Porträt

laut.de-Biographie

Strapping Young Lad

Wer nichts ahnend durch Vancouver in British Columbia, Kanada schlendert und einen Kerl sieht, der frisurtechnisch latente Ähnlichkeit mit einem schlecht rasierten Pudel oder einem jungen Einstein auf Speed aufweist, figurtechnisch aber an Skeletor erinnert, könnte gerade Devin Townsend begegnet sein. Auch wenn eine persönliche Begegnung sicher großen Eindruck hinterlässt, wer das schmächtige Kerlchen mal auf CD gehört hat, vergisst ihn ebenfalls nicht mehr. Dieser Mann ist städnig auf Medikamenten, und zwar solchen, die sein Adrenalin daran hindern, aus den Ohren zu sprudeln. Dieser Mann steht unter Strom. Wer über sich selbst sagt: "Leute, die meine Musik nicht mögen, sind entweder blöd oder tot. Für beide hab ich keine Zeit!", hat entweder ein übergroßes Ego oder ein enormes Talent. Ersteres mag sein, letzteres ist garantiert.

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Zum ersten Mal tritt der Weirdo auf der "Sex And Religion"-Scheibe von Gitarrenwizard Steve Vai in Erscheinung, danach bastelt er mit Front Line Assembly und einigen anderen herum. Dort stellt er schon mehr als eindrucksvoll unter Beweis, dass seine Stimme von genial über gefühlvoll bis hin zu ganz schön sick alles zu bieten hat. 1995 kommt über Century Media schließlich "Heavy As A Really Heavy Thing" seiner eigenen Band Strapping Young Lad heraus, auf der er nicht nur singt, sondern auch anständig die Klampfe kreisen lässt. Die Scheibe ist seit Voivod das wohl brachialste und abgefahrenste, was aus Kanada zu hören war. Mitverantwortlich für den akustischen Bulldozer sind Ex-Front Line Assembly-Klampfer Jed Simon, Adrian White (Drums) und Byron Stroud (Bass).

Für das Nachfolgealbum "City" verpflichtet Devin als Ersatz für Arian Gene Hoglan, das ultimative Drum-Tier, das schon bei Dark Angel, Death, Testament und so manch anderer Band nur noch Schutt und Asche hinterlassen hat, wo zuvor ein Schlagzeug stand. Auf dem Rundling treten sie das Gaspedal also kräftig durch, was der Variabilität und Flexibilität der CD keinen Abbruch tut. Vor allem in Sachen Gesang zeigt Devin einmal mehr, dass er zu den ganz Großen ghört.

Allein das Cop Shoot Cop-Cover "Room 429" fällt etwas aus dem Rahmen. Mit der Scheibe im Rücken gehen die Jungs auf ausgedehnte Tour durch die USA (mit Stuck Mojo und Testament), Europa (mit Crowbar, Entombed und Obituary) und schließlich auch Australien, wo sie in Melbourne einige Songs für die Live Scheibe "No Sleep 'Til Bedtime" aufnehmen, die auch drei unveröffentlichte Tracks enthält, aber erst '98 veröffentlicht wird. Bis dahin gehört inzwischen auch Keyboarder Matteo Caratozzolo zum Line-Up. Außerdem hat Devin damit begonnen auch andere Scheiben, abseits von Strapping Young Lad zu veröffentlichen.

Als Punky Brüster treten beispielsweise drei Knalltüten mit den Pseudonymen Dr.Skinny (Devin), Squid Vicious (JR Harder) und Dances With Chickens (Adrian White) vors Publikum, die an Kuriosität den Vogel abschießen. Warum "Physicist" 2000 nicht unter dem SYL-Banner erscheint, bleibt rätselhaft, bietet es doch typischen SYL Sound und wird auch von denselben Jungs eingeholzt. Tourmäßig wartet man in Deutschland schon länger auf die Kanadier, aber man sollte die Hoffnung nie aufgeben. Jed und Byron sind derweil bei den druchgeknallten Zimmer's Hole unterwegs.

Zwischenzeitlich betätigt sich Devin auch als Produzent (u.a. für Soilwork oder Lamb Of God) und bastelt insgeheim an der nächsten Vollbedienung, die endlich wieder unter dem Strapping Young Lad Banner segeln darf. "SYL" ist das volle Brett in punkto Brachialität und verwundert nur mit seiner kurze Spielzeit. Waren seine eher ruhigen Eskapaden doch recht ausschweifend, so holzt sich der Kanadier hier in knappen vierzig Minuten durch den kompletten nordamerikanischen Forstbestand und sägt dabei so manchem Eichhörnchen den Ast unterm Arsch weg.

