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Dani Fromm

Album des Jahres: Glauque. Das hab' ich inzwischen so vielen Leuten erzählt, dass tatsächlich das Unfassbare passiert ist: Ein Album einer belgischen Untergrund-Rap-Crew, noch dazu ein französischsprachiges, hat es in die Top Ten unserer Jahrescharts geschafft. Verrückt.

Warum steht dann nicht das Cover von "Les Gens Passent ..." da oben? Warum auch nicht Aesop Rock, wo doch jeder und seine Mutter weiß, dass der die Pole Position im meinen Jahresrankings eigentlich abonniert hat, wenn er irgendwas veröffentlicht?

Tja.
Weil.

Weil am 30. Dezember das noch Unfassbarere passiert ist: Torsun Burkhardt ist gestorben. Oder abgeschwirrt, in die unendlichen Weiten des Alls. Man hätte vorbereitet sein können, sein sollen: Er hatte ja keinen Hehl aus seinem Zustand gemacht. Wir wussten es alle: Der Krebs hatte ihn am Wickel, am Ende im Würgegriff. Gebrochen hat er ihn nicht, aber er hat ihn uns weggenommen, und während ich noch darüber nachdenke, wie zum Schreien ungerecht das ist, heule ich schon wieder in die Tastatur. Wie im Sommer, als ich versucht habe, über "Songs To Discuss In Therapy" zu schreiben und dabei das makabere Gefühl nicht loswurde, verfrüht einen Nachruf zu verfassen.

Damit war ich aber nicht allein, schätze ich. Torsuns offener Umgang mit seiner Krankheit und der Tatsache, dass sie sich nicht mehr wird besiegen lassen, führte dazu, dass quasi alles, das über ihn, sein Album, seine verflossene Band und seine neue, geschrieben oder gesprochen wurde, einen leise traurigen Grabreden-Vibe bekam. Ob er das gewollt hat? Eher nicht, er arbeitete ja auch bis ganz zuletzt mit unverfrorenem Galgenhumor dagegen an. (Last Christmas, MY ASS!) Allerdings hatte das den Nebeneffekt, dass er die vielen freundlichen Dinge, die so, so viele Menschen über ihn zu sagen hatten, noch mitbekommen hat. Ob er DAS gewollt hat? Uns egal, Torsun! WIR wollten, dass du es weißt.

... und wir wollten, dass jede*r weiß, was alle wussten, die je mit dir zu tun hatten: Was für ein verdammt guter Typ du doch gewesen bist. Ein aufrechter Überzeugungstäter mit unverhandelbaren Werten, aber trotzdem kein bisschen verbohrt, sondern - glaube, das hat mich immer am meisten geflasht - allzeit offen, zugewandt, ehrlich interessiert an deinem Gegenüber, an Musik, an Gesprächen, an Austausch im besten Sinn. Oh, Mann. Die Welt bräuchte nicht weniger von diesen verrückten Vögeln, wie du einer warst. Sie bräuchte mehr.

Aber hilft ja nix: Dieser Kampf geht nicht weiter. Er ist vorbei. Zum Glück ist er das.

Adieu, Torsun.
I hope ... ach was, I KNOW you're an asteroid now.
Guten Flug.

  1. Glauque - "Les Gens Passent, Le Temps Reste"
  2. Aesop Rock - "Integrated Tech Solutions"
  3. Torsun & The Stereotronics - "Songs To Discuss In Therapy"
  4. Danny Brown & Jpegmafia - "Scaring The Hoes"
  5. Ashnikko - "Weedkiller"
  6. Bibiza - "Wiener Schickeria"
  7. Malonda - "Mein Herz Ist Ein Dunkler Kontinent"
  8. Sampha - "Lahai"
  9. Grim 104 - "Ende Der Nacht"
  10. Queen Omega - "Freedom Legacy"
  11. Earl Sweatshirt - "Voir Dire"
  12. Jlen Ngonda - "Come Around And Love Me"
  13. Patrice - "9"
  14. Doja Cat - "Scarlet"
  15. Genesis Owusu - "Struggler"
  16. Slowthai - "UGLY"
  17. Yetundey - "Primetime"
  18. Edgar Wasser - "Der Ruf Der Leere"
  19. Satarii - "Cyberpunch"
  20. Travis Scott - "Utopia"
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