18. Oktober 2019

"Wir verstehen den Impuls, Trump zu wählen"

Interview geführt von

"War Music" – schon der Titel des neuen Studioalbums von Refused zeigt, dass die schwedischen Hardcore-Legenden nichts von ihrem Sendungsbewusstsein und ihrer Kampfeslust verloren haben.

Mit wem man hier in den Krieg zieht, darüber lassen die zehn Songs des Albums keinen Zweifel: Der Kapitalismus muss weg, dem einen Prozent der Superreichen muss der Kampf angesagt werden. "I Wanna Watch The World Burn", singt Dennis Lyxzén – und verspricht: Was wir im Feuer verloren haben, werden wir in der Asche wiederfinden.

Wir trafen Dennis Lyxzén und David Sandström zum Gespräch über Kapitalismus und seinen Gegenentwurf, die Dystopien unserer Zeit und ihr neues Album "War Music".

Euer neues Album heißt "War Music"– gegen wen der Krieg hier geht, ist klar, aber erzählt doch dennoch, wie es zu diesem Titel kam.

Dennis Lyxzén: Es ist ein Titel, der einfach zur Zeit passt. Wenn du Kunst schaffen, ein Künstler sein willst, dann ist es wesentlich, die Zeit, in der du lebst, zu reflektieren. Das kann durchaus schwer sein. Ich denke, dass das neue Album das mit der Musik, den Texten, dem Artwork und dem Titel dies schafft – es reflektiert die Turbulenz und Gewalt der Welt. Der Titel passt einfach sehr gut zur Attitüde der Platte.

David: Es ist eine Welt des Konflikts. Man muss nur die Nachrichten schauen oder in die sozialen Netzwerke gehen. Ein einziger Tag auf dieser Welt versetzt deinen Kopf in eine Art von Stress, die es früher nicht gab. Jüngere Generationen werden vielleicht bessere Arten finden, damit umzugehen. Aber für diejenigen von uns, die es noch anders kennen und den Stress heute plötzlich überall vorfinden, auf unseren Mobiltelefonen und Computern, ist es eine verrückte Zeit. Mit all der Polarisierung, politischen Positionierung, dem Populismus und dieser rechtsradikalen Scheiße, die überall passiert: Es ist eine Zeit des andauernden Konflikts. In deinem Kopf, mit Familienmitgliedern, auf den Straßen. Diese Platte handelt genau davon – vom hier und jetzt.

Der Mensch hatte ja auch schon vorher das Potenzial, in Diskussionen völlig auszurasten – aber warum ist das seit Social Media so vordergründig schlimmer geworden? Es brodelt da ja jede Sekunde, wegen jeder Kleinigkeit.

David: Wir sprechen von den sozialen Netzwerken und dem Internet ja so, als sei es eine Revolution, ein Paradigmenwechsel. Es sind aber so viele, seit das Internet auftauchte – und es gibt ständig neue. Es entwickelt sich und ändert sich dauernd. 2002 stöhnte man schon, dass es im Internet soviel Information gebe, so viele Sachen, die passieren. Es ist eine unvermeidbare Entwicklung, von der man sich einfach überwältigt fühlt und nicht das Gefühl hat, mit all dem, was einem präsentiert wird, umgehen kann. Man wird aber auch von größeren Mächten benutzt. Sie kontrollieren, an was wir rankommen, was uns gezeigt wird – und wie wir getrackt werden, wie es zur Wahlbeeinflussung genutzt wird. Es ist dieser unglaubliche Mammut eines Problems.

Dennis: Es ist ja noch ein relativ neues Phänomen, das aber wahnsinnig viele Probleme vor uns stellt. Jeder ist Kritiker, jeder hat eine Stimme – aber viele haben auch Angst, ihre Stimme zu erheben, eben weil es soviel Backlash und Kritiker gibt. Als wir jung waren und über unsere politischen Ideen sprachen, gab es keinen Backlash, es sei denn es kam jemand auf dich zu und sagte dir, dass du ein Idiot bist.

David: Und das war auch toll, das blieb in Erinnerung: Wenn dich jemand konfrontierte und daraus eine Diskussion entstand.

