5. April 2005

"Man sollte Morrissey dringend Koks schicken!"

Interview geführt von

"Hooky und Stephen frühstücken noch", informiert mich Promoter Sven am Fahrstuhl der Hotellobby gerade, da traben die zwei müden Gestalten auch schon auf uns zu, Kaffee in der Hand, britische Höflichkeit auf der Zunge. Äußerlich bevorzugt Morris textiles Understatement, Hook hingegen wahrt mit Mützchen und einem rosafarbenen, an der Schulter maschinell durchlöcherten T-Shirt sein Paradiesvogel-Image. Auf dem Weg in den zweiten Stock stellen wir uns vor, während ich mit der anderen Hand erfolglos in meiner Umhängetasche nästele, um das Mikrofonkabel schon mal in den Minidisc-Rekorder zu stecken. Jau, endlich mal wieder richtig aufgeregt. Wie damals bei Dave Gahan, was ja bekanntlich nicht im Guten endete.

Doch Hook und Morris, Bassist und Drummer von New Order, geben keinen Anlass für Beunruhigung. Als wir ihre Suite betreten, inspiziert Hook sogleich interessiert die Getränke-Auswahl und bittet Sven danach in beinahe unterwürfigem Ton um einen Red Bull. Obendrein hat der massige Bassist eine besänftigend ruhige Stimme und nennt natürlich einen wunderbaren Nordengland-Slang sein Eigen. Morris kann da locker mithalten, ist zusätzlich Meister in der Disziplin des Worte-Dehnens und des Schluckens ganzer Vokal- und Konsonantenreihen. Die gute Laune der beiden ist dennoch ansteckend. Wie ein altes Ehepaar ergänzen sich der redseligere Hook, der mitunter beim Reden freudig schmatzt, und der gewitzte, nicht weniger auf Pointen bedachte Morris.

Peter, du erinnerst dich ja sicher an unser Telefonat im Dezember 2002, als ihr euch nach einem ausgedehnten Urlaub gerade erst wieder getroffen hattet. Du meintest damals, ich hätte gerade die erste Probe für das neue New Order-Album unterbrochen, worauf ich bis heute stolz bin. Wie viele Proben lang hat der Gewöhnungsprozess denn gedauert und welcher Song flutschte euch als erstes aus den Fingern?

Hook: Christ, die erste Probe! (lacht) Weißt du, lustigerweise spielt es keine Rolle, wie lange man die anderen nicht sieht. Ist man plötzlich wieder zu viert zusammen, kommt alles sofort wieder zurück. Du stehst einfach für deinen Gepäckschein an und bekommst ihn. Wir sind jetzt schon so lange zusammen, dass es wie in einer Familie ist. Du kannst dir zwar deine Freunde aussuchen, aber eben nicht deine Familie.

Morris: Es ist wie damals, wenn man als Schüler nach den Sommerferien wieder zur Gruppe zurück kommt. Am Anfang tut jeder etwas betreten, aber irgendwie läuft es dann doch wieder.

Hook: Einer der ersten Songs, die wir hinbekamen, nachdem Phil (der neue Gitarrist, Anm. d. Red.) zu uns gestoßen ist, war "Lordsy", ähh, wie heißt der jetzt? "Who's Joe"! (lacht). Nachdem wir die Festivaltour mit "Get Ready" hinter uns hatten, trafen sich zunächst Bernard, Steven und ich, um neue Ideen auszuarbeiten. Dann haut Bernard für gewöhnlich ab, um sich über den Gesang Gedanken zu machen. Damit wir in der Zwischenzeit nicht Däumchen drehen müssen, kamen wir auf die Idee, Phil zu uns zu holen, der schon auf der Tour unser Live-Gitarrist war. Einfach nur, um zu sehen, ob man gemeinsam etwas zustande bringt. Wir fingen also an zu schreiben, und es stellte sich heraus, dass Phil hervorragend zu uns passte. Er verstand die Route, die wir im Auge hatten, auf Anhieb und kam auch nicht an, um Dinge zu verändern. Anders gesagt: Nicht New Order musste sich ihm fügen, sondern er fügte sich New Order an. Ähh, macht der Satz Sinn?

