Weggefährten und überfahrene Tiere - ein Fotobuch über das Leben des exzentrischen Finnen.

Helsinki (fma) - Finnland ist reich an Musikern und auch schrägen Vögeln. In diesem Land als exzentrischer Musiker durchzustechen, ist durchaus eine Errungenschaft, die sich Jimi Tenor ans Revers heften kann. Geboren als Lassi O.T. Lehto, was der deutlich coolere Künstlername gewesen wäre als jener Mix aus Jimmy Osborne und Tenor-Sax, wurde Tenor in den 90ern zur festen Größe des nordeuropäischen Elektro-Jazz. Mit seinen bei Warp Records erschienenen Alben bewegte er sich zielsicher am absoluten Rande des Mainstreams, mit MTV-Airtime um 3 Uhr morgens - aber eben auch nicht völlig im Obskuren.

Dass er bei dem renommierten Label landete, lag am kaum nachvollziehbar rekonstruierbaren Hype - ohne Internet, Freunde! -, den die Veröffentlichung seiner Synthesizer-Frickeleien 1994 bei einem finnischen Label lostrat. Die Fachwelt war sich einig: Hier ist jemand seiner Zeit voraus ist, er würde die weitere Entwicklung der elektronischen Musik prägen. Die Alben von damals sind gleichwohl Kinder ihrer Zeit und objektiv eher schlecht gealtert. Tenor bringt seit dieser ersten Veröffentlichung allerdings durchgehend Musik an den Mann, die sich irgendwo zwischen IDM, Jazz, Easy Listening und Pop verortet. Zuletzt erschien 2022 "Multiversum", das sich wie jedes andere Release von Jimi Tenor anhört wie Jimi Tenor und wie sonst nichts - was man durchaus als Kompliment begreifen kann.

Fotobuch statt prosaischer Batzen

Im selben Jahr erschien Ende Mai nun auch sein englischsprachiges Buch "Omniverse: Sounds, Sights And Stories", in dem der Musiker von seinem Leben erzählt. Allerdings nicht, wie sonst üblich, in Form eines einzigen prosaischen Batzens. "Omniverse" ist primär ein Fotobuch, Tenor erläutert wahlweise die Fotos oder erzählt von Begebenheiten, die er aus der jeweiligen Epoche erwähnenswert findet. Das hört sich erst mal wenig verlockend an, schließlich handelt es sich bei Lassi O.T. Lehto bei aller Wertschätzung in der elektronischen Musik um einen Künstler, der vielen kaum im Detail bekannt sein dürfte. Er bedürfte also einer Einordnung, die er selbst kaum leisten kann, zumal der Finne daran auch kein Interesse zeigt. Das Buch wirkt so, als habe er es vor allen Dingen für sich selbst geschrieben, um angenehme Erinnerungen festzuhalten.

Dazu passt, dass Tenor lang und breit musikalische Weggefährten ehrt, darunter auch solche wie Tony Allen, mit denen er nur kurz oder ohne greifbares Ergebnis kooperierte. Dass dieses Konzept nicht langweilt, dafür sind weniger die Bilder verantwortlich, als vielmehr Tenors ausgesprochen angenehmer, direkter Schreibstil, der zu keiner Sekunde vor scharfen Urteilen zurückschreckt, aber auch spürbar große Empathie und Begeisterung für seine Mitmenschen und auch Instrumente zeigt. Auf den Seiten 182 und 185 präsentiert Tenor dann auch überfahrene Tiere. Er bleibt eben doch der besagte schräge Vogel. "Omniverse: Sounds, Sights And Stories" liefert unterhaltsam Einblicke in das Leben eines nie besonders erfolgreichen, aber immer präsenten Musikers.

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Jimi Tenor - "Omniverse: Sounds, Sights And Stories"*

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