Dennis: Genau, weil sich da ein Gespräch draus entwickeln konnte. Wenn dir heute jemand in den sozialen Netzwerken schreibt, dass du scheiße bist: Wohin soll die Diskussion da gehen? Kürzlich saß ich in einem Panel über Gleichheit und Feminismus – und jemand schrieb: "Ach, dieser beschissene Middle-Age-Cis-Mann spricht über Gleichheit". Oh Mann, ich war eingeladen zu diesem Panel und es war eben so geplant, dass das von Männern besprochen wurde. Ich versuchte, mit dieser Person ein Gespräch zu beginnen. Ich sagte "Nun, ich war eingeladen, das ist meine Perspektive und dafür, dass ich ein weißer Mann mittleren Alters bin, kann ich nichts". Die Person antwortete dann, dass Männer einen Schritt zurück gehen sollten – und als ich sagte, dass ich dem zustimme, sagte die Person: "Und The Refused sind verfickte Sell-Outs". Daraufhin beendete ich das Gespräch mit den Worten, dass dieses Gespräch jetzt nicht wirklich was bringen würde. Wir hätten darüber reden können, aber du hast dich gerade eben selbst disqualifiziert.

David: Es ist sehr leicht, eine Impulsreaktion zu schreiben und die als Therapieersatz zu nutzen. Jede einigermaßen intelligente, bescheidene Person würde davon Abstand nehmen. Du kriegst also eine falsche Repräsentation davon, wer tatsächlich da draußen ist und der Probleme. Es gibt diese Schattendemographie, die da nicht Teil nimmt – ich mache das genau so, ich würde nie auf Facebook oder Instagram kommentieren. Das ist einfach so verdammt blöd.

Man muss allerdings auch leider zugestehen, dass die rechte Seite dieses Instrumentarium viel gekonnter bespielt als die Linken.

Dennis: Oh ja, absolut.

" Es ist eine komische Zeit, eine Punkband zu sein, in der der IMF auf deiner Seite steht"

Es gab kürzlich diese seltsame Kontroverse um Herbert Grönemeyer, einen sehr bekannten und sozial engagierten deutschen Sänger. Kurz umrissen: Grönemeyer äußerte sich auf einem Stadionkonzert in Wien zum Rechtsruck in der Gesellschaft und forderte zu Toleranz auf. Anschließend wurden ihm von rechter Seite Goebbels-Methoden attestiert – da er seine Forderung stadiongerecht nicht gerade ins Mikrofon flüsterte – und ein schräger Diskurs begann.

Dennis: Die Rechten sind sehr gut darin, unehrlich zu sein – deswegen können sie die sozialen Netzwerke so gut bedienen. Sie sind nicht nur gut im Organisieren, sondern vor allem im Manipulieren. Jemand sagt etwas, das im Grunde völlig vernünftig ist. Aber wenn man es aus dem Kontext nimmt, in einen anderen Kontext setzt, ihn absichtlich falsch versteht, dann entsteht plötzlich ein ganz anderes Gespräch daraus. Und die Rechten machen das andauernd.

David: Was auch immer problematisch war für jeden, der sich der Offenheit, Kommunikation, den Soft Values und humanitären Zwecken widmet: Das kommt von einem Gefühl der Liebe, Empathie, der Hoffnung und dem Wunsch, dass die Welt etwas Besseres bekommt. Aber diese Leute operieren auf einem Level der persönlichen Verbitterung. "Ich wurde gefickt, ich wurde misrepräsentiert". Da steckt eine Menge mehr Energie drin. Es bringt dich dazu, tagelang zu posten zu können. Da steckt endlose Motivation darin. Jeder, der offene Grenzen will, Menschen helfen: das hat nicht diese endlos nagende Energie, die jemand durch seine Verbitterung erfährt. Und: Die Linke wollte sich nie die Hände schmutzig machen. Wenn das eine Team schmutzig spielt und das andere sauber, dann wird das ein schwerer Kampf. Wir als Band haben die Handschuhe längst ausgezogen, uns geht es nicht darum, nett zu sein. Wir haben beschlossen, dass wir unseren Standpunkt ganz exakt vertreten, genau sagen, was wir fühlen. Und gerade ist jetzt ist eine interessante Zeit für dieses Experiment. Wir bekommen eine Menge Feedback ... und nicht alle sind glücklich darüber, wie wir das so machen.

