laut.de-Kritik

Der Ambient-Zauberwald lockt.

Review von

Gas ist eines der zahlreichen Pseudonyme, die sich Wolfgang Voigt im Laufe seiner Karriere zugelegt hat. Ab Mitte der 90er Jahre hat der spätere Kompakt-Gründer unter diesem Alias eine Reihe von Schallplatten auf dem Experimental-Label Mille Plateaux veröffentlicht, darunter sind die vier Alben "Gas", "Zauberberg", "Königsforst" und "Pop". Die Wiederveröffentlichung unter dem Titel "Nah Und Fern" macht ein wichtiges Stück Ambient-Geschichte für neue Ohren zugänglich.

Im Original waren die vier Longplayer über einen Zeitraum von mehreren Jahren erschienen. Der erste "Gas" 1996, der letzte "Pop" 2000. Konzipiert waren sie aber schon damals als Kunstwerk, das nicht nur isoliert betrachtet, sondern gerade auch im Zusammenhang Sinn macht.

Kritiker sehen in den vier Alben Voigts Magnum Opus. Das liebevolle Reissue, einmal als 4-CD-Box mit vier Kunstdrucken und als Doppel-LP (Trackauswahl) mit Kunstdruck, legt den Schluss nahe, dass Voigt selbst dieser Deutung nicht ganz abgeneigt ist.

Den Auftakt von "Nah Und Fern" machen die dunkel pulsierenden Tracks von "Gas". Layer auf Layer hat Voight hier übereinander gelegt. Das Ergebnis ist ein dichter Soundteppich, der mäandernd seine Kreise um eine motivisches Zentrum zieht.

Das Loop ist das zentrale gestalterische Element auf allen vier Alben von "Nah und fern". Die Sounds bleiben trotz zahlloser Wiederholungen abstrakt. Rauschen, Flimmern und Knistern prägen "Gas". Die Stimmung der einzelnen Tracks ist dunkel, manchmal sogar bedrückend.

Auf "Zauberberg" verstärkt der manische Beat, der unter den meisten Tracks liegt, den Eindruck noch. Gleichzeitig erahnt man die musikalischen Quellen, die Voigt bei seinen Gas-Tracks Pate gestanden haben. Wagner und Schönberg nennt der Kölner als wichtige Referenzen.

Selbst nach intensiver Filter- und Effektbehandlung erinnert manches auf "Zauberberg" an Streicher, Blech- und Holzbläser sowie Perkussioninstrumente. Der orchestrale Charakter gibt dem Longplayer eine Schwere, der man sich schwerlich entziehen kann.

"Königsforst" knüpft gleich zu Beginn mit seinen verfremdeten Streicher-Samples und dem unheilschwangeren Dröhnen direkt an "Zauberberg" an. Erst ab Mitte des Albums werden die Sounds wieder natürlicher, rufen Assoziationen an Harfen- und Bläserklänge wach.

Die Atmosphäre lockert sich ganz allmählich auf. Eine optimistisches Flimmern legt sich über die Tracks und leitet damit nahtlos zum letzten Album der "Nah Und Fern"-Compilation über.

Erst mit "Pop" greift eine positive Grundstimmung Raum. Die dichten Sounds der vorhergehenden Alben haben sich verflüchtigt. Die Enge, die bislang so prägend war, klingt ab und macht einer zarten Weite Platz. Musikalisch erreicht Voigt diesen Effekt durch eine Reduktion seiner Tracks auf wenige Spuren. Das Ohr kann so eine Leichtigkeit aus den Stücken ableiten, die zuvor nicht denkbar war.

Voigt destilliert den Pop aus seinen Loops. "Nah und fern" ist das Dokument dieses Prozesses.

Trackliste

CD1 Gas

  1. 1. Untitled
  2. 2. Untitled
  3. 3. Untitled
  4. 4. Untitled
  5. 5. Untitled
  6. 6. Untitled

CD 2 Zauberberg

  1. 1. Untitled
  2. 2. Untitled
  3. 3. Untitled
  4. 4. Untitled
  5. 5. Untitled
  6. 6. Untitled
  7. 7. Untitled

CD 3 Königsforst

  1. 1. Untitled
  2. 2. Untitled
  3. 3. Untitled
  4. 4. Untitled
  5. 5. Untitled
  6. 6. Untitled

CD 4 Pop

  1. 1. Untitled
  2. 2. Untitled
  3. 3. Untitled
  4. 4. Untitled
  5. 5. Untitled
  6. 6. Untitled
  7. 7. Untitled

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1 Kommentar

  • Vor 12 Jahren

    nicht nur, dass 4 klassiker vereint werden, es handelt sich auch um das absolut beste boxset, was man für geld erwerben kann. einfach mal cd1-4 durchlaufen lassen. ein klarer fluss, von modern classical zu ambient, von techno zu drone, voigt wird mit seinen GAS-werken in die geschichte deutscher techno musik eingehen.

    herr straub allerdings könnte mal ein wenig zwangsurlaub für die 4 punkte kassieren. im licht, in dem die alben heutzutage gesehen werden, is nix unter 5 drinnen. :)