12. Juli 2016

"Wir hoffen das Beste und erwarten das Schlimmste"

Interview geführt von

Im Interview spricht Troy Sanders über seine neuen Kollegen, zu viel Musik und zu wenig Zeit.

Ein Blick auf die Besetzungsliste genügt, um Sabber-Tsunamis in den Mündern von Fans intelligenter US-Rockmusik auszulösen. Troy Sanders (Mastodon), Troy Van Leeuwen (Queens Of The Stage) und Tony Hajjar (At The Drive-In) haben sich gemeinsam mit Multiinstrumentalist Mike Zarin im Proberaum eingeschlossen, um an einer gemeinsamen Platte zu werkeln. Sanders verriet uns nun, warum es in Zukunft aber in eine ganz andere Richtung gehen könnte.

Troy, eure erste EP ist draußen. Mit welchen Erwartungen gehst du jetzt weiter an Gone Is Gone ran?

Wir sind sehr, sehr gespannt! Es ist einfach eine verdammt große Sache, wenn etwas, in das du so viel Arbeit gesteckt hast, als fertiges Package in die weite Welt rausgeschickt wird. Wir sind verdammt stolz – richtige Erwartungen haben wir aber nicht. Meine Herangehensweise an Kunst ist seit jeher, dass du deine Schöpfungen wirklich lieben musst. Und genau das tun wir vier. Jetzt geben wir die Musik frei und hoffen auf das Beste, aber erwarten das Schlimmste.

Supergroups scheinen ja gerade wieder in zu sein, schließlich ist dein Mastodon-Kollege Brent Hinds gerade auch mit Giraffe Tongue Orchestra unterwegs. Kannst du mit dem Begriff Supergroup überhaupt etwas anfangen oder zockst du einfach Musik mit ein paar Freunden?

So richtig mag ich das Wort nicht, es fühlt sich ein wenig wie Cheating an. Es klingt, als würde so eine Band zusammengestellt, um etwas zu erschaffen, das größer ist als wir selbst. Gone Is Gone sind einfach nur vier Typen, die zusammen Musik machen und die ihre Gesellschaft gegenseitig schätzen- Das ist eine ziemlich bereichernde Sache. Die Intention war nie, eine Band mit großen Namen zusammenzustellen, um möglichst große Aufmerksamkeit zu erregen.

Aber das Label "Supergroup" und die großen Namen sind nun einmal da. Treibt das die Erwartungen in die Höhe?

Wir zählen wirklich nicht auf großen Erfolg mit der Platte. Da würden wir nur enttäuscht werden. Die Realität sieht doch so aus: Es gibt ohne Ende Musik da draußen. Es gibt so viel Zeug, die die Leute hören könnten und für die sie Geld ausgeben könnten. Darum erwarten wir natürlich nicht, dass jeder unsere Platte kauft, und auch nicht, dass sie jedem gefällt.

Folgt ihr mit Gone Is Gone denn einer bestimmten musikalischen Intention oder ist die Band wirklich aus einer Laune heraus entstanden?

Es fing damit an, dass (Gitarrist und Keyboarder) Mike Zarin und (Drummer) Tony Hajjar zusammen Musik für Filmtrailer komponierten. Dann haben sie nach einer dritten Person gesucht, die zusätzliche Gitarrenarbeit übernehmen könnte. Und Troy Van Leeuwen ist nun mal ein sehr fähiger Gitarrist. Also haben sie zu dritt weitergemacht und plötzlich entstanden dann richtige Rocksongs – da fehlte eben der Gesang. Mein Name fiel wohl ein paar Mal, also rief mich Troy vor ein paar Jahren an. Er ist einer meiner musikalischen Helden, also bin ich natürlich direkt nach Los Angeles geflogen – und habe die Vocals aufgenommen. Gone Is Gone war also wirklich nie als ganz normale Band gedacht. Es ist ganz natürlich gewachsen.

"Ich war noch nie alleiniger Sänger."

Die vertraut harten und progressiven Trademarks sind deutlich, aber man hört auch viele andere Einflüsse heraus. Synthesizer und Mellotron gab es natürlich auch schon auf Mastodon-Platten zu hören, aber Mikes Arbeit gibt einigen Songs ja doch eine recht düstere Atmosphäre. Wie ist es für dich, mit einem festen Keyboarder in der Band zusammenzuarbeiten?

Er ist ein fantastischer Musiker und er hat ein brillantes Gehör. Das ist das Großartige, du kannst von jeder Person, mit der du jammst, etwas lernen. Ich mochte diese tiefgreifenden Sounds schon immer. Keyboards und Synthesizer sind wundervolle Instrumente, mit denen ich eigentlich viel zu wenig arbeite. Und mit so einem Full-Time-Keyboarder hast du einfach unbegrenzte Möglichkeiten.

Anfangs waren es also vor allem Mike und Tony, aber tragt ihr inzwischen alle zum Songwriting bei?

Ja genau, es gibt keinen Hauptsongwriter. Es ist echt familiäres Teamwork, die Summe der Teile.

