Porträt

laut.de-Biographie

Le Fly

Durchpflügt man die farbenfrohen Klanglandschaften von "Kopf Aus Fuß An" (2017) oder "La Vie, Oder Was?" (August 2022), ließe sich bei Le Fly eine Ska- oder Punk-Sozialisation wittern. Mitnichten. Die lustige Combo aus dem Reeperbahn-Viertel Sankt Pauli erwächst 2006 aus zwei Strömungen: "einer Hip Hop- und einer Rock-Fraktion, die sich gegenseitig witzig fanden", so Robert und Olli, die sich rückblickend beide dem Rock-Lager zurechnen.

Le Fly - La Vie, Oder Was? Aktuelles Album
Le Fly La Vie, Oder Was?
Von Dixi-Klos und anderen Festival-Katastrophen.

Beide Seiten kommen zu ihrem Recht, sind Le Fly doch "eine demokratische Gang". Sagt der Schlagzeuger, der sich aus der hinteren Bühnentiefe die sportlichen Wortduelle seiner beiden Frontleute anschaut: "Wenn man zwei agile Menschen vorne hat, ist das auch so stereomäßig", so Robert. Ein Liveset betrachtet die Band als "Sportprogramm". "Man lehnt sich rein in das Ding, und das überträgt sich dann. Da gibts die Hände-Parts, du rennst in die Ecken der Bühne, gehst auf die Leute ein und fühlst, was abgeht", beschreibt Rapper und Ko-Gründer Schmiddlfinga.

Alles ist möglich, aber bloß bitte nicht "steif an den Instrumenten kleben" - in puncto Showdesign hat die Hamburger von Seeed gelernt. Fox und Co. markieren bis heute die Messlatte, als "absolute Live-Champions League-Band". Und sogar das Fliegen pflegt man ja im Bandnamen. Der klingt zwar französisch, geht aber einfach als Best-Of aus zwei Namen früherer Formationen heraus. Der Facebook-Account hört auf den Slogan "Sankt Pauli Tanzmusik". Damit Le Fly die Herzen zufliegen, probieren sie eviel aus und locken gerne Genre-fremde Crowds aus der Reserve. Bis deren Beine in die Luft fliegen.

"Ich finds persönlich richtig geil am Metal-Festival, wenn da am Anfang alle mit verschränkten Armen stehen, bis die merken, dass sie mit uns 'ne gute Zeit haben. Wenn sie dann mit erhobenen Armen mitmachen, ist das die schönste Bestätigung", redet sich Schmiddlfinga in Fahrt. Genau diese Erlebnisse vermisste man während Corona. Die on-the-road-Erprobten merkten aber auch, "wie sehr einem das Konzertegucken fehlt, so Robert. Zumal sich die Gang gerade auf Konzerten voll auslebt.

Als "qualitativ top entertainende Liveband", bringt Manager Philipp den eigenen Anspruch auf den Punkt. "Das ist der Ansporn, warum wirs machen", stimmt Sänger Olli zu: "Wir wollten immer in erster Linie live Musik machen und hatten daran von Anfang an am meisten Spaß. Wenn Leute sich das reinziehen, und wir sie zum Lächeln und Bewegen bringen, das erfüllt einen. Ich mach' das so, ich pick' mir meist ein, zwei reserviertere Dudes aus dem Publikum raus und nehme mir vor: 'Dich krieg ich heute noch'."

Gerade die Sprünge der Band zwischen Stilen und Subkulturen fordert heraus. Obwohl Hamburgs Hip Hop anfangs eine Rolle spielt, ergeben sich vor allem Supportshows für Non-Hip Hop-Acts: Panteón Rococo, die Baseballs, The Offspring, befreundete Bands wie Das Pack. Die Hansestadt hatte "früher eine klarer definierte Hip Hop-Szene", erinnern sich Schmiddlfinga und Drummer Robert. "Größer und bunter" sei die Szene geworden, wenn es überhaupt noch eine ist, sowohl "muskulöser" als auch "veganer".

Was in der musikalischen Sozialisationsphase der Le Fly-Musiker noch Eimsbüttel und Eppendorf waren (Fünf Sterne Deluxe, Dendemann, Underground-Tipp Digger Dance, Delay & Co.), mag sich stilistisch heute vielleicht noch in Kwam.E spiegeln - und auch das nur von den Flows her, finden die Hansestädter. Dagegen clashen Shows von Das Pack mit Wortwitz und Moshpits - die härtere Gangart, Gitarren inklusive. Die prägt die Absicht hinter dem Le Fly-Tune "Hand In Hand", der auf Tour meist in eine Moshpit-Session mündet und damit als einer der wenigen Tracks immer "eine gesetzte Sache" ist, so Rhythmus-Boss Robert. Andererseits zieht es die Gruppe in eine "Hippie-Welt: alles friedlich, wo alle sich in den Armen hängen."

