26. September 2017

"Wir treten nicht als Duo auf"

Interview geführt von

Fünf Jahre nach "Battle Born" kehren The Killers mit ihrem neuen Studioalbum "Wonderful Wonderful" endlich ins Rampenlicht zurück.

Große Gesten, viel Bombast und eine funkelnde Oversize-Discokugel: The Killers tischen auf ihrem fünften Studioalbum "Wonderful Wonderful" dick auf. Zur Veröffentlichung trafen wir Schlagzeuger Ronnie Vannucci und plauderten über Muscheln in der Wüste, musikalische Mitbringsel aus der Vergangenheit und den Live-Abschied von Mark Stoermer und Dave Keuning.

Ronnie, auf dem Cover eures neuen Albums streckt eine Hand eine Muschel in den Wüstenhimmel. Was hat es damit auf sich?

Ronnie Vannucci: Mit dem Cover haben wir uns erst am Ende des Produktionsprozesses beschäftigt. Wir wollten abwarten, in welche Richtung sich die Musik und die Texte entwickeln. Als das Gesamtbild fertig war, haben wir uns mit Anton Corbijn zusammengesetzt, den wir alle sehr als Regisseur und Fotograf schätzen. In vielen neuen Songs geht es um Hoffnung. Wir sind dann mit Anton in die Wüste gefahren und haben einige Sachen ausprobiert. Er hatte einige Muscheln im Gepäck, die er gerne mit in die Arbeit einbinden wollte. Wir haben die Muscheln dann einfach in den Sand gelegt, oder sie auf markanten Felsen platziert. Irgendwann kam Anton auf die Idee, eine der Muscheln einfach in die Hand zu nehmen. Ich finde, das Ergebnis spricht für sich. Wir waren alle sofort begeistert.

Du hast gerade von Hoffnung gesprochen. Brandon nannte die Platte kürzlich in einem Interview das persönlichste und ehrlichste The Killers-Album. Gehst du da mit?

Ich denke, dass jedes Album eine tiefe, persönliche Note hat. Wenn man sich nicht gerade einem künstlerischen Konzept unterwirft, geht es immer um eigene Gefühle und Gedanken. Wir haben in den letzten Jahren viel erlebt. Ich meine, das letzte Album hat jetzt schon vier Jahre auf dem Buckel. Da sammelt sich einiges an. Brandon hat natürlich eine besondere Rolle inne, da er die Texte schreibt. Und er ist diesmal schon ziemlich aus sich rausgegangen. Es sind einige sehr persönliche Passagen auf dem Album. Brandons Frau und ihr Leben spielen dabei eine große Rolle. Das geht alles schon sehr tief.

Wie tief?

Über Details möchte ich nicht sprechen. Das sind Fragen, die nur Brandon beantworten kann.

Verstehe. Dann lass uns über die Musik reden. Was ist soundtechnisch besonders "wonderful" an "Wonderful Wonderful"?

Alles! (lacht)

Dein Ernst? Würdest du "Wonderful Wonderful" als das perfekte The Killers-Album beschreiben?

Ich bin happy mit dem Ergebnis. Wir alle. Ob es das perfekte The Killers-Album geworden ist? Keine Ahnung. Ein Album markiert immer eine besondere Phase im Leben eines Künstlers. Fakt ist: Wenn wir uns in zwanzig Jahren über dieses Album unterhalten, werden wir sagen, dass wir 2017 genau so klingen wollten. Wenn man nicht gerade am Debütalbum arbeitet, geht es immer um Songs, die in einem abgesteckten Zeitraum entstanden sind. Da greift dann ein Rädchen ins andere. Alles ist irgendwie miteinander verbunden. Wenn man dann vier Jahre später an neuen Songs arbeitet, beschäftigt man sich wieder mit anderem Input und anderen Erfahrungen, die man gemacht hat. Jedes Album ist ein neues Kapitel.

"Bei 'Battle Born' lief nicht alles rund"

Man scheint aber hin und wieder auch Ausnahmen zu machen, oder? Stichwort: "Run For Cover".

Ja, manchmal kramt man auch ein bisschen rum. "Run For Cover" ist ein Song, den wir, glaube ich, schon vor zehn Jahren auf dem Schirm hatten. Wir haben ihn aber nie richtig fertiggestellt. Diesmal war es endlich soweit.

Brandons Bruder Shane soll diesbezüglich eine wichtige Rolle gespielt haben. Stimmt das?

Ja, in der Tat. Shane lag uns in den vergangenen Jahren immer wieder in den Ohren. Er meinte, wir sollten den Song endlich mal in Form gießen und veröffentlichen. Wir sind ihm für seine Hartnäckigkeit wirklich dankbar. Der Song ist großartig geworden, er ist sogar einer meiner Lieblingstracks auf dem Album.