Aber es läuft dann eher so, dass jemand mit neuen Ideen ankommt oder entsteht das Material auch bei richtigen Proberaum-Jams?

Es funktioniert beides. Wir haben teils komplette Jams mitgeschnitten und später aussortiert. Eine zeitintensive, aber musikalisch auch sehr natürliche Herangehensweise. Bei anderen Songs kommt dann einfach einer in ins Studio und sagt "Hey, hier, ich habe zwei neue Parts am Start, lasst uns einen Song machen."

Ihr arbeitet ja gerade auch an einer neuen Mastodon-Platte. Inspiriert dich die Arbeit mit ganz neuen Musikern auch hierfür?

Ja, auf jeden Fall! Ich bin sogar gerade in Atlanta, um neues Material für das Album zu schreiben. Das Besondere an Gone Is Gone ist, dass ich dort der alleinige Sänger bin. Für mich ist das eine ziemlich positive Herausforderung, in so einer Position war ich noch nie. Und jetzt bei Mastodon merke ich, wie mein gesangliches Selbstvertrauen steigt und wie ich mich mit meinen Vocals wirklich wohl fühle. Sicherer singen, passende Melodien finden, gute Texte schreiben – ich glaube Gone Is Gone macht mich wirklich zu einem besseren Bandmitglied.

Du bist ja generell gut eingespannt und hattest mit Killer Be Killed schon ein ähnliches Projekt am Start. Hattet ihr da dieselbe Herangehensweise?

Killer Be Killed waren einfach vier Typen, die einmal etwas musikalisch freier arbeiten wollten. Wir hatten super viel Spaß mit der Platte und haben leider nur diese kurze Australien-Tour gespielt – was aber rückblickend eine der besten musikalischen Wochen meines Lebens war. Ich hoffe wirklich, dass wir irgendwann die Zeit für eine neue Platte oder eine Tour haben werden. Es hat viel zu viel Spaß gemacht, um es darauf beruhen zu lassen.

"Wir wollen mehr Richtung Film, Gaming und TV gehen."

Plant ihr mit Gone Is Gone denn weiterhin, noch 2016 ein vollwertiges Studioalbum zu veröffentlichen?

Wir haben jede Menge Material aufgenommen, auf das wir sehr stolz sind. Wir warten jetzt erst mal die EP ab, und wollen dann darüber entscheiden, in welchen Rahmen wir den Rest veröffentlichen wollen. Natürlich könnten wir locker ein Studioalbum rausbringen, aber wir wollen auch unbedingt mehr in Richtung Filmmusik gehen, aber uns auch nach anderen Gelegenheiten umsehen. Wir sind privat ja auch so schon alle gut beschäftigt, aber Musik für Film, Gaming und TV, da haben wir schon Bock drauf.

Was hat denn jetzt erst einmal Priorität? Mastodon oder Gone Is Gone?

Wir schreiben gerade am neuen Mastodon-Album, dann geht's im August für ein paar Shows nach Europa und dann werden wir hoffentlich Ende des Jahres ins Studio gehen. Mastodon ist seit inzwischen 16 Jahren ein großer Teil meines Lebens und obwohl ich unsere Arbeit mit Gone Is Gone wirklich liebe, planen wir gerade keine richtige Tournee. Aber ich hoffe da kommt in Zukunft noch einiges.

Du siehst Gone Is Gone also eher als Studio- denn als Liveband?

Ja, ich denke schon. Wir hoffen, Leute zu finden, für die wir etwas komponieren können. Vor zwei Monaten haben wir ja eine Show in Los Angeles gespielt und das war auch wirklich eine gute Erfahrung. Ich denke schon, dass wir irgendwie beides machen werden, aber bei so erfolgreichen Bands wie Queens Of The Stone Age, At The Drive-In und Mastodon passiert es ja schon selten genug, dass wir uns alle auf demselben Kontinent befinden.

Was ist anders, wenn ihr Musik für Filme oder Gaming zusammenstellt?

Natürlich hast du in Gedanken immer schon eine Vision. Wenn du aber einfach nur jammst und sich etwas gut anfühlt, dann willst du es musikalisch weiter erforschen. Aber wenn du eine konkrete Szene vor dir hast, musst du versuchen, eine konkrete Emotion zu erfassen und zu vermitteln, die dann auch zum Endergebnis passt. Es ist eine große Herausforderung, aber auch eine spannende.

Die Songs auf eurer EP sind aber noch ohne solche Vorlagen entstanden?

Genau, genau, einfach straighte Jam-Musik.

Aber ihr seid noch auf der Suche nach solchen Projekten?

Richtig. Für einen Musiker ist es natürlich sowieso eine große Ehre, wenn deine Songs irgendwo anders eingebaut werden. Ich weiß noch, als das erste Mal ein Mastodon-Song in einem Videospiel vorkam. Ich bin selbst kein Gamer, mir war also überhaupt nicht klar, wie groß die Reichweite da ist. Und plötzlich hatten wir jede Menge neue Fans, nur wegen dieses Spiels. Da geht also einiges.

Wir sind gespannt. Danke für das Interview, Troy!

Danke, Mann!

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