Bekommt ihr viel Hatemail?

David: Hatemail haben wir schon immer viel bekommen. Seit den frühen Tagen. 1996 sind wir in den USA getourt und jemand schickte uns einen Brief: "Socialist fag loving PC Scumbags". Wir haben das dann auf T-Shirts drucken lassen. Ein toller Slogan.

Dennis: Das Feedback und der Hass, den man bekommt, führt vielleicht zu einem Gespräch. Man will ja auch, dass die Leute reagieren. Das Schlimmste ist, dass man eine Platte rausbringt und die Leute sagen: "Meh, das ist okay". Wir haben mit Hatern schon so lange zu tun, wir kennen unsere Werte, wir wissen woran wir glauben. Wir wissen auch, dass wir auch selbst nicht immer das Richtige getan haben. Man probiert die Dinge aus, und manchmal klappt's eben. Das wissen wir. Es stört uns weniger, als dass es ein Zeichen ist, dass sich die Leute damit beschäftigen.

Ein Schlüsselthema von "War Music" ist die Revolution, es geht um die "Auslöschung der ein Prozent". Eine Revolution in dem Sinn muss ja eine Arbeiterrevolution sein – aber die Rechte hat sich diese Themen ja längst zueigen gemacht, den Begriff der Systemkritik umgedreht und eine neue, im Grunde völlig konträre Bedeutung gegeben.

David: Ja, das ist ein schräger Eiertanz geworden.

Dennis: Der Kapitalismus scheitert gerade an allen Ecken und Enden. Aber das Problem ist, der Kapitalismus hat kein Zentrum, nichts, auf das man mit dem Finger zeigen kann. Es ist eine undurchsichtige globale Struktur. Diejenigen, die nach rechts gehen, tun das aber in Wirklichkeit als Reaktion auf den Kapitalismus. Die Fabriken schließen, die Communities sterben. Plötzlich sieht man Migranten, all diese neuen Dinge – und man nimmt als Konsequenz einfach den extrem einfachen Ausweg. Die Linke reagierte seit zwanzig Jahren nur auf den Kapitalismus, es ist lange her, dass die Linke mit einer vernünftigen und gehbaren Lösung auf das Problem des Kapitalismus daher kam. Selbstverständlich war die Sowjetunion keine Lösung, die funktionieren konnte – aber seitdem versucht sich die Linke einfach nur auf den Kapitalismus einzustellen. "Der Kapitalismus ist jetzt eben da, schauen wir, was wir innerhalb dieses Systems tun können". Ich denke aber, es braucht eine neue Alternative zum Kapitalismus. Viele aus der Arbeiterklasse, die zur Rechten übergelaufen sind, sind keineswegs unsere Feinde. Sie sind Leute wie wir, die extrem frustriert von der Welt sind. Sie haben Angst, sind wütend, sind enttäuscht.

David: Es fehlt an Optionen. Ich kann mich echt über Leute aufregen, die Trump wählen. Aber andererseits: Wen zum Teufel hätten sie denn sonst wählen sollen bei dieser Wahl?

Dennis: Wir wissen natürlich, dass nicht das Politsystem an sich die primäre Schuld dafür trägt, was in Amerika falsch läuft. Aber wenn du davon ausgehst, dass die Politik an allem schuld ist: Du hattest auf der anderen Seite Hillary, diese professionelle Politikerin. Und auf anderen Seite hattest du Trump, der zwar ein Clown ist, aber kein Profipolitiker. Viele meinten eben: "Ich versuch's mal mit dem Typen hier und schau, was passiert". Sie handeln zwar gegen ihre eigenen Interessen, aber ich verstehe den Impuls. Auf dieser Platte wollte ich mir die Frage stellen: Wer ist denn eigentlich der wahre Feind? Warum gibt es eine Klimakrise? Woher kommt die Flüchtlingskrise? Was passiert in Libyen, Syrien? Warum gibt es eine weltweite Krise in punkto psychischer Gesundheit? Ich denke da gibt es einen Zusammenhang und der ist ökonomischer Natur. Es hängt alles zusammen.

