2. Oktober 2019

"Wacken war der Wahnsinn!"

Interview geführt von

Mehr Energie, mehr Härte, mehr Wucht: Auf ihrem neuen Studioalbum "Earth & Sky" orientieren sich Of Mice & Men zurück in Richtung Anfangstage.

Das letzte Studioalbum "Defy" hat noch keine zwei Jahre auf dem Buckel, da stehen Of Mice & Men bereits mit einem neuen Werk in den Startlöchern. "Earth & Sky", so der Titel des mittlerweile sechsten Albums der Metalcore-Combo aus Kalifornien, vereint abermals alle Branchen-Zutaten zu einem wuchtigen großen Ganzen. Im Zuge der Album-Promo trafen wir uns mit Gitarrist Phil Manansala zum Interview und sprachen über Live-Highlights, musikalische "Rückschritte" und den Traum von funkelndem Gold.

Hi Phil, ihr habt gerade einige große Festivals gespielt. Unter anderem standet ihr auch zum ersten Mal auf der Wacken-Bühne. Wie war's?

Phil Manansala: Wacken war einfach großartig, der pure Wahnsinn! Für einen echten Metal-Fan gibt es wohl nichts Größeres und Besseres. Für mich jedenfalls wurde ein Traum wahr.

Viele Bands schwärmen immer von einer ganz besonderen Wacken-Atmosphäre. Kannst du das bestätigen?

Absolut. Man spürt, dass jeder auf diesem Festival nur aus einem einzigen Grund vor Ort ist. Und das ist die Liebe zur Musik. Es ist wirklich unbeschreiblich.

Markieren derartige Auftritte für eine Band wie Of Mice & Men, die sich ja vor allem "live" definiert, die schönsten Momente im Jahr?

Es sind definitiv besondere Momente. Aber die Gefühle und Emotionen, die man in solchen Augenblicken verspürt und aufsaugt, die kann man auch im kleineren Rahmen genießen.

Welcher "Club-Gig" ist euch in der Vergangenheit denn besonders in Erinnerung geblieben?

Das ist noch gar nicht so lange her. Ich weiß nicht mehr genau wann, aber das war in Paris. Da spielten wir in einer kleinen Halle vor maximal 1500 Leuten. Aber wie gesagt, die Menge der Menschen und die Größe der Location sind nicht immer ausschlaggebend. In diesem Fall war es einfach so, dass uns die Leute vom ersten Moment des Abends an auf Händen getragen haben. Da hat jeder im Saal den kompletten Gig durch mitgesungen. Alle waren in Bewegung. Das war wirklich extrem beeindruckend. Das sind dann die Momente, die dich automatisch wieder an die Zeiten erinnern, in denen wir froh waren, wenn wir überhaupt irgendwo auftreten konnten. Wir sind ja eine klassische Garagen-Band.

…die mittlerweile die größten Hallen füllt.

Ja, schon. Aber als es mit uns losging war an eine Arena-Karriere noch nicht zu denken. Das Ganze ist sehr organisch gewachsen. Ich weiß noch als wir damals die ersten Male in Europa unterwegs waren. Das waren noch richtig kleine Clubs. In der Schweiz spielten wir beispielsweise mal gefühlt vor einer Handvoll Leuten. In derselben Stadt spielten wir dann später als Vorband von Linkin Park vor 25.000 Menschen. Wenn man sich das alles, die ganze Entwicklung der Band, vor Augen führt, dann ist das schon alles ziemlich irre.

"Wir waren alle ziemlich schockiert"

Apropos Entwicklung: Musikalisch scheint es jetzt aber mal wieder einen Schritt zurück zu gehen. Euer neues Album orientiert sich in puncto Härtegrad doch stark an eure Anfangstage. War das so geplant?

Da kamen, denke ich, verschiedene Faktoren zusammen. Als wir die "Defy"-Aufnahmen abgeschlossen hatten, fiel uns auf, dass wir noch über dreißig zum Teil komplett fertige Songs übrig hatten. Die meisten davon waren ziemlich heavy. Wir waren alle ziemlich schockiert. (lacht) Ich meine, normalerweise ist der Aufnahmeprozess beendet wenn eine Platte fertig ist. Damals war es aber so, dass wir quasi direkt im Anschluss wieder von vorne angefangen haben.

Wir wollten die übrig gebliebenen Ideen und die Visionen für neue Songs möglichst schnell bearbeiten und festhalten. Wir überlegten uns dann, wer uns dabei in puncto Soundausrichtung zur Seite stehen sollte. Josh Wilbur war für uns dann die perfekte Wahl. Die Sachen, die er bisher gemacht hat, sind einfach nur großartig. Lamb Of God, Trivium, Soulfly: Das sind alles Bands, deren aktuelle Alben eine Sprache sprechen. Und zu guter Letzt wussten wir alle, dass wir in diesem Jahr einige richtig fette Festivals spielen werden. Und für diese Dates wollten wir gewappnet sein. Wir hatten einfach mal wieder große Lust, so richtig heavy zu klingen. Und das haben wir dann auch in die Tat umgesetzt.