Morris: Was Phil allerdings sehr veränderte, war unser Output. Normalerweise ist es so, dass wir gemeinsam eine Idee ausarbeiten, die Bernard dann mit zu sich nimmt, um in aller Ruhe am Gesang zu arbeiten. Währenddessen haben wir in der Regel nichts zu tun. Da nun aber Phil da war, konnten wir einfach weitermachen. Immer wenn Bernard zurück kehrte, hatten wir in der Regel schon wieder drei neue Ideen für ihn. Ich glaube, das hat ihm ein bisschen gestunken (lacht).

Hook: Phils jugendlicher Enthusiasmus hat Steven und mich natürlich zusätzlich angespornt. Am Schluss hatten wir tatsächlich 21 Ideen beisammen, und dieses Tempo hat Bernard zunächst überhaupt nicht gefallen (imitiert Bernard): "Ohhh, uhhh, fockin' hell, I wonna be the vocalist, you know, ohooo, uhhh". Tja, wir hatten halt einfach zu viele Ideen für ihn und sollten dann eben aufhören zu jammen. Aber so kam unter anderem auch "Lordsy" zustande, der so heißt, weil er uns an "Days Of The Lords" von Joy Division erinnert.

Morris: Der Song heißt jetzt aber "Who's Joe".

Hook: Ja ja, ich weiß. Und der neue Titel gehört sogar zu meinen Lieblingen.

Obwohl ihr eine Keyboarderin für einen Gitarristen ausgetauscht habt, klingt euer neues Album erstaunlicherweise nicht härter als "Get Ready".

Morris: Auf "Get Ready" waren schon viele Gitarren zu hören. Aber damals hatten wir nur einen einzigen Produzenten, so dass das Album in sich insgesamt auch klar und stimmig klang. Dieses Mal wollten wir ganz bewusst verschiedene Dinge austesten und mehr experimentieren. Daher auch die Idee, mehrere Produzenten einzuladen.

Das stand von Anfang an fest?

Morris: Nun, es gab anfangs ein paar Vorbehalte, aber dann redeten wir uns zu, es einfach auszuprobieren. Die Marschrichtung lautete: Wir gehen da jetzt rein und schauen, was passiert. Das ist immer ein bisschen wie Lottospielen. Wir machten das zum einen mit Stephen Street, was schonmal fantastisch war, er und Cenzo ...

Hook: C-E-N-Z-O.

Morris: Genau, Cenzo, der Typ bezahlt uns für jede öffentliche Erwähnung seines Namens (alle lachen). Die Arbeit mit den beiden schien sogar immer besser zu werden. Als danach John Leckie an der Reihe war, merkten wir erst, wie schnell die Arbeit mit den anderen beiden vonstatten ging. Wir verlangsamten das Tempo mit ihm also ein wenig. In dieser Phase merkten wir außerdem, dass Songs wie "Who's Joe" gar keiner großartigen Produktion mehr bedurften, so dass wir uns gleich selbst darum kümmerten.

Als vierter Produzent im Bunde war auch Stuart Price bei euch zu Gast. Beruht diese Wahl auf eurer Zuneigung für seine Band Zoot Woman?

Hook: Ist das seine Band?

Morris: Ja, Les Rhythmes Digitales war seine erste Band, danach gründete er Zoot Woman.

Hook: Ah, alright. Nein, Stuart wurde uns empfohlen. Es ist lustig, denn er ist für einen meiner absoluten Lieblingssongs verantwortlich und für einen, den ich nicht so toll finde.

Welchen Song meinst du?

Hook: "Guilt Is A Useless Emotion". Mit dieser Nummer bin ich nicht zufrieden.

Dann kommt sie wohl auch nicht auf's neue Album.

Hook: Oh doch, denn leider wurde ich überstimmt (beide lachen). Stuart Price machte mich also nur zur Hälfte glücklich, "Jetstream" ist großartig geworden, aber "Guilt" endete eben nicht wirklich nach meinem Geschmack.

