Seiten der Diskussion ein bisschen und erlaube es mir, kein abschließendes Fazit zu ziehen und noch ein wenig darüber zu schlafen. Am Ende des Tages bin ich eben auch nur eine Deutschrap-Plapperbude und nicht irgendein Moralphilosoph.

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