Porträt

laut.de-Biographie

Staff Benda Bilili

"Benda Bilili" bedeutet, "hinter die Fassade blicken". Dabei springt gerade im Fall Staff Benda Bilili die äußere Erscheinung zuerst ins Auge: Männer sitzen in abenteuerlich konstruierten Rollstühlen, ein Junge entlockt einem ebenso abenteuerlich konstruierten Instrument Soli, die Jimi Hendrix alle Ehre gemacht hätten.

Tief in der Rhumba-Tradition verwurzelt, reichern Staff Benda Bilili ihre mitreißende Musik mit Elementen aus ganz verschiedenen Genres an. Traditioneller Rhythm & Blues steht neben Reggae, kubanische Klänge neben Afrobeat und knallhartem Funk. "Trotz der Sprachbarriere wollen wir, dass die Leute, nachdem sie unsere Musik gehört haben, nach Hause gehen und mehr über die Bedeutung unserer Lieder herausfinden", betont Bandleader Ricky Likabu. Denn zu erzählen haben Staff Benda Bilili mehr als genug.

Mehr als 40.000 Straßenkinder fristen in Kinshasa, der Hauptstadt der demokratischen Republik Kongo, unter erbärmlichen Bedingungen ihr Dasein. Selbst unter den Ärmsten finden sich die Gründungsmitglieder von Staff Benda Bilili noch als Ausgestoßene wieder: Sie leiden allesamt an den Folgen von Polio-Infektionen, sind gelähmt. Kaum ein Musiker möchte sich mit den versehrten Kollegen abgeben.

Sänger Ricky Likabu und Sänger, Songwriter und Gitarrist Coco Ngambali greifen 2004 zur Selbsthilfe. Sie beginnen - zunächst neben ihrer Karriere als Straßenhändler - mit Leidensgenossen zu jammen.

Das erklärte Ziel: Bewahr' deinen Stolz, erarbeite dir deine Würde und werde niemals zum Bettler. In Theo Nsituvuidi findet sich ein weiterer singender Gitarrist, Djunana Tanga-Suele, Zadis Mbulu Nzungu und Kabamba Kabose Kasungo steuern ebenfalls Gesang bei.

Die Rhythmus-Sektion rekrutiert sich aus begabten Straßenkindern. Besonders sticht Roger Landu, den Likabu unter seine Fittiche nahm, heraus. Er bringt es auf seiner aus einem Stück Holz, einer Gitarrensaite und einer Blechbüchse zusammengeflickten Laute zu wahrem Virtuosentum.

Die Mitglieder von Staff Benda Bilili üben im Zoo von Kinshasa, sie leben auf der Straße und kennen die Härten des Lebens aus erster Hand: "Wir geben den Stummen im Kongo eine Stimme."

"Wir sehen alles und verstehen, was vorgeht, besser als jeder Journalist. Wir wissen, wie man unter schwierigen Bedingungen überlebt. Unsere Erlebnisse inspirieren uns, und wir möchten unsere Erfahrungen weitergeben."

Zur eigenen musikalischen Tradition gesellen sich internationale Einflüsse, die man auf der Straße hauptsächlich via Radio mitbekommt. Doch manchmal ist man auch live und direkt Augen- und Ohrenzeuge.

"Wir waren extrem beeindruckt, als wir James Brown das erste Mal tanzen sahen", erinnert sich Coco. "Er trat im Zusammenhang mit dem großen Boxkampf Ali gegen Foreman in Kinshasa auf. Jede Art von Musik kann uns inspirieren."

Ihr Aufruf "Allons Voter", "Geht zur Wahl", verhallt 2006 nicht ungehört. Schätzungen zufolge steigert eine Kampagne der Vereinten Nationen, denen Staff Benda Bilili die musikalische Untermalung liefern, die Wahlbeteiligung erheblich.

Die Musiker selbst haben kaum etwas davon. Obwohl ihr Titel im Radio und Fernsehen rauf und runter gespielt wird, werden sie mit etwa 50 Dollar pro Nase abgespeist. Diverse Dokumentarfilmer porträtieren die Truppe. Abgesehen davon operiert sie weitgehend abseits der öffentlichen Wahrnehmung.

Erst als der belgische Produzent (und Kenner der kongolesischen Musikszene) Vincent Kenis auf die Combo aufmerksam wird, wendet sich das Blatt. Er produziert und arrangiert das Debütalbum, das größtenteils im Zoo von Kinshasa eingespielt wird.

"Très Très Fort" erscheint im März 2009 und erntet insbesondere in den USA, Großbritannien und Frankreich beste Kritiken. Inzwischen sind bereits Damon Albarn oder Massive Attack auf die Kollegen aufmerksam geworden. Staff Banda Bilili touren durch Europa und werden bei der World Music Expo als Künstler des Jahres ausgezeichnet.

Zum Release von "Bouger Le Monde" 2012 hat sich einiges geändert. Die Band wird mit Schlagzeuger Montana Kinunu Ntunu, Leadgitarrist Amalphy Ketikila Masamba und dem Percussionisten Randy Makana Kalambayi ergänzt. Die Leadvocals werden zwischen sieben verschiedenen Sängern aufgeteilt. Die zirpen der Grillen vom ersten Album ist einer professionellen Produktion gewichen.

Von ihrer Behinderung lassen sich die Musiker von Staff Benda Bilili keine Grenzen setzen. Sie gehen vielmehr offensiv damit um. "Wir sind doch alle irgendwie behindert, oder nicht?", fragt es von der Band-eigenen MySpace-Seite.

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