Die neue Single heißt "Krafty", ein Ausdruck, der nicht in den gängigen Dictionarys vorkommt.

Hook: Kennst du Kraft-Käse? Der kommt doch sogar aus Deutschland, nicht wahr?

Ja sicher, aber ...

Morris: Ach quatsch, hör' einfach nicht auf ihn! (Hook bekommt einen Lachanfall) Aber er kann eigentlich nichts dafür, denn er versucht nur, das Unerklärbare zu erklären.

Hook: Nein, also wir nannten den Song "Krafty", weil er uns ein wenig an Kraftwerk erinnerte.

Morris: Es ist mittlerweile eine Tradition bei New Order, dass wir irgendwann Songs beisammen haben, denen der Titel fehlt. Auf "Power, Corruption & Lies" gibt es zum Beispiel den Song "Your Silent Face", der ursprünglich auch nur ein Arbeitstitel war, aber schon damals fiel niemandem etwas besseres ein. Mit "Krafty" sind wir nun wieder soweit: It's the Kraftwerk one.

Hook: Gestern haben wir übrigens Karl Bartos getroffen, der uns erzählt hat, dass Kraftwerk früher auch schon ihren internen New Order-Song hatten. Toll, was? Man könnte glatt eine Revolution anzetteln. Der Song "Working Overtime" lief bei uns lange Zeit als Primal Scream-Nummer. Aber zurück zu dem Produzenten-Ding: Vor allem Bernard hatte in seiner Zeit mit Electronic (Bernards Nebenprojekt, Anm. d. Red.) ein paar schlechte Erfahrungen damit gemacht. Er war deshalb der Meinung, nicht allzu viele Vereinbarungen zu treffen, bevor man nicht miteinander gearbeitet hat.

Das Ergebnis ist, wie Steve schon sagte, ein Experiment. Manches klappte eben und manches nicht, wobei ich das nicht im Sinne von Auseinandersetzungen meine. Bei Stephen Street und Cenzo, C-E-N-Z-O, machte es einfach sofort "Klick". Es fühlte sich ganz natürlich an. Somit hatten wir auf Anhieb einen sehr hohen Qualitäts-Maßstab geschaffen (lacht), sehr zu Ungunsten der anderen Produzenten (prustet los).

Letztes Jahr sind The Cure mit jungen Bands auf Tournee gegangen, die die Engländer als Inspiration und Jugendidole anhimmeln. Könntet ihr euch das auch für New Order vorstellen?

Morris: Nun, langsam haben wir eher das Problem, dass wir keine Bands mehr finden, die älter sind als wir. (allgemeines Lachen)

Hook: Haben The Cure uns auch als Inspiration angegeben? Die haben uns ja verdammt nochmal bis zum Hals abgekupfert, diese elenden Bastarde.

Morris: Meinst du, ob wir mit jungen Bands auch arbeiten würden?

Nein, eigentlich wollte ich wissen, ob es euch gefallen würde, mit Bands zu touren, die euch vergöttern. Bei The Cure waren das Interpol, The Rapture und Mogwai.

Hook: Oh, klingt wie eine New Order-Tribute-Nacht. (allgemeines Lachen)

Morris: Nun, wir könnten das tun ...

Hook: ... wenn wir auf Tour gehen wollten ...

Morris: ... wenn wir denn etwas vorhätten, was man landläufig unter dem Wort Tour subsummiert ... Also ich könnte mir vorstellen, dass es zusammen mit Interpol oder wem auch immer mit der Zeit etwas eintönig werden könnte. Ich denke, dass es besser ist, mit einer unbekannten, frischen Band zu touren.

Hook: Ich verrate dir jetzt mal ein Geheimnis: Promoter, die eine alte Band auf Tour schicken, holen für gewöhnlich eine junge und angesagte Band ins Boot, damit auch junge Leute in den Konzertsaal kommen. Ich bezweifle, dass die Auswahl der Bands bei The Cure lag. Die haben sicher nur gesagt (verstellt die Stimme leidend): Oooh, yeehh? Sind die denn auch gut? Nee, hab' ich noch nie gehört. New Order? Ja, die sind gut.

