laut.de-Kritik

Robert Smith? Jack White? Trent Reznor? Wo zum Teufel seid ihr alle?

Review von

Eine neue Biographie von Marc Spitz, das "Station To Station"-Reissue und nun ein Dreifach-Tribute-Album: Während David Bowie seit Jahren im Vorruhestand weilt, halten die Jungen sein Andenken hoch.

Zumindest bemühen sie sich. Fragte man in Musikredaktionen nach dem amerikanischen Label Manimal Vinyl, auf dem das David Bowie-Tribute "We Were So Turned On" erscheint, würde man zu 99% ein Schulterzucken ernten. Lediglich Bat For Lashes trug den Namen der Company bislang gewinnbringend in die Welt.

Wenn sich ein Winzlabel aus L.A. an einem Tributealbum für einen Weltstar versucht, kann man sich ungefähr ausmalen, dass man hier eher nicht auf Namen wie Robert Smith, Martin Gore oder Jack White treffen wird. Sondern eher auf Megapuss, Ariana Delawary und Polyamorous Affair. Nun ja: Sämtliche Einnahmen des Samplers gehen an War Child, da wird doch wohl keiner meckern.

Doch. Denn die possierliche Art, in der sich das Gros der 41 Teilnehmer (!) auf drei CDs den Klassikern und versteckten Albumtracks annähert, weckt leider oft einen Wunsch: Die Originale wieder zu hören.

Einige halbwegs große Namen sind dann doch mit dabei, etwa Präsidentengattin Carla Bruni, die mal nicht nur für Nicolas, sondern für uns alle säuselt. Ihre sanft perlende Piano-Verbeugung in "Absolute Beginners" passt zur ruhigen Cello-Eloge ihrer französischen Kollegin Keren Ann in "Life On Mars".

Auch Chairlift bleiben eng und auf nicht gänzlich uninteressante Weise am Original "Always Crashing In The Same Car", während A Place To Bury Strangers ihr "Suffragette City" wohl innerhalb eines süffigen Proberaum-Abends eingeprügelt haben.

Viel Wind wurde im Vorfeld um einen Beitrag von John Frusciante gemacht, der praktischerweise auch in L.A. wohnt. Und der bei Swahili Blondes "Red Money"-Version vielleicht Gitarre spielt und ein bisschen im Background singt. Vielleicht aber auch nicht. Erkennen tuts jedenfalls keiner.

Dann doch lieber Warpaint, ebenfalls Frusciante-Freunde und frisch mit einem tollen Debütalbum draußen, die auf "Ashes To Ashes" feinfühlig zu Werke gehen. Hervorragend auch, wie Londons Disco-Rocker We Have Band aus dem totgenudelten "Let's Dance" den Zauber der ursprünglichen Komposition heraus arbeiten. Und wenn man schon mal auf der iTunes-Seite ist: Gleich noch den charmanten Surf-Pop der Vivian Girls ("John, I'm Only Dancing"), den verhuschten Post Punk des "Lodger"-Tracks "Repetition" von Tearist und Rainbow Arabias "Quicksand" in die Kasse legen.

Letztere klingen nicht nur frappierend nach den zunächst ebenfalls fürs Tribute angekündigten MGMT, mit 6.01 Minuten erreicht ihr "Quicksand" auch eine typische MGMT-Songlänge.

Ansonsten: Viel Schatten. Die kaum bekannten Halloween Swin Team changieren in "Look Back In Anger" zwischen kaputten Psychic TV und Minimalelectro-Grundkurs, Duran Duran versemmeln auf "Boys Keep Swimming" die Chance, der Welt das schicke Sound-Update ihres letzten Albums vorzustellen und (Devendra Banhart, der sich hinter Megapuss verbirgt, glaubt allen Ernstes, dass irgend jemand "Sound And Vision" auf Spanisch braucht.

Stumpfe Ballerbeiträge wie "Fame" von All Leather, deretwegen ein Trent Reznor sofort den Raum verlassen würde, werfen indes nicht nur die Frage auf, wieso Stars seines Kalibers fehlen, sondern legen auch den Verdacht nahe, dass hier quasi jeder mitmachen durfte, der rechtzeitig seine Version beim Label einreichte. Daher erinnert "We Were So Turned On" zu großen Teilen an ein ganz anderes Zitat aus dem Bowie-Kosmos: "Inspirations Have I None". Die Hürde lag für viele auch einfach zu hoch.

Trackliste

CD1

  1. 1. Ariana Delawary: Ziggy Stardust
  2. 2. Warpaint: Ashes To Ashes
  3. 3. Keren Ann: Life On Mars
  4. 4. Papercranes: Blue Jean
  5. 5. Carla Bruni: Absolute Beginners
  6. 6. Sister Crayon: Bewlay Brothers
  7. 7. Lewis & Clarke: Changes
  8. 8. Chairlift: Always Crashing In The Same Car
  9. 9. Lights: World Falls Down
  10. 10. Exitmusic: Space Oddity
  11. 11. Genuflex: Soul Love
  12. 12. Sharpe, Edward & The Magentic Zeros: Memory Of A Free Festival

CD2

  1. 1. Corridor: Be My Wife
  2. 2. Duran Duran: Boys Keep Swinging
  3. 3. Arno: All The Young Dudes
  4. 4. Etienne Daho: Heathen
  5. 5. Megapuss: Sound And Vision
  6. 6. Tearist: Repetition
  7. 7. We Have Band: Let s Dance
  8. 8. Halloween Swim Team: Look Back In Anger
  9. 9. All Leather: Fame
  10. 10. A Place To Bury Strangers: Suffragette City
  11. 11. Vivian Girls: John I m Only Dancing
  12. 12. Viv Albertine: Letter To Hermoine

CD3

  1. 1. Jessica 6 (Hercules & Love Affair): I m Deranged
  2. 2. Aska Evans, Bobby Moon: African Night Flight
  3. 3. Voicesvoices: Heroes
  4. 4. Polyamorous Affair: Theme From Cat People
  5. 5. We Are The World: Afraid Of Americans
  6. 6. Afghan Raiders: Fashion
  7. 7. Swahlili Blonde: Red Money
  8. 8. Xu Xu Fang: China Girl
  9. 9. Zaza: It Ain t Easy
  10. 10. Marco Benevento: Art Decade
  11. 11. Mick Karn: Ashes To Ashes
  12. 12. Rainbow Arabia: Quicksand
  13. 13. Mechanical Bride: Sound And Vision
  14. 14. Lipstick Trace: Moonage Daydream

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1 Kommentar

  • Vor 13 Jahren

    Immerhin schön zu sehen, dass ihr euch dem Werk angenommen habt. Ich bin ein großer Fan von Manimal Vinyl und den damit verbundenen Künstlern, und ja, mir sagen Namen wie "The Polyamorous Affair" (dahinter steckt übrigens Eddie Chacon), "Rainbow Arabia", "Sister Crayon" oder "Tearist" durchaus etwas. Ich für meinen Teil hatte jedenfalls Spaß mit WWSTO, dabei bin ich nicht mal Bowie-Fan. Aber vielleicht liegt's ja gerade daran.