26. Oktober 2007

"Was zählt, ist der Track!"

Interview geführt von

Seit 1994 veröffentlichen Roman Flügel und Jörn Elling Wuttke gemeinsam. International präsent sind sie spätestens, seit sich ihre Single "Rocker" zu der Tanzbombe des Jahres 2004 entwickelt hat.Vor kurzem ist nun mit "Why Not?!" ein neues Album von Alter Ego erschienen. Deshalb hat laut.de die Gelegenheit ergriffen und sich mit Jörn Elling Wuttke und Roman Flügel zu einem elektronischen Interview verabredet.

Das Duo jettet derzeit nämlich von Club zu Club, schließlich wollen die neuen Tracks dort gefeiert werden, wo sie hingehören: auf der Tanzfläche. Da ist Zeit ein rares Gut. Um so erstaunlicher wie entspannt und selbstironisch sich Alter Ego im Interview präsentieren. Zehn Fragen, zehn Antworten: so einfach kann alles sein.

Euer neues Album "Why Not?!" erscheint Mitte Oktober. Wie würdet ihr es selbst beschreiben?

Jörn: Comictechno.

Ihr habt den Sommer über die Tracks bei Live-Auftritten bereits ausprobiert. Wie waren die Reaktionen?

Jörn: Sehr erstaunlich. Wir hatten den Eindruck, dass die Leute das Album bereits kennen.

War ein Erfolgs-Track wie "Rocker" eine schwere Hypothek bei der Produktion der neuen Platte?

Jörn: Nein ganz im Gegenteil. Das ist für uns eher ein willkommener Anlass um noch mal richtig Gas zu geben.

Hat euch der internationale Erfolg von "Rocker" überrascht?

Jörn: Eigentlich wollten wir damals weg vom Rave-Sound und etwas Intimeres für das Robert Johnson (Club in Offenbach) produzieren. Dass daraus ein solches Monster entsteht, kann man nicht voraussagen.

"Techno ist die einzige zeitgemäße Tanzmusik"

Ihr beide seid nun schon einige Jahre im Geschäft. Warum ist Techno noch immer ein spannendes Genre?

Jörn: Weil Techno immer noch die einzige zeitgemäße europäische Tanzmusik ist. Außerdem ist es immer wieder toll, in den schönsten Clubs dieser Welt eine spirituelle Stimmung zu erzeugen und Menschen friedlich zusammen zu bringen.

Roman: Techno kann ein unglaublich unspannendes Genre sein, so wie jede andere Musik auch. Wir versuchen, das, was wir machen, für uns spannend zu halten, und Techno ist dafür nach wie vor die Sprache, die wir am liebsten sprechen.

Könnt ihr euch vorstellen, Alter Ego-Tracks eines Tages eine Stimme zu geben?

Roman: Das mit dem Singen überlassen wir lieber anderen. Es ist immer wieder eine Herausforderung, "Lieder ohne Worte" zu schreiben. Wenn wir mit Stimmen gearbeitet haben, waren das wirklich "große" Stimmen, die wir für uns alleine niemals ins Studio bekommen hätten. So geschehen zum Beispiel mit den Remixen für Depeche Mode, Primal Scream, The Human League, die Pet Shop Boys oder Kylie Minogue.

"Über den Erfolg entscheidet der Bierkonsum"

Womit würdet ihr euer Geld verdienen, wenn nicht als Produzenten, DJs und Labelmacher?

Roman: Zum Glück mussten wir uns darüber noch keine Gedanken machen. Die Labels Playhouse und Klang Elektronik, die wir zusammen mit Ata und Heiko M.S.O. vor bald 15 Jahren aufgebaut haben, bieten zwar nicht die Möglichkeit, viel Geld zu verdienen, aber dafür ermöglichen sie uns ein großes Maß an Selbstbestimmtheit. Auf die gestellte Frage gibt's einfach keine klare Antwort, weil das, was wir angefangen haben, noch nicht beendet ist und nicht genug Zeit für Alternativen lässt.

Was macht einen Track aus, den ihr auf euren Labels Klang Elektronik und Playhouse veröffentlicht?

Roman: Die Labels sollen vor allem eins vermitteln, nämlich Offenheit in einem teilweise sehr auf Funktionalität angelegtem Genre. Künstler, die bei uns veröffentlichen, dürfen sich selbst und andere gerne überraschen!

Hat analoges Equipement im Techno eine Zukunft? Warum?

Roman: Das muss jeder der Produziert selbst entscheiden! Uns interessiert diese Frage nur am Rande. Was zählt, ist der "Track" – egal mit welchen Mitteln er produziert wurde. Klar ist heute vieles billig zu haben und im Laptop zu "verstauen", was vor zehn Jahren noch viele Quadratmeter Studioraum beansprucht hätte. Die Musik ist deswegen aber nicht interessanter geworden.

Was machen Techno-Produzenten wenn sie alt werden?

Roman: Wie wär's mit Techno? Wer kann behaupten, das "dürfe" so nicht sein? Die Altersfrage stellt sich nicht. Eher die Frage, ob man noch Interesse und die Fähigkeit hat, etwas Frisches zu seinem Genre beizusteuern. Das geht theoretisch auch noch mit 80 Jahren. Über den Erfolg entscheidet in dieser total durchkommerzialisierten Welt immer noch der Käufer oder der Bierkonsum in der Disco Ihres Vertrauens.

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