Porträt

laut.de-Biographie

Pharmakon

Seit Ende der Nullerjahre agiert die New Yorker Musikerin Margaret Chardiet als ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil der internationalen Noise-Szene. Als Pharmakon konfrontiert sie den Hörer mit ihren körperlichen und seelischen Abgründen. Ihre nervenaufreibenden Schreie, die sie durch eine Vielzahl an Effektgeräten und Verzerrern jagt, lösen gleichzeitig Angst und Unbehagen, aber auch morbide Faszination aus. Für eine Noise-Künstlerin eher ungewöhnlich, erntet sie außerhalb der Szene viel Lob und Anerkennung dafür.

Pharmakon - Devour
Pharmakon Devour
Kaputte Sounds und gekränkte Vocals als Sinnbild der Selbstzerstörung.
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Geboren am 19. Juni 1990, wächst Margaret Chardiet als Tochter eines Punk-Musikers in New York auf. Schon im Teenageralter startet sie erste Gehversuche als Gitarristin und betätigt sich in kleineren Punk- und Hardcore-Bands. Im Plattenladen Hospital Records an der Lower East Side begibt sie sich auf die Suche nach musikalisch extremeren Ausdrucksformen und lernt Industrial-, Harsh-Noise- und Power-Electronics-Projekte wie Throbbing Gristle und Whitehouse kennen.

Mit 16 Jahren gründet sie mit Freunden im Süden von Queens die Noise-Kommune Red Light District und veranstaltet mit ihnen regelmäßig Videoinstallationen und Live-Auftritte. Das Projekt Pharmakon ruft sie 2007 ins Leben, zwei Jahre später veröffentlicht sie auf dem kleinen Undergroundlabel BloodLust! ihre selbstbetitelte Debüt-EP.

Für ihr erstes Album "Abandon", das erst 2013 in die Läden kommt, unterzeichnet sie beim renommierten Indie-Label Sacred Bones Records. Das Album prägen neben repetitiven, harschen Industrial- und Noise-Sequenzen vor allem religiöse Erlösungsbilder und eine insgesamt geschlossene, sakrale Atmosphäre. Das Wissen um die eigene Sterblichkeit bildet schon hier die grundlegende Essenz des kathartischen Lärms.

Danach landet die Musikerin kurz vor dem Start ihrer ersten Europatournee mit heftigen Schmerzanfällen im Krankenhaus. Um ihre inneren Organe hat sich eine zwölf Zentimeter lange Zyste gelegt. Sie muss sich einer schweren Notoperation unterziehen, die sie mehrere Wochen ans Bett fesselt. Die Ausweglosigkeit und die plötzlich offenkundige Abhängigkeit von der eigenen zerbrechlichen Materie verarbeitet sie 2014 auf ihrer nächsten Platte "Bestial Burden".

Trotz einiger Momente, die sich wegen ihrer Authentizität nur schwer ertragen lassen, treten einprägsame Melodien wie in "Autoimmune" vermehrt in den Vordergrund. In den Feuilletons erhält das Album ausgezeichnete Kritiken. Anschließend geht sie als Support der Swans auf Tournee. Auf Festivals wie dem alljährlichen CTM Festival in Berlin erspielt sich die New Yorkerin über die Jahre mit kontinuierlicher Livepräsenz eine stetig wachsende Fanbase.

Perfektionismus fordert seinen Tribut: Mehr als zwei Jahre, im Noise schon eine sehr lange Zeit, lässt "Contact" auf sich warten. Die Platte behandelt die verschiedenen Stadien der Trance. Neben den für das Projekt typischen Power-Electronics-Ausbrüchen à la Whitehouse sorgen abgründige Gitarrenpassagen im Stile von Nine Inch Nails Meisterwerk "The Downward Spiral" für Beklemmung und Anspannung.

2019 fügt dann die New Yorkerin mit "Devour" ihrer Kunst eine gesellschaftskritische Note hinzu. Sie nutzt die "Symbolik und Sprache" des "Selbst-Kannibalismus als Allegorie für die selbstzerstörerische Natur des Menschen". Dabei hat die Musikerin zum ersten Mal ein Album unter Live-Bedingungen im Studio eingespielt. Es gerät zu ihrem bislang organischsten Werk.

Hinter ihren Vorbildern braucht sich Margaret Chardiet also keineswegs zu verstecken. Mit ihrer individuellen, unverkennbaren Signatur hat sie erheblich dazu beigetragen, dass die Noise-Szene sich ab Mitte der Zehner-Jahre einer wachsenden Beliebtheit erfreut.

Alben

Pharmakon - Devour: Album-Cover
  • Leserwertung: 3 Punkt
  • Redaktionswertung: 4 Punkte

2019 Devour

Kritik von Toni Hennig

Kaputte Sounds und gekränkte Vocals als Sinnbild der Selbstzerstörung. (0 Kommentare)

Pharmakon - Contact: Album-Cover
  • Leserwertung: 4 Punkt
  • Redaktionswertung: 4 Punkte

2017 Contact

Kritik von Toni Hennig

Heftiges Horrorkopfkino zwischen Kunst und Konfrontation. (0 Kommentare)

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