Nein, es lief eigentlich schon andersherum, auf ausdrücklichen Wunsch von The Cure. Zu New Order melden sich derzeit ja auch genug Bands zu Wort, zum Beispiel The Bravery ...

Hook: ... and that's very brave of them! (lacht sich kaputt)

In Deutschland sind sie noch nicht bekannt.

Morris: In England auch nicht.

Hook: That's very brave of them! (schaut mich fragend an) Hast du das drauf? Nein, also mal ernsthaft: wie klingen The Bravery denn?

Ich habe auf ihrer Homepage nur kurz in zwei Songs reinhören können, New Order sind da sicher dabei, allerdings waren beide Songs auch extrem poppig, also vielleicht in Richtung Duran Duran vor ungefähr ...

Hook: entrüstet: Was? Also für mich ist das schon alles ein wenig seltsam, seit wir wieder zurück sind. Man wird ja pausenlos mit einer Unmenge an Bands in einen Topf geschmissen. Die allerschlimmste Verfehlung war ironischerweise, als wir mit Marion verglichen wurden, der ehemaligen Band unseres Gitarristes Phil. Die NME-Headline dazu lautete: "Die zweitklassigen Joy Division". Da habe ich mich wirklich gefragt, wie man wohl drauf sein muss, um so etwas auch noch aufs Cover zu drucken. Das ist doch eine absolute Beleidigung. Ich meine, es mag natürlich herzzerreißend für eine neue, junge Band sein, mit Joy Division oder New Order verglichen zu werden, aber doch nicht auf diese Art und Weise.

Eine andere Manchester-Legende, die gerade wieder immensen Erfolg genießt, ist Morrissey.

Hook: Well, er war aber nie wirklich weg, oder?

Morris: Wir trafen Morrissey mal am Flughafen in Dublin, nachdem wir diesen Gig mit den Chili Peppers gespielt hatten (im Sommer 2002, Anm. d. Red.). Wir warteten gerade auf den Flug nach Manchester und Gillian unterhielt sich aufgeregt mit ihm, schließlich ist sie ja ein großer Morrissey-Fan. Naja, und er jammerte ihr die ganze Zeit vor, dass er keinen Plattenvertrag bekäme, dass ihn niemand leiden könne usw.

Hook: Sagte sie ihm, dass dies daran liege, dass er ein Trottel ist? (lacht)

Morris: Wer weiß ... er stand jedenfalls da wie ein begossener Pudel. Armer Morrissey, niemand will dir einen Plattenvertrag geben. (lacht) Na jedenfalls war ich nicht zuletzt aufgrund dieser Geschichte schon ein klein wenig überrascht, als uns Morrissey dann kürzlich wieder erschien, um den ihm zustehenden Platz als König des Universums einzunehmen.

Hook: Sein Album ist wirklich gut und die Single ist großartig. Was er aber wirklich drauf hat, ist die unverschämte Art und Weise, mit der er es den Leuten in Manchester immer wieder reindrückt. Denn jeder einzelne Mensch in Manchester hasst Morrissey nunmal wie die Pest. Niemand hat dort ein gutes Wort für ihn übrig, denn jeder hatte eben schonmal irgendwie mit ihm zu tun, und Morrissey ist halt einfach ein ziemlicher Bastard. Aber ich liebe den Titel seiner neuen DVD ...

Morris: Oh ja!

Hook: Der Titel ist "Who Put The 'M' in Manchester"! Was für ein verdammter Drecksack! Wenn er da nicht schon Koks intus hatte, sollte man ihm für diese Aktion dringend etwas vorbei schicken. Fuckin' great! Er musste sich eine Zeit lang ja wirklich buchstäblich von jedem Einwohner fernhalten. Immer wenn er in Manchester oder irgendwo in der Gegend auftritt, checkt er höchstpersönlich die Gästeliste, um sicher zu gehen, dass ja niemandem Eintritt gewährt wird, der ihm dumm kommen könnte.

