laut.de-Kritik

Vorsichtiges Kopfnicken statt heftigem Arschwackeln.

Review von

Auf dem Berliner Label Kitty Yo geben sich in letzter Zeit interessante Entwürfe moderner Popmusik die Klinke in die Hand. Den Anfang machte das französische Trio Sex In Dallas, das sich auf seinem Album "Around The War" sehr club-affin zeigte. Gold Chains aus den USA stellten ihren Longplayer "When The World Was Our Friend" in die Tradition schwarzer Musik. Weniger Arsch und mehr Kopf gibt es bei White Hole und ihrem Debüt "Pink Album".

Von allen drei genannten Popterroristen ziehen sich White Hole am weitesten zurück, geben sich die meiste Mühe, bloß nicht zu eingängig zu wirken. Das ist wohl auch Ergebnis der Geschichte des Duos Hanno Leichtmann und Nicolas Bussmann. Beide sind in der Vergangenheit unter diversen Pseudonymen zumeist auf experimentellem Terrain aktiv gewesen und lassen auf "Pink Album" das Erbe ihrer musikalischen Laufbahn ein ums andere Mal anklingen.

Das heißt in erster Linie, dass "Pink Album" eine instrumentelle Angelegenheit ist. Vocals klingen höchstens als verfremdete Sprachfetzen an. Strophe und Refrain sucht man hier freilich vergebens. White Hole verlegen den Popdiskurs ins Reich der Sounds und Grooves und bewegen sich bei einem ihrer Tracks hin zu "Truth And Abstract Blues". Hier darf der Fuß ausnahmsweise im Takt auf und nieder hüpfen, ohne sich gleich schlecht dabei zu fühlen.

Leider erweist sich der Weg hin zum 'abstract blues' als ein wenig zäh. Die Initiative zu den Tracks geht meist von Kopf aus. Mit dem Arsch wird nur in Ausnahmefällen gewackelt. Zu sehr steht "Pink Album" in der Tradition weit jenseits des Pop angesiedelter Soundentwürfe. Zu wenig gelingt es White Hole, den Fokus ihrer Musik vom Kopf in Richtung Körpermittelpunkt zu verlegen. So folgt das Album über weite Strecken einer frickligen Clicks & Cuts-Ästhetik.

Gold Chains und Sex In Dallas flirten auf ihren Alben offensiv mit dem Pop. White Hole bleiben eher auf sicherer Distanz. Zwar zwinkern sie dem verpöhnten Genre bei "Le Rap Du Psy" vorsichtig zu. Der Anfang einer großen Liebe ist dies jedoch nicht. Goutiert man den scheuen Flirt jedoch genauso wie den intimen Kuss, dann kann man mit dem "Pink Album" von White Hole nichts falsch machen.

Trackliste

  1. 1. He's In Jail
  2. 2. Ingru
  3. 3. Charterflug
  4. 4. Le Rap Du Psy
  5. 5. Pears And Tears
  6. 6. Prayer For Passive Resistance Part 2
  7. 7. Musser Reprise
  8. 8. Truth And Abstract Blues
  9. 9. Peter Builts
  10. 10. Galaxy
  11. 11. Piano Again
  12. 12. We Should Stay At Home Tonight

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