laut.de-Kritik

Bap, Poisel, Stuckrad-Barre u.a. knuddeln die Hamburger.

Review von

Selig waren Ende der 1990er zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Damals, als "Selig" in den Wirren von Grunge und VIVA erschien. Doch während die Zeit weiter zog, blieben sie genau, wo sie waren.

Zum 27. Geburtstag der Band (hä?) und 26 Jahre nach dem Debüt (was??) erscheint nun die Nostalgieveranstaltung "SELIG Macht Selig". Olli Schulz, Madsen, Johannes Oerding, Niedeckens BAP, Benjamin von Stuckrad-Barre und viele andere knuddeln die Hamburger Band zum schiefen Jubiläum.

Zuerst sollte der Fokus alleine auf dem Erstling liegen, doch dieser Vorsatz wurde schnell fallen gelassen. So toben sich die fünfzehn Acts wild durch Seligs Karriere. Wobei mit "Die Alte Zeit Zurück" von "Und Endlich Unendlich" gerade einmal ein Stück aus der Zeit nach dem Comeback stammt, und das liest Benjamin von Stuckrad-Barre vor.

Madsen, dieses Downgrade der Sportfreunde Stiller mit lauter aufgedrehten Gitarren und ohne Fußball, sputen sich im ebenso gewohnten wie uninspirierten Indie-Rock durch "Wenn Ich Wollte": Start gleich mal versemmelt.

Von "Sie Hat Geschrien" scheint auch heute noch so viel Faszination auszugehen, dass sich gleich zwei Acts für das Stück mit der Textzeile "Sie hat geschrien heut Nacht / wie eine Krähe im Wind / Sie hat geschrien heut Nacht / wie ein sterbendes Kind" entschieden. Um Linus Volkmann zu zitieren: "Wenn das deutsche Texte sind, dann doch lieber wieder schweren Herzens zurück zu 'Obladi Oblada'."

Pictures aus Berlin halten sich eng an das Original. Ausgerechnet Milliarden, deren Sänger sonst wie die Kopie einer Kopie von Rio Reiser klingt, entfernen sich in einem Remix am weitesten von der Vorlage. Immerhin.

Das eigentlich schon auf der Vinyl-Ausgabe von "Selig" enthaltene "Bruderlos" mogelte sich später auf "Hier" und schaffte es sogar zur Single. Pohlmann bastelt daraus eine Klavierballade. Olli Schulz zeigt sich in "Die Besten (2020)" mal wieder als Ulknudel. Wenn mit Johannes Oerding einer der allgegenwärtigen Songpoeten zu "Sie Zieht Aus" greift, klingt das genau so einförmig, wie man es sich vorstellt.

Die viel zu oft bei Madsen im Hintergrund versteckte Lisa Who, deren "Sehnsucht" zu den besten deutschsprachigen Alben der letzten Jahre zählt, verleiht "Ist Es Wichtig" ein ganz eigene Sphäre im Psychedelic-Pop, weitab vom Original: wohl der interessanteste Track des Albums.

Naturgemäß funktionieren die Coverversionen auf "SELIG macht Selig" um so besser, je weiter sie die Vorlagen hinter sich lassen. Doch die meiste Zeit über bleibt der Longplayer ein verzichtbarer Flickenteppich. Halt das übliche Tributealbum-Gedöns ohne Konzept und große Überraschung.

Trackliste

  1. 1. Madsen - Wenn Ich Wollte
  2. 2. EMMA6 - Hey, Hey, Hey
  3. 3. Wilhelmine - Mädchen Auf Dem Dach
  4. 4. Philipp Poisel - Ohne Dich
  5. 5. Olli Schulz - Die Besten (2020)
  6. 6. Johannes Oerding - Sie Zieht Aus
  7. 7. Niedeckens BAP - Glaub Mir
  8. 8. Milliarden - Sie Hat Geschrien
  9. 9. Das Pack - High
  10. 10. Pohlmann - Bruderlos
  11. 11. Lisa Who - Ist Es Wichtig
  12. 12. Pictures - Sie hat geschrien
  13. 13. 17 Hippies - Regenbogenleicht
  14. 14. Selig - Die Besten (Live Im Grünspan)
  15. 15. Benjamin Von Stuckrad-Barre - Die Alte Zeit Zurück (Lesung)

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