David: In diesem Sinn ist jeder Song auf dem Album derselbe. Uns sagte jemand, wenn wir die Reihenfolge etwas verändert hätten, wäre es fast eine thematische Abfolge gewesen: Den Kapitalismus entdecken, sich radikalisieren, eine neue Welt finden wollen. Das war nicht unsere Absicht – aber so wie die Welt aussieht, mussten wir das tun.

In dem Song "I Wanna Watch The World Burn" gibt es die Textzeile: "What we've lost in the fire, we'll find in the ashes". Ist eurer Meinung nach die einzige Möglichkeit also ein kompletter, radikaler Neuaufbau?

David: Das ist eher eine frustrierte Phantasie. Es kommt darauf an, was man mit "niederbrennen" meint. Meine Lieblingsstelle in dem Song ist: "It's not impossible to me that one morning we'll see / A new seed scattered on a level field". Es ist natürlich gerade nicht die Musik, die hoffnungsvolle, schöne Bilder transportiert. Aber der Gedanke zu sehen, wie dieses "level field" aussehen könnte: Das werde ich nicht mehr erleben. Aber ich bin ein Optimist. Sie haben John Cage mal gefragt, ob die Welt besser oder schlechter werde. Seine Antwort: Die Welt wird besser, sie bewegt sich nur sehr, sehr langsam. Das denke ich auch. In 200, 250 Jahren könnt es etwas anderes geben. Es geht um die Idee, was das sein könnte und wie großartig das sein könnte. Soviel unseres Potenzials wird einfach verschwendet in diesem räuberischen Kampf um Real Estate, um diese blöden Privilegien, an die wir uns so gewöhnt haben. Leute unserer Generation laufen immer Gefahr, romantisch zu werden wenn's um Dinge wie Bloomsbury in England in den 1920ern geht oder um Leute, die in den spanischen Krieg ziehen. Da ging's um Sachen, die man beurteilen konnte und auf der richtigen Seite stehen. Heutzutage: Was zum Teufel macht man wegen Syrien? Oder wegen dem Kongo, den wir seit Jahrzehnten plündern. In unseren Scheißtelefonen steckt ein Stück Kongo, wir ruinieren mit etwas, das wir unserer Tasche haben, die Region. Es ist so eine komplizierte Zeit – und dieser Schrei, der diese Platte ist, ist unsere Antwort darauf. Es ist das Beste, was wir tun können.

Dennis: Die Welt ist wirklich komplex, schwer zu fassen. Die Leute denken nach, versuchen diese Matrix zu verstehen – und dann sagen einige: "Da krieg ich Kopfschmerzen davon. Es waren die Ausländer!" So ist es doch: Die Leute suchen die einfachsten Antworten auf die schwierigsten Probleme.

David: Schau dir mal den Brexit an. Der Graben zwischen den Politikern, die aus den feinsten Schulen kommen, und der allgemeinen Gesellschaft ist echt. Auch in Amerika. Ich verstehe das Misstrauen und das, was diese populistische Welle überhaupt generiert. Aber ich wünschte, die Leute würden sich wirklich erheben, uns die Dinge mit klarem Kopf anschauen. Der IMF [International Monetary Fund, Anm.] warnt seit langem vor Einkommensungleichheit. Es wird in Gegenden, wo die Mittelklasse verschwindet, zu Ausschreitungen kommen – während sich die ein Prozent alles nehmen. Nur der IMF warnt deswegen davor, weil es eine Gefährdung der Wirtschaft darstellen könnte. In erster Linie ist es aber einfach nur verdammt falsch und wir müssen es stoppen! Es ist eine komische Zeit, eine Punkband zu sein, in der der IMF auf deiner Seite steht.

Dennis: Seun Kuti hat einen Song geschrieben: "IMF stands for International Motherfuckers". Ein guter Song.

"Als das römische Reich fiel, dachten die Leute auch, dass alles in Ordnung sei"

Man hört ja oft: "In einem so schlimmen Zustand haben wir die Welt noch nie erlebt". Ist das tatsächlich so – oder tendieren die Leute dazu, ihre eigene, derzeitige Situation nochmal drastischer zu beurteilen, als sie es mit etwas Abstand tatsächlich war? 1998 habt ihr "The Shape Of Punk To Come" aufgenommen – auch sehr wütend, auch extrem politisch, auch dystopisch.