Klingt wichtig.

Hook: Und ob! Aber so ist das eben. Morrissey ist kein netter Zeitgenosse. Er ist einfach kein netter Mensch. Daran besteht nun wirklich kein Zweifel.

Wenn ihr zurück schaut, gab es da ja auch die ein oder andere schwierige Phase innerhalb der Band, Punkte, an denen man glaubt, nicht mehr weiter zu kommen. Könnt ihr nun, wo ihr nach der Trennung sogar besser miteinander auskommt als in den 80er Jahren, ein paar eurer Geheimnisse verraten?

Hook: Ich glaube, es steht schon im Vertrag, dass du dich streiten musst. Du beginnst eine Karriere freundschaftlich und fängst dann an, die anderen binnen kürzester Zeit elendig zu hassen.

Morris: Ich denke, wir streiten gar nicht so häufig.

Hook: Stimmt, wir ertränken den Frust lieber, was allerdings auch dumm ist. Wichtig ist auf alle Fälle Toleranz, Geduld und die Fähigkeit, Kompromisse schließen zu können. Das Schwierige an solchen Geschichten ist, dass es immer auf die Individuen ankommt. Ich habe gestern einen Artikel über Ray Davis und das Verhältnis zu seinem Bruder gelesen. Die haben sich ja ganz fürchterliche bekämpft. Richtig bösartig, aber die Kinks blieben trotzdem zusammen. Ich habe keine Ahnung, das Seltsame an einer Band ist, dass du immer die Balance halten musst, immer auf die Chemie achten musst. Unsere Sache funktionierte aufgrund dieser Chemie unter den Bandmitgliedern. Die Leute müssen sich allerdings nicht unbedingt mögen, wie man an den Stones sieht. Aber sie können zusammen arbeiten und etwas Besonderes erschaffen.

In einer jungen Band findest du das nirgends, denn junge Bands machen Musik nur aus Liebe und aufgrund des Wunsches, auszubrechen. Wenn sie das geschafft haben, und plötzlich Geld, Ruhm und Verehrung ins Spiel kommt, reagieren manche Menschen im Handumdrehen ganz anders. Bei einer Band wie The Darkness musst du zum Beispiel erstmal die nächste Phase abwarten. Das gilt auch für The Killers oder Interpol, die gerade über ihre erste Erfolgswelle hinweg gleiten. Den einzigen Rat, den du diesen Bands geben kannst, ist: Bleibt dabei! Denn egal mit welchen Leuten du zusammen arbeitest, es ist ein wunderbarer Job und ein tolles Leben.

Morris: Ich meine, wir könnten problemlos ein Buch darüber schreiben, was du in einer Band keinesfalls tun solltest, aber am Ende muss wohl jeder seine Fehler selbst machen.

Hook: Macht einfach nicht so viele.

Noch ein Wort zu dem Film über Ian und Joy Division, für den dieses Jahr die Dreharbeiten beginnen sollen. Seid ihr aufgeregt?

Morris: Mir schnürt es vor Spannung nicht die Kehle ab, wenn du das meinst. Das Problem ist, dass es ja eigentlich zwei Filme sind: der eine entsteht anhand der Notizen von Deborah Curtis' Buch "Touching From A Distance". Anton Corbijn will ihn drehen und unser alter Kollege Tony Wilson spielt den Executive Producer. Der andere behandelt die Geschichte von Joy Division, den Regisseur habe ich gerade vergessen, aber es ist eine US-Produktion und Moby hat auch seine Finger im Spiel. Es gibt also einmal eine Hollywood-Produktion und dann eine britische Hollywood-Produktion. Und ich glaube, es gibt nicht genügend Menschen auf der Welt, die gleich zwei Joy Division-Filme unterstützen. Einer wird wohl dran glauben müssen.

Und ihr unterstützt eher das Werk von Anton Corbijn?