Trotz "Trümmerbruch im Fuß" und "Hundekacke an den Schuhen" im Songtext von "Alessio" (2022) geht es primär darum, eine lockere, gute Zeit zu haben. Le Fly arbeiten daran nach Kräften. Im Sauseschritt legt die Band an Popularität zu und mausert sich zum einzigen Act des Deichbrand-Festivals, der Jahr für Jahr für Jahr gebucht wird. "Zwei Punkte, wo ich merkte, da verändert sich was", benennt Robert als Turning Points in der Bandgeschichte an: "Der eine: Da haben wir in Hamburg gespielt, 2008, und da hab ich das erste Mal gemerkt, da kommen nicht nur Freunde und Freunde von Freunden, sondern Leute, die ich noch nicht kannte."

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"Ich dachte, so viele Freunde hab ich gar nicht", staunt auch Olli. "Und das andere war Deichbrand 2013. Wir waren die erste Band an dem Tag. Dadurch hatten die Leute keine andere Möglichkeit, als erst mal uns anzugucken. Bis zum Ende wars dann voll. Ein paar Tausende haben mitgemacht, quasi eine Sackgasse geformt und waren mit den Armen am Rudern. Viele sind aus dem Zelt gekommen, und du hast denen angesehen, die hatten schon ihren leichten Glimmer. Seitdem finden wirs schön, als Erstes zu spielen", bewerten die Sankt Paulianer, ein wohl eher ungewöhnliches Bekenntnis.

An der Elbe kennen mittlerweile so viele die Doppelfront-Kapelle als "derbste Konzert-Zerleger unter den zeitgenössischen deutschen Live-Bands" (Eigenwerbung im PR-Text), dass man einen gehörigen Erwartungsdruck verspürt und gerne auch fernab der Heimat spielt. Zumal: Nach den Alben "St. Pauli Tanzmusik", "Grüß Dich Doch Erstmal!", "Kopf Aus Fuß An" und der Live-DVD "Live In Hamburg - Große Freiheit 36" haben die fünf plus vier Mitglieder genügend tanzbares Material beisammen, um jedem Set eine ganz individuelle Tracklist und einen spezifischen Groove zu verpassen.

Dabei legt Label-Chef Philipp wert darauf, dass die Musik auch auf Platte gut klingt und statt eines nahe liegenden Stilfusion-Mischmaschs jedes Lied klare Kante zeigt. So erwächst laut Rapper Schmiddlfinga eine "Moment-Energie pro Song". Zu einem seiner lyrischen Vorbilder rechnet er K.I.Z., und auch Robert kennt "wenig Brillanteres auf der textlichen Ebene".

Geht es um das Stichwort Crossover, liegen Skindred nicht weit. Sänger Olli findet sich "auf den 90ern hängen geblieben: Foo Fighters, Muse, Radiohead" heißen seine Helden. Während das Spektrum auf "La Vie, Oder Was?" von schon deutliche Reggae- und Punkrock-Anklänge vereint und stellenweise den Toten Hosen auf Uptempo gepitcht nahe kommt, überrascht es punktuell mit Zeilen zum Thema Klima und musikalisch gar mit Salsa.

Auf gesellschaftspolitischer Ebene möchten sich Le Fly aber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen: "Wir sind zwar alle nicht Leute, die krass viel Auto fahren, aber wir wollen niemandem etwas aufzwingen und sind keine Erklärbär-Gang", betont Robert. "Fuck Greta"-Aufkleber auf SUVs findet er indes schon lustig, denn die zeigen ja, dass Leute sich zum Beispiel von Fridays for Future empfindlich provoziert fühlen - sich also etwas bewegt. Und musikalisch bleibt das Kriterium: "Nicht verschlossen sein: Was einem zufließt und so sehr gefällt, dass mans gerne übernimmmt", sagt Sänger Olli, das darf gerne mit rein in den knallbunten Le Fly-Sound.

Alben

Termine

Sa 10.08.2024 Georgsmarienhütte (Festivalgelände)
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    Sankt Paulis Punk-Funk-Ska in Bildern.

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  • Frontmann, der eine - offiziell

    Der MC von Le Fly und seine Projekte.

    https://www.schmiddlfinga.de/
  • Auch auf DVD, hier auf YouTube

    Mehrstündiger Mitschnitt - wie eine große Party.

    https://youtube.com/watch?v=zh-BnujGmH0

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