Ihr hattet auf dem letzten Album ein Pink-Floyd-Coversong mit an Bord. Gab es diesmal ähnliche Überlegungen?

Nein, eigentlich nicht. Aber vielleicht bringen wir irgendwann mal eine EP raus, mit Songs, die etwas aus der Reihe fallen oder aber von anderen Bands stammen. Da gibt es zwar noch keine festen Pläne. Aber wir haben das im Hinterkopf.

"Songs, die aus der Reihe fallen", klingt ja schon mal ziemlich spannend. Was würde denn dabei rauskommen wenn sich Of Mice & Men mal um ganz andere Genres kümmern würden?

Oh, keine Ahnung. Da müsste man mal schauen. Aber wir alle hören neben dem ganzen harten Zeugs natürlich hin und wieder auch mal andere Musik. Ich zum Beispiel stehe total auf Lo-Fi Hip Hop.

Oha!

Ja, da habe ich auch schon einige Ideen für zukünftige Projekte in meinem Kopf. Ich habe früher in anderen Bands gespielt. Da gibt es noch einige Bekanntschaften und Freunde, mit denen ich auch heute noch im Austausch bin. Wir werden sehen was die Zukunft bringt.

"Es gab Momente, in denen wir alles hinterfragt haben"

Ihr seid jetzt seit zehn Jahren als Band unterwegs. Ist das etwas Besonderes für dich? Oder ist 2019 für dich ein Jahr wie jedes andere?

Diese Zahl bedeutet mir unheimlich viel. Zehn Jahre! Wow! Das ist einfach nur krass. Wenn man bedenkt, was wir als Band schon alles mitgemacht haben, dann macht mich dieses Jubiläum wirklich stolz. Ich meine, Tino (Valentino Arteaga, Drummer) und ich, wir sind die einzigen, die noch von den Anfangstagen übrig sind. Und wir beide haben in dieser Zeit wirklich viel erlebt. Dass wir jetzt schon zehn Jahre am Start sind, ist wirklich unglaublich.

Ihr habt in diesen zehn Jahren unheimlich viel erreicht: Ihr spielt die größten Hallen, seid in der ganzen Welt unterwegs und verdient gutes Geld. Bist du wunschlos glücklich?

Ich bin glücklich, definitiv. Ich bin sogar sehr glücklich, und ich weiß das alles sehr zu schätzen. Aber ich habe natürlich auch noch Wünsche und Träume, ganz klar.

Die wären?

Nun, so spontan… Wenn es ausschließlich um die Band geht, dann würde ich mich freuen, wenn irgendwann mal ein Album von uns eine Gold-Auszeichnung bekäme. Im Metalcore-Genre sind nicht viele Bands unterwegs, die so viele Leute erreichen. Wenn wir das mal schaffen, wäre ich ein noch glücklicherer Musiker. (lacht)

Neben all den tollen Momenten musstet ihr aber auch das eine oder andere Tal durchqueren. Der größte Schock war wahrscheinlich der krankheitsbedingte Ausstieg eures ehemaligen Sängers Austin Carlile. Gab es zu der Zeit Überlegungen, die komplette Band in den Boden zu stampfen?

Es gab Momente, in denen wir alles hinterfragt haben. Das war definitiv so. Austins Ausstieg war ein Schock für uns alle. Ich meine, jedes Band-Mitglied ist wichtig. Aber wenn der Sänger geht, dann verliert die Band einen immens wichtigen Grundpfeiler. Ein, zwei Wochen nach der Entscheidung haben wir uns dann das erste Mal wieder zusammen als Band im Proberaum getroffen. Wir haben nicht viel geredet, einfach nur unsere Instrumente umgeschnallt und ein bisschen gejamt. Nach ein paar Minuten war da eine ganz besondere Aufbruchsstimmung zu spüren. Die Angst, dass alles zusammenbrechen könnte, war irgendwie weg.

Wir beschlossen dann, ohne einen Ersatz für Austin weiter zu machen, weil unsere Band auch immer wie eine Familie für uns war und auch immer noch ist. Und in einer Familie tauscht man die Mitglieder auch nicht so einfach aus. Aaron (Aaron Pauley, Bassist) hat dann Austins Gesangspart übernommen. Wir haben dann einen Strich unter die Vergangenheit gezogen und nach vorne geblickt.

Habt ihr heute noch Kontakt zu Austin?

Nur noch sporadisch. Austin geht jetzt seinen eigenen Weg. Er hat zu Gott gefunden und ist glücklich damit. Das freut mich für ihn.

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