Morris: (unerwartet energisch) Oh no! Nein, aber in erster Linie supporten wir jetzt mal unser neues New Order-Album. Wenn das vorbei ist, setzen wir uns vielleicht mal zusammen und reden mit den einzelnen Leuten über die Filme.

Hook: Was unsere Unterstützung angeht, wird das natürlich beiden Filmen zuteil. Moby ist ein toller Kerl. Anton Corbijn ist dagegen total verrückt, aber auch ein netter Kerl. Ich denke also, dass beide Projekte in Ordnung gehen. Wobei es uns einerseits schon amüsiert, wie relevant diese Dinge der Öffentlichkeit plötzlich erscheinen. Neulich sagte mir jemand, dass es nun 25 Jahre her ist, seit Ian starb.

Morris: Wirklich? Lasst uns eine Party feiern.

Hook: Tja. Und nun wird "Love Will Tear Us Apart" plötzlich in England als beste Single der vergangenen 25 Jahre für einen Brit Award nominiert. Das ist doch Wahnsinn! Dabei tun wir dafür gar nichts. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir zu sehr in die ganze Sache involviert sind, als dass wir verstünden, warum man das als so hochwertig und interessant ansieht. Ich glaube schon, dass beide Filme gut laufen könnten. Da haben sich gute Teams gefunden.

Morris: Ich finde, die sollten mal so richtig gegeneinander kämpfen, und der Gewinner sollte dann den Film drehen dürfen.

Habt ihr Favoriten für die Rolle von ...

Hook: ... von uns? Von Ian? Hmm, schwierig. Das gemeine daran ist ja, dass der Typ, der ihn in "24 Hour Party People" spielte, eigentlich unübertreffbar ist. Witzigerweise wurden all die Leute, die bereits tot sind, fantastisch gespielt, während die, die noch am Leben sind, mies gespielt wurden. Was Ian angeht, ohje, sollte ich es tun? Oder Arnold Schwarzenegger?

Jude Law ist im Gespräch.

Hook: Oh nein, nicht der. Vin Diesel vielleicht?

Morris: Hauptsache, mich spielt Rowan Atkinson. (allgemeines Lachen)

Letzte Frage: Wer wird nächstes Jahr Weltmeister?

Hook: Eine Fußball-Mannschaft.

Morris: Die, die die meisten Tore schießen.

Hook: Für England wird es spannend. Sven-Göran Eriksson und David Beckham sind ja beide unglaublich berühmt und beide werden dabei sein. Andererseits muss man auch zugeben, dass die glorreiche Zeit der beiden wohl eher in der Vergangenheit zu finden ist. Es wird deshalb sehr spannend sein zu sehen, wie die englischen Fans auf Beckham reagieren. Ich konnte mich jedenfalls kaum halten, als ich ihn im Fernsehen habe spanisch sprechen hören. Fuckin' hell! Ich meine, es war ganz sicher ein tapferer Versuch. Aber es sah eben einfach nur bescheuert aus und klang auch keineswegs cool. Oder hast du in der Zeitung die Bilder der Real Madrid-Fans gesehen, als sie die sieben Todsünden auf einem riesigen Banner hoch hielten? Unglaublich! Für sieben Real-Spieler gab es jeweils eine Todsünde. Beckham zeigten sie in einem Bild, wie er gerade Rebecca Loos vögelte. Seine Sünde war Gleichgültigkeit oder sowas ähnliches. Ist das nicht großartig? Das Team gehört praktisch den Fans.

Promoter Sven, der bereits zwei Minuten stoisch und ohne einzuschreiten Hookys Fußball-Ausführungen lauscht, macht nun deutlich, dass es Zeit für das nächste Interview-Team ist. Zu zwei Fotos reicht die Zeit natürlich noch, heftige Umarmung inklusive. Definitiv sind die zwei nicht weniger große Unterhalter als Musiker.

Das Interview führte Michael Schuh.

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT New Order

Neue Ordnung. Genau das ist es, was die Band aus Manchester Anfang der 80er Jahre, aber auch nach der Reunion im Jahr 2000 auszeichnet: der Drang, die …

Noch keine Kommentare