22. Januar 2003

"Jan Delay können wir nicht ersetzen ..."

Interview geführt von

Donnerstag Abend, Kulturladen in Konstanz. Etwa 250 Leute warten seit einer halben Stunde ungeduldig auf den Auftritt der Sam Ragga Band, den Newcomern aus dem hohen Norden. Als dann die ersten Reggae-Klänge zu vernehmen sind, ist die Freude groß und die Fläche vor der Bühne füllt sich mit tanzwilligen Zuhörern. Sänger Seanie T. fordert das Publikum auf, näher an die Bühne zu kommen und legt dann sofort los.

Die Sam Ragga Band, im Kern aus Ali Busse (Bass), Hartmut Karez (Drums), Marc Wilkes (Gitarre), Detlev von Boetticher (Percussions) und Oliver Kusterer (Keyboards) bestehend, featured bei diesem Gig Unterstützung drei Sänger. Neben dem Londoner Seanie T. stehen die Kenianerin Onejiru sowie Jessica McIntyre an den Mikrofonen. Jessica unterstützt außerdem Oliver an den Keyboards. Die Band hat eine langatmige Anheizphase überhaupt nicht nötig: von Beginn an ist die Stimmung super, die Leuten haben offensichtlich große Lust zu tanzen und bekommen bei den heißen Rhythmen ausgiebig Gelegenheit dazu.

Auf die Frage, wie die Tour bisher liefe, reckte Detlev im Gespräch mit LAUT enthusiastisch beide Daumen hoch und strahlte über alle vier Backen. Nachdem er von seinen Bandkollegen daran erinnert wurde, dass er nicht im Fernsehen war, formulierte Detlev seine Eindrücke: "Super. Die Konzerte kommen total gut an." Oliver ergänzte, dass ihn die Reaktionen überraschten, da sie ja absolute Newcomer wären und ihre Platte auch zu Beginn der Tour noch gar nicht veröffentlicht war. Vor allem in Österreich, von wo sie kurz vor dem Interview nach einer zehnstündigen Fahrt bei Glatteis kamen, sei es zur Sache gegangen. In Wien spielten sie vor 400 begeisterten Leuten.

Oliver begründet, warum sie nicht alle Tracks des Albums spielen: "Jan Delay können wir durch keinen anderen Sänger ersetzen". Da die Band schon seit 1996 existiert, verfügt sie natürlich über mehr Material als nur die neuen Songs von "Loktown Hi-Life". Allerdings fehlen auch die auf dem Album zu hörenden Bläser bei der Tour komplett. Bei den Aufnahmen zum Album sollte eigentlich Seanie T. alle Vocals übernehmen, aber es wäre zu teuer geworden, ihn ständig für die Aufnahmen aus London einfliegen zu lassen.

Sowieso sind die Jungs sich einig, dass es sich beim aktuellen Reggae/Dancehall-Hype um eine kurzzeitige Sache handelt, die bald wieder abflauen wird. Oliver sieht die Gefahr, dass die Plattenfirmen den Hype ausnutzen und irgendwelche Leute rausbringen oder Alben puschen, die eigentlich noch gar nicht ausgereift sind. Sam Ragga dagegen profitieren natürlich von dem Boom, ihre Entstehungsgeschichte ist ohnehin unabhängig davon.

Zurück zum Konzert. Der musikalische Schwerpunkt liegt bei Sam Raggas Live-Auftritten eindeutig im Bereich Reggae, wohingegen der Hip Hop etwas in den Hintergrund tritt. Seanie T.s Stimme bringt den richtigen Jamaica-Flair. Melodiöser klingen Onejiru und Jessica, die live beide umhauen. Nur der zu laute Sound und die dröhnenden Bässe schmälerten im Kulturladen den Hörgenuss. Die Band bezieht das Publikum mit in die Bühnenshow ein: Seanie T. lockt drei Mädels aus dem Publikum zu ihm hinauf, wo sie ihre Tanzkünste unter Beweis stellen müssen. Später gesellt sich ein unbekannter junger Mann zu der Band und gibt seine Rapkünste zum Besten. Nicht nur das Publikum ist begeistert, auch die Band scheint beeindruckt zu sein.

Alles in allem ist der Gig ein echter Hochgenuss. Die Band hat offensichtlich Lust am Spielen, jede Menge gute Laune und nimmt ihr Publikum von Anfang an in Zauberhaft. Sie macht den Kulturladen zur Partyzone. Jedem, der das Album angehört hat, aber noch nicht so recht Feuer fangen konnte, sei diese Live-Show wärmstens ans Herz gelegt. Nutzt den Hype, so lange es ihn gibt!

Von Anke Sonnenberg und Dorothee von Peterffy

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