Doch anscheinend hat es Devin inzwischen fertig gebracht, seine übersprudelnden Emotionen unter Kontrolle zu bringen und dem Leben auch positive Seiten abzugewinnen. Beinahe zeitgleich mit "SYL" erscheint "Accelerated Evolution" unter dem Banner der Devin Townsend Band, zu der neben Devin auch Scotty McCargar (Drums), Brian Waddel (Gitarre) und die Brüder Mike (Bass) und Dave Young (Keyboards) gehören. "Accelerated Evolution" strahlt eine Wärme und positive Energie aus, die man von dem Kanadier bis dato nicht gewohnt ist.

Um beide Alben auch dem Publikum näher zu bringen, geht er im Frühjahr mit der Devin Townsend Band, Strapping Young Lad und den durchgeknallten Weirdos von Zimmer's Hole, bei denen auch Jed und Byron zocken, auf Europa-Tour. Als Keyboarder ist inzwischen Will Campagne dabei. Zuvor führen bereits diverse Tourneen durch Nordamerika mit Acts wie Nile, Meshuggah oder Superjoint Ritual.

Byron bekommt 2003 das Angebot von den wiedervereinigten Fear Factory-Jungs, den vakanten Bassposten zu besetzen, was er dankend annimmt und somit auf "Archetype" hören ist. Strapping Young Lad kommen dabei aber nicht zu kurz, denn 2004 erscheint die DVD "For Those Aboot To Rock" und zeigt dieses unglaubliche Erlebnis in Bild und Ton.

Ohne lange rumzueiern, steht Ende März 2005 schon der nächste Strapping Young Lad-Player in den Regalen. "Alien" ist unter Beteiligung sämtlicher Mitglieder entstanden, wirkt dadurch aber etwas zerfahrener als die bisherigen Veröffentlichungen. Dennoch pendelt die Scheibe wieder zwischen den üblichen Polen Genie und Wahnsinn. Während sie in den USA mit The Agony Scene, Misery Signals und Reflux unterwegs sind, lasen sie im Juni mit Heaven Shall Burn bei ihren Gigs in Deutschland so manchen Unterkiefer auf dem Boden aufschlagen.

Zurück in den Staaten starten sie die 'Sounds Of The Underground'-Tour mit einem Mammut-Package bestehend aus Opeth, Chimaira, DevilDriver, GWAR, All That Remains und unzähligen anderen Bands. Bei den letzten Gigs hilft DevilDriver-Basser Jon Miller aus, da Byron schon seit geraumer Zeit für eine Tour mit Fear Facotry zugesagt hat. Im Oktober sind sie schon wieder unterwegs und begleiten Fear Factory, Darkane und It Dies Today, ehe es mit Meshuggah, Arch Enemy und Throwdown duch Großbritannien geht.

Wo Devin zwischendrin noch die Zeit hernimmt, ein neues Album zu schreiben und aufzunehmen, bleibt wohl sein Geheimnis. Jedenfalls erscheint Mitte Juli 2006 "The New Black" und rasiert einem wieder den Arsch. Allerdings haben die Kanadier ein paar Gäste auf der Scheibe. So hilft nicht nur Bif Naked bei einem Song aus, sondern auch Oderus Urungus von GWAR und Cam Kroetsch von The Almighty Punchdrunk. Kaum ist die Scheibe auf dem Markt, steht auch schon die Ozzfest-Tour auf dem Plan.

Im Mai 2007 findet der Wahnsinn aber sein vorläufiges Ende, denn mit der Geburt seinen Sohnes Reyner Liam Johnstan Townsend will sich Devin aus dem Tourleben verabschieden und trägt gleichzeitig auch Strapping Young Lad und seine Soloband zu Grabe. Für SYL fehlen dem Mann inzwischen einfach die notwendigen Aggressionen.

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Alben

Strapping Young Lad - Alien: Album-Cover
  • Leserwertung: Punkt
  • Redaktionswertung: 4 Punkte

2005 Alien

Kritik von Michael Edele

Genialer Wahnsinn mit dem durchgeknallten Professor. (0 Kommentare)

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