laut.de-Kritik

"Party like a rock star, look like a movie star, play like an all star, fuck like a porn star."

Review von

Crunk ist eine feine Sache: Selbst einem zweifelhaften Vogel wie Tony D muss man auf die Frage "Wollt ihr crunken?" herzhaft ein "Ja, wir woll'n crunken!" entgegen schmettern. Crunk funktioniert erwiesenermaßen, lässt in Clubs den Schweiß zäh und sirupartig von der Decke tropfen und entspannt kolossal, da völliges Ausschalten des Verstandes sowie debiles Mitbrüllen gestattet, wenn nicht gar erforderlich sind. Ich find' das lustig.

Der Nutzen einer Crunk-Compilation aus der Konserve erschließt sich mir dennoch nur bedingt. Um zu voller Blüte zu gelangen, bedarf Crunk einer zivilisierten nachbarschaftlichen Beziehungen abträglichen Lautstärke. Da mein gepimpter Eldorado gerade bei West Coast Customs die Felgen poliert bekommt, fällt der gepflegt beschallte Landausflug flach. Im stillen Kämmerlein konsumiert, tut sich im Spaß ein erhebliches Loch auf.

Sei's drum: Um sich einen Überblick über das aktuelle Geschehen der Szene zu verschaffen, eignet sich die dritte Ausgabe der "Crunk Hits" allemal. Wer immer noch nicht kapiert hat, was dieses doch recht spezielle Genre ausmacht: Lil Robs "Bring Out The Freak In You" liefert das Paradebeispiel für einen Crunk-Track.

Billige Keyboardsounds, Standard-Claps und pumpende Bässe, die dafür voluminöser nicht hätten ausfallen können, begleiten Raps, die über lechzende Anbaggereien und weitergehende Schlafzimmer-Szenarien nur dann hinauskommen, wenn die Zahlungskräftigkeit ("I got money in the bank!") oder ganz allgemein die eigene Großartigkeit unter Beweis gestellt werden soll: "I'm hot 'cause I'm fly, you ain't 'cause you're not - this is why I'm hot."

Dieser intellektuell wie musikalisch im Grunde wenig bis gar nicht ansprechende Rahmen liefert aber dennoch Raum für allerlei Variationen. Von beinahe zarter Akustik-Gitarre, zu der T-Pain und Mike Jones (Who? Mike Jones!) ihre Gefühle für eine Stripperin besingen, über das Piano im Hintergrund von T.I.s "Big Things Poppin'" hin zu veritablen Rockgitarren, zu denen Lil Jon und die Oscar-dekorierte Three 6 Mafia in "Act A Fool" abgehen, ist alles drin.

Die Drums in "Rock Yo Hips" taugen durchaus zum Antrieb einer ordentlichen Zahl Galeerensklaven. Zudem gibt es selbstredend brüllende Zwischenrufe, Geklingel, Gescheppere sowie das eine oder andere gescrewte Stimm-Sample. Too Shorts Aufforderung verhallt ebenfalls nicht ungehört: "Blow The Whistle".

Stimmlich erstreckt sich das Gebotene über die komplette Bandbreite: Crunk bedient sich rauer Reibeisenstimmen wie derer der Three 6 Mafia oder der leiernden Performance eines T.I. gleichermaßen, wie er im Regen heulenden Wölfen ("Make It Rain"), meinen erfreulicherweise ungebrochen durchgeknallten Lieblings-Zwillingen ("Git It") oder einem smooth singenden Chris Brown eine Bühne bietet. Der scheint sich aus einer Zeit, als dieser noch als King of Pop galt, eine Menge bei Michael Jackson abgeschaut zu haben.

Ob schlicht oder üppig, bedrohlich breitflächig, großzügig mit Reggaeton-Elementen gespickt oder gar anheimelnd soulig gefärbt, lassen die Beats kaum Langeweile aufkommen. Scott Storch kommt mit dem simplen Strickmuster Crunk genau so mühelos klar wie dessen selbsternannter Regent Lil Jon, der sich wie üblich als König der Schreihälse profiliert. Bei "Git It" kündet bereits der erste Bassschlag unüberhörbar von der Produktion aus dem Hause Collipark.

