laut.de-Kritik

Die Songperlen verstecken sich zwischen Standard-Ware.

Review von

Ja, der gute Ritchie. Hatte irgendwann mal keine Lust mehr, den immer gleichen Purple-Stiefel runterzuspielen und gründete mit seiner (nunmehr) Angetrauten Blackmore's Night. Allerdings gibt es Blackmore's Night mittlerweile auch schon seit über zwei Dekaden, und speziell die letzten Releases erweckten den Eindruck, Blackmore's eigener Stiefel wäre auch schon ziemlich ausgelatscht. Hinzu kommt - Ironie der Geschichte - dass er mittlerweile beim selben Label unter Vertrag steht wie seine Ex-Band.

2021 also nun "Nature's Light". Wenn der Blick über die Trackliste schweift, zieht es einem schon wieder die Darmzotten zusammen. "Darker Shade Of Black" war bereits auf dem letzten Studio-Album "All Our Yesterdays" vertreten, die Rednex-Schmonzette "Wish You Were Here" erlebt hier sogar schon ihre dritte Inkarnation auf einem BN-Album. Speziell letzteres kann man sich wirklich und echt sparen. Das Ding ist so was von durch. Blickt man dann auf das - einmal mehr - völlig banale Cover-Artwork, verstärkt sich das Grimmen im Verdauungstrakt noch einmal und man befürchtet das Schlimmste.

Dass es dann doch nicht ganz so furchtbar ausfällt, liegt an mehreren Punkten. Zum einen spielt Herr Blackmore auch im achten Jahrzehnt seines irdischen Daseins auf wie ein junger Gott. Zum anderen schüttelt er immer wieder feine Melodien aus dem Ärmel, die gut ins Ohr gehen. Gefällige Arrangements mit Tandaradei und Trallala und einem extremen Hang zum Schönklang runden den kurzweiligen Spaß ab.

Der Opener "Once Upon December" bietet die bereits bekannte Vermengung von Pop und Renaissance-Einsprengseln. Candice Night wird in diesem Leben zwar nie mehr eine ausdrucksstarke Sängerin, aber ihr lieblicher Vortrag steht den ebenfalls gar zuckersüßen Melodien ganz gut. "Four Winds" und das ebenfalls etwas im Uptempo daher galoppierende "Feather In The Wind" gehen wirklich in Ordnung. Leider treten die Herrschaften mit der erwähnten pathetischen Wiederverwurstung von "Darker Shade Of Black" auf die Bremse. Nicht einmal das ansprechende Gitarren-Solo rettet dieses sechsminütige Geistergejammer. Skip.

Die wirklich hübsche Folk-Ballade "The Twisted Oak" sticht den laschen Marsch des Titeltracks locker aus. Letzterer bietet - wie auch "Going To The Faire" Blackmore-Standard-Ware, wie man sie schon Dutzend Male auf einem der vergangenen Alben gehört hat. Die 2021er-Version von "Wish You Were Here" skippen wir ebenfalls mal und wenden uns dann den zwei Titeln zu, für die es sich alleine lohnen würde, dieses Album zu kaufen.

Als da wäre: der finale Song "Second Element". Ja Herrschaften! Wie kann man denn dieses schöne Sarah Brightman-Cover ans Ende der Tracklist setzen? Hier verbindet sich ganz großer Melodiesport mit Atmosphäre. Zum Ende, wenn mehrstimmiger Gesang ertönt und die Dynamik an Fahrt aufnimmt, entsteht wirklich so etwas wie ein Gänsehaut-Moment. Ohne Zweifel einer der besten BN-Songs bis dato! Ganz toll.

Uuuund dann der Auftritt des Instrumentalisten Blackmore. Dass er seinen Solo-Eskapaden immer wieder deutsche Titel verpasst, hat auch schon Tradition. Was hier die Instrumentalfraktion in "Der Letzte Musketier" in knapp fünf Minuten vom Leder zieht, ist aller Ehren wert. Ein gut einminütiges Hammond-Inferno von David Baranowski, das auch einem Jon Lord gut zu Gesicht gestanden hätte, leitet einen Bluestrack (!) ein, der stilistisch mit dem Rest des Albums überhaupt nichts zu tun hat. Wer ein Faible für Bluesrock hat, bekommt hier eine Vollbedienung. Warum nicht mehr solcher Überraschungsmomente? Einziger Wermutstropfen: der Fade-Out am Ende. Habe ich schon mal erwähnt, dass ich Fade-Outs hasse?

"Nature's Light" ist ganz sicher nicht das beste Album der Spielleute, aber tendiert eindeutig wieder in die Richtung, die frühere Alben zu einem speziellen Hörerlebnis machten.

Trackliste

  1. 1. Once Upon December
  2. 2. Four Winds
  3. 3. Feather In The Wind
  4. 4. Darker Shade Of Black
  5. 5. The Twisted Oak
  6. 6. Natur's Light
  7. 7. Der Letzte Musketier
  8. 8. Wish You Were Here (2021)
  9. 9. Going To The Faire
  10. 10. Second Element

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