Google will einen Streamingdienst gründen und droht den Indie-Labels, ihre Inhalte zu sperren. Die wehren sich und schalten die EU-Kommission ein.

Berlin (mab) - Längst nicht mehr ernährt sich YouTube ausschließlich von Home- und Katzenvideos. Einen Großteil des Angebots macht mittlerweile die Musik aus. Independent Labels stellen bis zu 30 Prozent dieser Inhalte. Nun droht der Internetriese jedoch, den kleinen Labels den Saft abzudrehen und sämtliche Clips zu sperren – sofern sie die neuen Bedingungen nicht annehmen.

Der Hintergrund: Im Herbst will YouTube seinen eigenen Musik-Streamingdienst launchen. Die Deals mit den Majorlabeln stehen offenbar bereits fest. Nur mit den kleinen, unabhängigen Unternehmen erzielte die Plattform bislang noch keine Einigung. Der Verband unabhängiger Musikunternehmen (VUT) erklärt seinen Standpunkt folgendermaßen: "Die von YouTube gestellten Vertragsbedingungen sind ungünstig und nicht verhandelbar."

"Ein außer Kontrolle geratenes Monopol"

Gemeinsam mit dem Worldwide Independent Network (WIN) und dem Indie-Verband IMAPLA zieht der VUT nun vor die Europäische Kommission, weil YouTube nicht bereit ist, die Forderungen zu zurückzunehmen. Auch die Featured Artists Coalition (FAC) ist inzwischen Teil des Vorstoßes.

"Regulatorische Maßnahmen werden als essenzielle Schutzmaßnahme gegen missbräuchliches Verhalten angesehen sowie als Instrument, um den Wettbewerb und die Vielfalt im digitalen Musikmarkt zu fördern", meint der VUT und verlangt von der EU das geplante Sperren der Videos zu unterbinden sowie YouTube von weiteren Sanktionen abzuhalten. Vorstand Mark Chung bezeichnet das Vorgehen YouTubes und dessen Mutterfirma Google als "verachtenswert. Google ist ein lügendes spionierendes Monopol, das außer Kontrolle geraten ist."

Anhaltender GEMA-Konflikt

Jörg Heidemann, stellevertretender Geschäftsführer des VUT, ergänzte: "YouTubes Vorgehen ist Gift für eine reiche und vielfältige Kulturlandschaft, die nur auf der Grundlage einer fairen Vergütung für Künstlerinnen und Künstler sowie den KMU der Musikwirtschaft gedeihen kann."

Das erinnert sehr an den andauernden Konflikt zwischen YouTube und der GEMA. Seit Jahren weigert sich die Plattform, mit der deutschen Verwertungsgesellschaft einen Kompromiss einzugehen und Gebühren abzutreten, was zu weitreichenden und zunehmenden Videosperrungen führte.

Ein Internet der Superstars?

So gern die Indie-Konzerne auch die Vormachtstellung YouTubes im Musikbereich relativieren würden – auch Google ist ein wirtschaftliches Unternehmen, das eigene Interessen verfolgen muss. Und andere Videoplattformen wie MyVideo beteiligen die Labels zwar mehr am Gewinn und haben GEMA-Abkommen, besitzen jedoch lange nicht die Reichweite der Firmenpartnerschaft YouTube/Google. Wenn andere Unternehmen diesen Vorteil nutzen wollen, müssen sie sich eben über die Konsequenzen im Klaren sein.

Musiker Billy Bragg bringt einen interessanten Punkt ins Spiel: "YouTube schadet sich selbst. Ich glaube nicht, dass Musikfans für ein minderwertiges Produkt ohne Indie-Repertoire bezahlen würden." dazu Ed O'Brien, Radiohead-Gitarrist und Co-Chairman der FAC: "Wenn YouTube seine Drohungen umsetzt, würde das zu einem Internet der Superstars und Big Businesses führen."

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