laut.de-Kritik

Mit Dosenbier und Selbstgedrehten auf hoher See.

Review von

Das Deck geschrubbt, die Segel gehisst, die Piraten-Kluft sitzt wie angegossen: So lasset die Säbel rasseln und die Kanonen in Stellung bringen. Rock'n'Rolf Kasparek hat beide Hände am Steuerrad und den nächsten Metal-Wellengang fest im Blick. Auch sage und schreibe 32 Jahre nach der ersten Running Wild-Duftmarke "Gates To Purgatory" lässt Deutschlands Vorzeige-Pirat nicht locker.

Immer auf Beutefang und auf der Suche nach Highlights zog der eigenwillige Frontmann in den vergangenen drei Jahrzehnten so manche Songperle für die ultimative Livesetlist an Land. Metallische Gassenhauer wie "Prisoner Of Our Time", "Raise Your Fist", "Bad To The Bone" oder "Under Jolly Roger" gehören seit gefühlten Ewigkeiten zum Mitgröl-Repertoire der Band.

Dieser Tage gehen elf weitere Tracks ins Rennen, um dereinst im Rampenlicht zwischen Nebelschwaden, Feuersäulen und muffigen Lack-und-Leder-Overalls aufgeführt zu werden. Aber nicht alle haben das Zeug für die große Bühne. So beeindruckt der Opener "Black Skies, Red Flag" zwar mit pfeilschnellen Gitarren und komplexen Strukturen. Aber was bringt der ausgeklügeltste Background, wenn sich am Mikrofon nur uninspirierte Standards im Kreise drehen?

Auch "Stick To Your Guns" scheitert trotz mächtigem Anlauf: Ein wummernder Bass und satt verzerrte, abgedämpfte Powerchords treffen erneut auf blutleere Vocals. Die drei Filler "Warmongers", "Hellestrified" und "Black Moon Rising" setzen der musikalischen Einfallslosigkeit schließlich die Krone auf. Belanglosen Vintage-Metal für die Endphase einer Hartholz-Party mit Dosenbier und selbstgedrehten Kippen braucht keiner.

Zieht man nun noch das instrumentale "The Depth Of The Sea Nautilus" ab, bleibt eigentlich nicht mehr viel übrig. Doch die fünf restlichen Songs haben es in sich. Abgesehen von den grenzwertigen Ohoho-Passagen im Refrain sorgt etwa der abwechslungsreiche Titeltrack für Szenenapplaus. Das hymnenhafte "By The Blood In Your Heart" und das an alte High-Speed-Glanzzeiten erinnernde "Black Bart" machen weiteren Boden gut.

Zum Ende hin platzt der Knoten dann doch. Den wieder mal klinischen Drumsound deckeln gewaltige Gitarrenwände und fein arrangierte Licks. Obendrauf gibts Melodien zum Fäusterecken ("Blood Moon Rising", "Into The West"). Da plötzlich ein Rädchen ins andere greift, bündelt man zum Finale noch einmal alle Highlights: Der letzte Mohikaner geht erst nach elf (!) Minuten von Bord ("Last Of The Mohicans"). Jetzt bleibt nur 'ne Buddel voll Rum und lecker Fischstäbchen. Ahoi!

Trackliste

  1. 1. Black Skies, Red Flag
  2. 2. Warmongers
  3. 3. Stick To Your Guns
  4. 4. Rapid Foray
  5. 5. By The Blood In Your Heart
  6. 6. The Depth Of The Sea Nautilus
  7. 7. Black Bart
  8. 8. Hellestrified
  9. 9. Blood Moon Rising
  10. 10. Into The West
  11. 11. Last Of The Mohicans

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