Auf allzu Erfolgreiches wie "Big Shit Poppin'" oder "This Is Why I'm Hot", das jedem, der sich im vergangenen Jahr nicht schalldicht zu Hause eingemauert hat, bestens vertraut sein dürfte, hätte ich zwar problemlos verzichten können. Zum Konzept gehört solches allerdings zwingend dazu, sollen wir doch "Crunk Hits", "zertifizierte" noch dazu, präsentiert bekommen. In meinen persönlichen Charts liefern sich "Act A Fool" und "The Anthem" das Rennen um den Spitzenplatz.

Im Grunde ist mit den ersten Zeilen Pitbulls schon alles gesagt: "Party like a rock star, look like a movie star, play like an all star, fuck like a porn star." Möchte dazu wirklich jemand nein sagen?

Trackliste

  1. 1. Pitbull ft. Trina & Young Boss - Go Girl
  2. 2. Three 6 Mafia - Poppin' My Collar
  3. 3. Chris Brown - Run It!
  4. 4. T-Pain ft. Mike Jones - I'm N Luv (Wit A Stripper)
  5. 5. Jim Jones - We Fly High
  6. 6. Lil Rob - Bring Out The Freak In You
  7. 7. Ying Yang Twins & Bun B - Git It
  8. 8. Pitbull ft. Lil Jon - The Anthem
  9. 9. Too Short - Blow The Whistle
  10. 10. T.I. - Big Things Poppin' (Do It)
  11. 11. MIMS - This Is Why I'm Hot (Album Version)
  12. 12. Gucci Mane ft. Mac Breezy - Go Head
  13. 13. Fat Joe ft. Lil Wayne - Make It Rain
  14. 14. Lil Scrappy ft. Young Buck - Money In The Bank (Remix)
  15. 15. Lil Jon ft. Three 6 Mafia - Act A Fool
  16. 16. Dem Franchize Boyz ft. Peanut & Charlay - Lean Wit It, Rock Wit It (Radio Edit)
  17. 17. Lil Boosie & Webbie ft. Foxx - Wipe Me Down
  18. 18. Crime Mob ft. Lil Scrappy - Rock Yo Hips
  19. 19. Yo Gotti ft. Baby & Lil Wayne - I Got Them

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9 Kommentare

  • Vor 16 Jahren

    yep, cool dass dies jemand anspricht. Crunk ist definitif nicht in den letzen paar jahren ausm boden gestampft worden...Klar, Leute wie Lil John haben diesem Style eine ganze Menge Aufmerksamkeit eingebracht, doch einer der absoluten Altmeister diesese Genres ist für mich unumstritten Three 6 Mafia. Sind schon ne ganze weile am Platten verticken die Jungs und aufgrund des einen oder anderen Knastbesuch der Mitglieder auch immer wieder mit anderer Besetzung am start. Wer mit diesem Rap-Style durchwegs klar kommt, dem seinen die Alben Chapter 2-World Domination When the Smoke clears oder da Unbreakabeles ans herz gelegt, die Parallelen zum heutigen CRUNK sind dort auch nur schwer zu übersehen...see you

  • Vor 16 Jahren

    @star track (« yep, cool dass dies jemand anspricht. Crunk ist definitif nicht in den letzen paar jahren ausm boden gestampft worden...Klar, Leute wie Lil John haben diesem Style eine ganze Menge Aufmerksamkeit eingebracht, doch einer der absoluten Altmeister diesese Genres ist für mich unumstritten Three 6 Mafia. Sind schon ne ganze weile am Platten verticken die Jungs und aufgrund des einen oder anderen Knastbesuch der Mitglieder auch immer wieder mit anderer Besetzung am start. Wer mit diesem Rap-Style durchwegs klar kommt, dem seinen die Alben Chapter 2-World Domination When the Smoke clears oder da Unbreakabeles ans herz gelegt, die Parallelen zum heutigen CRUNK sind dort auch nur schwer zu übersehen...see you »):

    mach erstmal keine rechtschreibfehler, dann reden wir weiter.

  • Vor 16 Jahren

    Hab ich was verpasst? Nennt mich kleinlich aber:

    Der königliche T.I., der fette Joe, der kleine Wayne und der kiffende Baller Jim auf einer Crunk Compiliation?!

    Alles Top Songs von Top Rappern ,gar keine Frage, aber ich würde das nicht unbedingt als Crunk bezeichnen!

    Lil Jon, Three 6 Mafia, Ying Yang Twins. Ja eindeutig Crunk aber die obengenannten eben nicht.