laut.de-Kritik

Weniger ist bei Richie Hawtin schon immer mehr gewesen.

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Der kanadische Produzent, DJ und Software-Entwickler Richie Hawtin entsprach bis vor kurzem dem Klischeebild eines Computernerds. Kahlrasierter Schädel, markante Brille und eine blasse Hautfarbe halfen, diesen Eindruck zu kultivieren. Inzwischen ziert ein blonder Scheitel Hawtins Kopf, und Kontaktlinsen haben die alte Sehhilfe abgelöst. Seiner Leidenschaft für Reduktion in der Kunst ist der Mann aus Windsor, Ontario trotz aller optischen Stilbrüche treu geblieben.

Bereits zu Beginn der 90er Jahre mit seinen Releases als Plastikman und dem eigenen Imprint Plus 8 ganz vorne mit dabei in punkto Klangforschung und minimalistischem Sounddesign, pflegt Hawtin seine Vorliebe für reduzierte Tracks seit 1998 auf dem eigenen Label Minus. Um sich scharte er in den Jahren eine ganze Reihe interessanter Produzenten wie das Kölner Duo Niederflur, DJ Minx, den gefeierten Mathew Jonson oder Marc Houle, der mit seinem Debütalbum "Restore" ebenfalls allerbeste Kritiken einfuhr.

Mit "Minimize To Maximize" lässt sich Hawtin ein wenig in die Karten blicken, welche Acts er für die Zukunft in der Hinterhand hält. Neues möchte er hier präsentieren, statt altbekanntes nochmals aufzukochen. Er selbst gibt als Plastikman nur ein kurzes Gastspiel und eröffnet die Labelschau, bevor mit Magda eines der aufsteigenden Sternchen am Technofirmament ran darf. Die ultradeepen Basslines von "The Black Door" reizen den Subwoover bis zur Belastungsgrenze aus, lassen die Groove-Bremse aber noch angezogen.

Selbiges kann man von Marc Houle nicht behaupten. "East To West" bläst nach Dinky Dogs knapp zehnminütiger Klangmodulation und den abstrakten Soundscapes zu Beginn erstmals kräftig ins Funkhorn. Danach ist wieder mehr minimalistisches Understatement mit gelegentlichem Dancefloor-Workout angesagt, wie bei Run Stop Restore, einem Allstar-Projekt bestehend aus Marc Houle, Magda und Troy Pierce.

Das vielleicht größte Talent, das Hawtin im vergangenen Jahr mit der "Decompression EP" ins Minus-Boot geholt hat, ist der Kanadier Mathew Jonson. Seine Veröffentlichungen auf Perlon, Sub Static und dem eigenen Itiswhatitis-Label ließen seinen Namen wie keinen zweiten durch die Szene geistern. "Rainforest" bringt die Qualitäten von Jonson auf den Punkt. Er gibt seinen Tracks genügend Zeit und bringt dunkel-verspielte Sounds mit unwiderstehlicher Tanzbarkeit zusammen. Die alte Detroit-Schule lässt grüssen. Der wird Hawtin auch in Zukunft die Treue halten, wenn neue Technologien den Weg zu weiterer Abstraktion öffnen.

Trackliste

  1. 1. Plastikman – Circles
  2. 2. Magda – The Black Door
  3. 3. Niederflur -Sprinkler
  4. 4. Dinky Dog - UnEasy Horizons
  5. 5. Marc Houle - East to West
  6. 6. False – Traveled
  7. 7. Heartthrob - Hot Sugar Candy Apple Taffy
  8. 8. I.A. Bericochea – Uno
  9. 9. Run Stop Restore - Gateways and Galaxies
  10. 10. Slacknoise - Permanent Marker
  11. 11. Mathew Jonson - Rainforest

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