Porträt

laut.de-Biographie

Jay Electronica

Superproduzent Just Blaze bezeichnet ihn als "brother from another mother". Soul-Diva Erykah Badu sieht in ihm eine "mystical creature with bow and arrow on the back with wings on it". Offensichtlich hat der Rapper Jay Electronica bei einigen Menschen mit Rang und Namen im Hip Hop-Zirkus einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Bei der breiten Hörerschaft hat sein Name aber noch nicht die Runde gemacht. Denn Jay Electronica ist auch ein Eigenbrötler, ein Freigeist, der sich nicht um Konventionen schert. Und Jay Electronica mag es offensichtlich, sich ein wenig geheimnisvoll zu geben.

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Geboren in New Orleans verbringt er nicht lange an einem bestimmten Ort. Er lebt in Atlanta, Detroit, New York und Philadelphia und kommt dort mit ganz verschiedenen Musikern in Kontakt. Einer geregelten Beschäftigung geht er dabei nicht nach. Teilweise lebt er anscheinend sogar auf der Straße. Der Traum Musiker zu sein, den er seit seinem elften Lebensjahr hat, gestaltet sich schwieriger als erwartet. Und das obwohl im diverse große Namen des Genres eine große Zukunft prophezeien.

Während seiner Zeit in Detroit kollaboriert Jay mehrfach mit Namensvetter Jay Dee und dem D12-Mitglied Mr. Porter. Es entstehen einige Songs, die die Öffentlichkeit aber nicht erreichen. Im Juni 2004 schreibt die Source zwar über Jay Electronica in ihrer Unsigned Hype-Kolummne, das dort angekündigte Album "Rectro-Electro" erscheint aber nicht. Als wären Beats von J Dilla, Nottz und DJ Hi-Tek nicht Grund genug für einen mehr oder weniger erfolgreichen Release. Die Gründe liegen im Dunkeln. Jay Electronica ist offensichtlich nicht ein ganz herkömmlicher Künstler. Da verwundert es auch nicht, dass der Abschluss eines Plattenvertrages für Diddys Bad Boy Records zur gleichen Zeit nicht zustande kommt.

Jay Electronica verschwindet und taucht zwei Jahre später wieder auf. Just Blaze, Produzent von Jay-Z und einigen anderen Rappern dieser Klasse, spricht auf seinem Blog von einem neuen Rapper, dem er eine große Zukunft voraussagt. Der Name Jay Electronica geistert durch das Internet, Jay Electronica springt auf diesen Zug auf und veröffentlicht auf seiner MySpace-Seite das Mixtape "Act 1: Eternal Sunshine (The Pledge)". Auf knappen 16 Minuten, von denen sechs Minuten lang Just Blaze und Erykah Badu begeistert von Jay erzählen, präsentiert er sein Rap-Talent über Filmmusik aus "Eternal Sunshine Of A Spotless Mind" (die Original-Version von "Vergiss Mein Nicht") und "Charlie und die Schokoladenfabrik". Ohne Drums oder Hooks; ganz anders als alles, was im Hip Hop zu hören ist.

Im gesprochenen Intro erwähnt Erykah Badu außerdem, dass sie aus Begeisterung für Jay ein eigenes Label gegründet hat. Bei Control FreaQ Records findet Jay Electronica schließlich seine Labelheimat und beginnt mit der Arbeit seines (zweiten) Debüts. Die Zwei verstehen sich offensichtlich auch abseits des Studios sehr gut und werden ein Paar.

Im Internet tauchen immer mehr Songs von Jay auf, auf denen er ganz unterschiedliche Seiten zeigt: Battle-Tracks, deftige Kollaborationen mit Guilty Simpson und Mr. Porter, eine Nas-Hommage und einige Beats von J Dilla. Zahlreiche Videos auf Youtube können das Mysterium Jay Electronica trotzdem nicht auflösen. Es existieren nur wenige Bilder. Er bleibt ungreifbar, kündigt aber noch vor Veröffentlichung seines Debüts zwei weitere Teile seiner "Eternal Sunshine"-Reihe an.

Jay bleibt auch in den Folgejahren sehr bedeckt und still, arbeitet nur vereinzelt mit Künstlern zusammen. 2010 kollaboriert er mit Mos Def auf "The Day" und "Just Begun" oder auch mit The Game und Swizz Beats in "Higher". 2013 hört man ihn sowohl auf Mac Millers zweitem Album im Song "Suplexes Inside of Complexes and Duplexes" als auch in der Single "Control" zusammen mit Big Sean und Kendrick Lamar. 2014 im Remix zu "Kingdom" mit Vince Staples und Common sowie 2016 in "How Great" mit Chance The Rapper.

Jay Electronica - A Written Testimony Aktuelles Album
Jay Electronica A Written Testimony
Raffiniertes Debüt mit Jay-Z im Inkognito-Modus.

Im März 2020 veröffentlicht der Mann aus New Orleans nach knapp elf Jahren sein Debüt "A Written Testimony". Auf acht der zehn Songs hört man Jay-Z, der nicht namentlich erwähnt wird. Zudem gesellen sich noch die beiden Rapper The-Dream und Travis Scott in die Featureliste, Rihanna wird gesamplet und James Blake haucht auch ein paar Zeilen ins Mikrofon.

Vordergründig geht es um seinen Glauben zum Islam und lässt auch Louis Farrakhan, Führer der afro-amerikanischen Glaubensgruppierung "Nation of Islam" zu Wort kommen. Allerlei religiöse Anspielungen, Rassismus und Metaphern sind die bestimmenden Themen.

Im gleichen Jahr veröffentlicht Jay ein weiteres Demo-Album: "Act II: The Patents Of Nobility (The Turn)". Auf mitunter sehr kurzen 16 Songs kommen Serge und Charlotte Gainsbourg, The-Dream, LaTonya Givens, The Bullits und natürlich Jay-Z zu Wort. Zudem befindet sich mit "Shiny Suit Theory" ein Track vom Debüt darauf. "Act II" kommt im Feuilleton gut an und Pitchfork setzt es auf Platz 14 ihrer besten Alben des Jahres.

Jay Electronica ist ein wahrlich besonderes Kerlchen, der sich nicht um den Zeitgeist kümmert, sondern sein Ding durchzieht und schon mal eine Weile braucht, bis er Alben oder Mixtapes veröffentlicht. Dabei besitzt er einen unverkennbaren, prägnanten Stil und seine lyrische Finesse sucht seinesgleichen. Zudem trägt er seinen Glauben stolz zur Schau, ohne dabei unangenehm oder peinlich zu sein.

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