laut.de-Kritik

Mehr als eine Akustikgitarre braucht Dance Music nicht.

Review von

Magic Mushrooms sind Schuld. Während eines Trips beginnt Joav Sadan eines Tages, den Gitarrenkorpus als perkussives Element zu benutzen, anstatt nur Saiten in Schwingung zu versetzen. Eine Schulklasse kommt vorbei und fängt an, mitten im Central Park zu seinen geklopften, getrommelten, gekratzten Beats und Pickings zu tanzen. "Sie wirbelten um mich herum wie Trancehippies. Es war unglaublich. Ich fühlte mich mit meiner Gitarre wie ein DJ."

Der Südafrikaner-Israeli beschließt, Dance Music und Singer-Songwritertum fortan zusammenzudenken - allerdings ohne Computertechnik zu verwenden. Darüber hinaus eint Yoav ein ansprechendes Äußeres, das nötige Quäntchen Exotik und einen Demovorrat an kontemporären Pop-Ohrwürmern. Logisch, dass Faithless-Mastermind Rollo Armstrong ihn ohne Zögern unter Vertrag nimmt.

Nun liegt "Charmed & Strange" vor - und erfüllt zunächst einmal alle Vorbehalte, die man gegen die Produktseite Yoavs vortragen kann. Sein Debüt baut exklusiv auf Gesang und Gitarre und ist geradezu maßgeschneidert auf eine weibliche Klientel. Sein Organ changiert souverän zwischen sprechgesungenen Einflüsterungen und einer Timberlakeschen Kopfstimme, die nicht nur im Club die Hormone in Wallung bringen dürfte.

Und na klar, ein Feature in der Elle hat er auch schon. Doch was schreibt besagtes Magazin vollkommen zurecht? "'Charmed & Strange' proves that Yoav is far more than a pretty face." In der Tat handelt es sich um einen ziemlich bemerkenswerten Erstling. Widmet man der Virtuosität mehr als ein halbes Ohr, spricht vor allem sein ausgeprägtes Dramaturgie-Verständnis für Yoav.

Einen Gänsehautmoment nach dem anderen extrahiert er aus einem Instrument, das häufig genug zur Untermalung von Lagerfeuern herhalten muss. Denn im Gegensatz zu so vielen anderen setzt Yoav Pop nicht in Analogie zu Pomp. Seine Soul erwächst aus Minimalismus und unbestimmter Sehnsucht. Zugleich verkörpert er weder klassischen Songwriter noch Elektroakustiker noch Beatkünstler - beherrscht jedoch alle drei Sprachen.

Gewappnet mit Delay- und Loop-Pedal, schreibt er trocken groovende Clubtracks, die knistern vor Sexyness. Kickdrum, Snare, Flächen? Liefern alles die Nylonsaiten. Dagegen legt "Beautiful Lie" Zeugnis ab von einer nokturnen Leidenschaft sowohl für Dream Pop als auch Balearic Sounds, wie es zuletzt in solcher Könnerschaft vielleicht nur Studio vermochten. An Beck gemahnt unterdessen nicht bloß die nerdige Perkussivität von "Yeah, The End".

Mit Beck, Thom Yorke, mit Damien Rice und Trent Reznor vergleicht ihn auch die Plattenfirma nicht von ungefähr. Yoavs zurückgenommener Urban Pop gewinnt Indie-Kredibilität durch den dialektischen Umgang mit den vermeintlichen Antagonismen Analog-Digital. Der Typ hat offensichtlich alles, was es braucht. Jetzt bloß nicht eifersüchtig werden.

Trackliste

  1. 1. Adore Adore
  2. 2. Club Thing
  3. 3. Live
  4. 4. One By One
  5. 5. There Is Nobody
  6. 6. Wake Up
  7. 7. Beautiful Lie
  8. 8. Angel And The Animal
  9. 9. Sometimes...
  10. 10. Yeah, The End
  11. 11. Where Is My Mind?

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9 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    Album nur zu empfehlen, kannte ihn vorher nicht, bin jetzt ein Fan ;-)

    Review könnte wohl ein bisschen mehr auf die einzelnen Songs eingehen.

  • Vor 15 Jahren

    @_arcticmonkey_ («
    Review könnte wohl ein bisschen mehr auf die einzelnen Songs eingehen. »):

    ... und dafür ein bisschen weniger Rolling-Stone-Allüren:

    Yoavs zurückgenommener Urban Pop gewinnt Indie-Kredibilität durch den dialektischen Umgang mit den vermeintlichen Antagonismen Analog-Digital.

    :rayed:

    Album ist wirklich zu empfehlen; braucht etwas "Einarbeitungszeit", aber man wird dafür belohnt! Ausserdem ist's ein Klasse-Autofahr-Album! :)

  • Vor 15 Jahren

    Das Album ist wirklich extrem empfehlenswert! V.a. "Club Thing" und "Where is my mind?".