Mich hat ja "The Man" sofort gepackt. Da steckt viel Funk drin.

Ja, wir haben diesmal viel ausprobiert. Normalerweise prahlt eine Band immer damit, wenn ein Album komplett live aufgenommen wurde. Wir haben das in der Vergangenheit auch so gehalten. Diesmal sind wir allerdings neue Wege gegangen. Wir haben vermehrt in Gruppen gearbeitet. Manchmal war auch nur einer von uns im Studio. Ich denke, dass uns diese Arbeitsweise viele Türen geöffnet hat. Niemand von uns hatte Zeitdruck.

Die Arbeit am letzten Studioalbum soll ja nicht so reibungslos verlaufen sein.

"Battle Born" entstand damals in einer ganz anderen Welt. Wir waren irgendwie auf der Suche nach einer besonderen Note für das Album, aber wir haben keine Richtung gefunden. Dann hatten wir auch noch fünf Produzenten, die allesamt verschiedene Ansätze mitgebracht haben. Bei "Battle Born" lief nicht alles rund. Aber manchmal ist es halt so.

"Niemand muss sich Sorgen machen"

Diesmal habt ihr nur mit einem Produzenten gearbeitet.

Ja, wir haben uns ganz bewusst für ein kleineres Umfeld entschieden. Wir hätten den Karren damit natürlich auch gegen die Wand fahren können. Aber wir wollten kein zweites "Battle Born". Und wir dachten, dass die Arbeit mit nur einem Hauptproduzenten der Schritt in die richtige Richtung sei. Und so war es dann glücklicherweise auch.

Wie würdest du Jacknife Lee als Produzenten und Menschen beschreiben?

Er ist ein unglaublich inspirierender Mensch, der dich unentwegt antreibt und nie locker lässt. Wir haben ja schon mit vielen Produzenten gearbeitet. Und natürlich hat jeder seinen eigenen Stil. Aber Jacknife Lee sticht noch einmal besonders heraus. Ich kann mich an Situationen im Studio erinnern, da saß er stundenlang auf dem Sofa rum und beobachtete seine auf dem Boden ausgebreitete Pedals-Sammlung. Da lagen phasenweise fünfzig Stück rum. Irgendwann sprang er dann auf, aktivierte drei der fünfzig Pedals und grinste mich zufrieden an. Zack, da war er dann: Der Sound, den er suchte.

Keine Ahnung, der Typ ist einfach unglaublich. Er lässt sich viel Zeit, kommt aber immer wieder unheimlich schnell auf den Punkt. Wenn man sich als Band auf ihn einlässt, driftet man irgendwann in eine neue Welt ab. Das war faszinierend. Zudem weiß er genau, wie man ein Rock'n'Roll-Album angeht. Und ich rede jetzt nicht vom Aufdrehen verzerrter Gitarren. Als Rock-Band muss man dieser Tage mehr auffahren als vor zwanzig Jahren. Jacknife Lee weiß das. Er kennt das Business in- und auswendig. Seine Anwesenheit und seine Art zu arbeiten hat uns als Band auf ein neues Level gehievt.

Demnach auch ein Mann für die Zukunft?

Wir werden sehen. Ich weiß nicht, wie wir in zwei oder drei Jahren klingen wollen. Das wird sich zeigen. Aber sollten wir ähnlich klingen wollen wie jetzt, würde Jacknife Lee ganz oben auf der Liste stehen.

Während ihr ein neues "Mitglied" aufgenommen habt, haben sich zwei Altgediente verabschiedet – zumindest was den Live-Bereich angeht. Mark Stoermer und Dave Keuning werden dich und Brandon nicht mit auf Tour begleiten. Müssen sich eure Fans Sorgen machen?

Nein, müssen sie nicht. Natürlich ist es schade, dass die beiden nicht dabei sein werden. Aber das hat keine Auswirkungen auf das Fundament der Band. Wir sind immer noch als Band zusammen. Mark und Dave waren auch mit im Studio. Sie brauchen lediglich eine Tour-Pause. Wir sind jetzt alle schon ziemlich lange in diesem Business tätig und jeder führt neben der Band sein eigenes Leben. Mittlerweile sind Kinder und Familien mit involviert.

Da ist es ganz normal, dass man sich über mehr Gedanken macht, als nur über die Dinge, die die Band beschäftigen. Dave möchte einfach mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. Und Mark möchte nochmal die College-Bank drücken. Unsere Fans werden aber trotzdem eine volle Live-Show von uns serviert bekommen. Wir werden jetzt nicht als Duo auftreten. Wir haben großartige Live-Musiker für die Tour beisammen. Am Sound wird sich nichts ändern.

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