laut.de-Kritik

Über Sperlinge, Füchse und gurrende Frauenzimmer.

Review von

Wussten sie eigentlich schon, dass der Fuchs im Althochdeutschen "fuhs" heißt, was in etwa soviel wie "der Geschwänzte" bedeutet, im Spanischen hingegen tatsächlich "Zorro", während man im Japanischen den niedlichen Namen Kitsune gebraucht? Ich jedenfalls bis vor kurzem nicht. Was ich jedoch wusste, war die Tatsache, dass sich in Paris ein noch recht kleines und doch gar feines Electro-Label tummelt, das diesen seltsamen, fast schon japanisch klingenden Namen "Kitsune" trägt.

Und siehe da: es ist japanisch und das heißt, genau, Fuchs. Womit wir auch schon in medias res wären. Denn dieses feine Label beschert uns unter dem sinnigen Titel "Kitsune X" eine interessante, synoptische Werkschau in Form einer zweiten Label-Compilation. War die erste noch eine einfache Zusammenstellung von bereits auf Kitsune releasten Trax, darunter der weithin bekannte Monsterhit "Italian Fireflies" von Black Strobe, sind auf "Kitsune X" unterschiedlichste Artists unterschiedlichster Labelzugehörigkeit versammelt.

Zur Begrüßung sehen wir auf dem Cover einen Fuchs ... nein, nein, kleiner Scherz ... uns erwartet ein recht gelangweilt dreinblickendes Sperlingweibchen und eine gezeichnete und gleichzeitig selbst zeichnende Nixe (= nackte gelbe Frau) - nun denn, hereinspaziert in die Kitsune-World: Den Anfang machen die Pet Shop Boys-Imitatoren von Popular Computer. Schöner sanfter Track mit gutem Groove. Und echt guten Vocals ... PSB ist hier ein Kompliment.

Auch die folgenden Stücke möchten nicht ohne Vocals auskommen: Ist Joakim noch etwas plastikgestelzt unterwegs, so bumsen die Mogs einem doch so richtig einen rein. Dicke Beats, französisch gurrende Frauenzimmer und fette Sequenzerläufe, die an so manchen Output-Release erinnern - prima Hypnotrack, recht nass, aber nicht zu platt.

Hinterlässt mich Post No Bills "Whatever" doch wieder ein wenig ratlos, so kommt an fünfter Stelle ein zwar unvermuteter, aber sehr angenehmer Turn: die nimmermüden Tiefschwarzen nehmen sich Chikinkis "Something More" an, und heraus kommt die perfekte Electro-Pop-Rock-Nummer. Easy, locker, groovy geht es daher, ein einfacher, schmissiger Sommersong mit new wavigen Vocals und lustigen Sounds, die mit Wah-Wah-Klampfen verwandt sind. Außerdem: Cowbells (jaaaaahuu - endlich mal wieder!) im Drumset von Herrn Schmalbach. Respekt.

Die Transe von Volga Select ist für ein Stück, an dem Herr Smagghe an den Reglern mitdreht, erstaunlich wenig auf die Zwölf, blubbert und zwitschert eher unspektakulär vor sich hin, ist aber okay. Auch die Simian Mobile Disco (sind das die "Never Be Alone"- Typen?) rollt so ein bisschen vor sich hin, hat aber mehr Groove und kommt dann doch mehr aus der Hüfte. Im Hintergrund krähen junge Männer, die gerne eine Nacht im House Of Jealous Lovers verbringen würden.

Der notorische Herr Assault, Beruf: DJ, kann natürlich niemals nicht und auf gar keinen Fall ohne seine bewährte Unterleibspoesie (respektive: Prosa) auskommen. So auch hier. Sein aktueller Erguss nennt sich Nympho, entpuppt sich dann aber doch recht schnell als charmant. Cheesy Old-School-Flächen, die auch einer Vorabendserie zur Ehre gereichen würden, schleichen sich herein und drüber rappt man sich einen ... die Telefonnummer wird dann leider doch nicht eingeblendet.

Und schon wieder "Rap" - Fannypack sind dran. Ja genau, Fannypack. Die trauen sich was, die Kitsunes. Und noch mehr Humor: Stereo Total, vielgeliebt und vielgehasst, sind "on the mike". Captain Comatose liefert den Soundtrack zu Mangaboy. Nun kann man über Francoise Cactus und ihr künstlerisches Schaffen durchaus geteilter Meinung sein: Ihre bezaubernd schüchtern-aufdringliche Lolita-einmal-andersrum-Schwärmerei für junge und blutjunge Männer ist textlich gelungen, der wilde Kapitän lässt dazu die 303 ihr aufreizendes Liedlein furzen. "Sexspiele, das Ende der Unschuld" - wer möchte da widersprechen. Ich nicht.

Danach kommt die Blue Monday-Kick und führt uns hinein in "Hey Now", einen ganz netten funky Track von Manhead, der sich schön nebenher hören lässt. Ein Vorteil des gesamten Albums im übrigen. Es kann vollständig mit Genuss durchgehört werden. Keine Ausfälle, einige echte Schmankerl und Brüller, alles prima in der Fuchswelt. Tschüss sagt Hot Chip, das sich laut Booklet gewönlich auf Moshi Moshi Records die Ehre gibt. Man lernt halt nie aus (siehe oben).

Und für den geduldigen CD-Besitzer haben die Füchslein ganz hinten auch noch einen so genannten Hidden Track ("halbhidden" passt da wohl eher) beigepackt. Und zwar einen ziemlich geilen, echt schönen Electrotrack, diesmal ohne Gesang. Dafür mit Juno-Jupiter-Flächen. Und im Booklet kann man solange Evolutionäres lesen oder sich auch einfach am Sperling auf dem Cover freuen. "Kitsune X"? Viel Spaß!

Trackliste

  1. 1. Popular Computer - Darling
  2. 2. Joakim - Teenage Kiss
  3. 3. The Mogs - Kelly Blame (Vocal)
  4. 4. Post No Bills - Whatever
  5. 5. Chikinki - Something More (Tiefschwarz Vocal Mix)
  6. 6. Volga Select - Transe
  7. 7. Simian Mobile Disco - The Count
  8. 8. DJ Assault - Nympho
  9. 9. Fannypack - You Gotta Know
  10. 10. Captain Comatose vs. Stereo Total - Mangaboy
  11. 11. Manhead - Hey Now
  12. 12. Hot Chip - No More Master

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