Dennis: Ja, aber so schlimm war es damals nicht. Es war ziemlich schlimm. Als wir drinnen waren, dachten wir "Es ist schrecklich, die schlimmste Zeit überhaupt". Rückwirkend war es eher nicht.

David: Schau, wenn alles in Ordnung wäre und es das Gesetz der Erleuchteten gäbe – wir wären die ersten, die auch dieses Gesetz attackieren würden. So sind wir einfach. Ich denke schon, dass die Leute immer dachten, dass wir in der Endzeiten leben, seit tausenden von Jahren. Wir auch – ich kann das nicht richtig beurteilen.

Dennis: Ich denke aber dass die Leute, als das Römische Reich fiel, auch dachten, dass doch alles in Ordnung sei. So wie wir unsere Leben jetzt leben, gibt es die realistische Möglichkeit, dass wir in einem faschistisch kontrollierten Staat leben, aber zugleich Demokratie haben. Und wir werden glauben, dass wir in einer demokratischen Gemeinschaft leben, obwohl wir keine ökonomische Demokratie haben. Und wir werden glauben, dass wir Entscheidungsfreiheit haben. Es ist doch jetzt schon so: Das Kapital diktiert, wie wir aussehen, essen ... du möchtest Ruhe? Du kannst dir ein Peace-and-Quiet-Retreat kaufen!

David: Man weiß doch, das Instagram extrem schädlich für dich ist. Aber jeder nutzt es, deswegen klingt das komisch wenn ich sage: "Möchtet ihr eure Leben auf schreckliche Weise ruinieren und mit eurem Geist ficken, euch selbst einen Schaden antun?". Wir nutzen es ja selbst.

Noam Chomsky meinte ja mal – ich paraphrasiere das jetzt nur – am besten kontrollieren könne man Menschen, in dem man die Illusion erschafft, dass eine freie Debatte stattfindet – aber gleichzeitig sicherstellt, dass sich diese Debatte in einem extrem engen Rahmen abspielt.

Dennis: Darin ist der Kapitalismus ja so gut: Er lässt dich glauben, dass du die Wahl hast. Dass Kapitalismus zwar nicht perfekt, aber doch ziemlich gut ist. Und dann kannst du dich eben zwischen Pepsi und Cola entscheiden.

Im Booklet zitiert ihr eine Menge Leute, von Ulrike Meinhof bis zu Oscar Wilde. Ich würde gerne auf das Zitat von Wilde eingehen: "A map of the world that does not include Utopia is not worth even glancing at, for it leaves out the one country at which Humanity is always landing". Glaubt ihr noch an das Konzept von Utopia?

David: Ich denke, das Problem der Linken seit langer Zeit ist diese Obsession mit dem Erschaffen von Mini-Utopias. Deswegen, weil wir nicht damit klar kommen, dass wir das, was wir wollen, in diesem Leben nicht mehr sehen werden. Deswegen kreieren wir diese Mini-Zellen Utopias, die wir in den sozialen Medien kontrollieren. Ich glaube, dass der Ort, wo ich leben will, harte Arbeit ist. Demokratie ist harte Arbeit. Ich habe eine einjährige Tochter, ich möchte nicht, dass sie in einer perfekten Welt aufwächst, die eine Lüge ist. Wir müssen eine gute Idee haben, aber wir müssen auch kämpfen, wir müssen unsere Hände schmutzig machen. Wir singen von der "Auslöschung der ein Prozent", das tun wir einerseits, um die Leute aufmerksam werden zu lassen. Aber auch, um unsere Schwerter zu schärfen. Ich könnte niemanden aus den ein Prozent erschießen. Aber es drückt aus, wie wütend ich bin. Ich bin wütend, weil sie Leute töten, Leute ohne soziales Auffangnetz.

Dennis: Das Problem ist, dass du auf niemanden zeigen kannst und sagen: Schau, das ist seine Schuld. Der Kapitalismus hat kein Zentrum.

David: Deswegen müssen wir miteinander sprechen. Wir müssen endlich genau ein Bild dieses Feindes formulieren. Es muss den Leuten klar werden, er das ist. Wir müssen die Kontrolle über dieses Narrativ übernehmen: Wer ist der Feind?

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