laut.de-Kritik

Volltreffer: Deutschrapper covern alte 80er-Fetenhits.

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Wenn ein Album normalerweise kaum auf einen Nenner zu bringende Geschmäcker trifft und gleichzeitig dem unbelehrbaren A-ha-Anhänger, der Synthie-Windel, dem Brit-Gitarren-Mann und der Hip Hop-Tante der Musikredaktion des Vertrauens veritable Lachflashs beschert, dann ist das bemerkenswert. Wenn dann auch noch der ansonsten recht stoische Kollege Dobler vergeblich versucht, sein Kichern unter einem gegrummelten "Musikalisch fragwürdig, drei Punkte. Höchstens!" zu verbergen, darf man getrost von einem Volltreffer sprechen.

Es hilft nix. Wir sind eben alle, Dendemann hat's längst erkannt, 70er Babys und 80er-Kinder, denen Petone mit "80's Flashback" die verdammt nochmal beste Party-Hits-Compilation seit Jahren beschert. Womit man es zu tun bekommt, erklärt ein großartiger Hype-Man in einem Intro, das ich am liebsten anstelle einer Rezension in voller Länge zitieren würde. Wilhelm Wieben, lange Jahre Sprecher der Tagesschau, verlas einst unter anderem die Nachrichten in Falcos Wellen der Empörung schlagenden Nummer "Jeanny", wagte also schon zu einer Zeit den Schritt in die Popmusik, als die Pässe noch grün waren. (Torch, my man, auch der war für Dich!)

Wieben prophezeit über einem mit fett bratzendem Bass aufgemotzten Trio-Beat "fantastische Interpretationen sensationeller Fetenhits, fetzige Nummern, die vollkommen zu Unrecht in Vergessenheit geraten sind", und von Jan Delay über Samy Deluxe samt Hamburgs Finest-Kollegen, Das Bo, Afrob und Harris bis hin zu den Ruhrpott-Abgesandten Snaga & Pillath sowie Aggro Berlins Zugpferd Sido tritt die erste Garde der Deutschrap-Heroen an, dieses Versprechen einzulösen. Schützenhilfe erhalten die sämtlich sturmerprobten MCs, die "ihre Styles über synthetische Klänge kicken", zudem aus ganz unerwarteten Ecken.

"Es ist ganz erstaunlich zu sehen, was passiert, wenn HP Baxxter das Megaphon mal zur Seite legt", freut sich Mr. Tagesschau ein Loch in den Bauch. Tatsache: "Wickeeed!" Scooters Schreihals liefert gemeinsam mit Dirty Harry die derbste Version von Grauzones "Eisbär", die je einen Tanzboden gerockt hat. Nico Suave holt sich mit H-Blockx-Frontmann Henning Wehland einen weiteren Megaphonschwinger ins Boot. Dieses Dreamteam nimmt in "Wir Roll'n" Visages "Fade To Grey" auch den letzten zweifelhaften Jugendhaus-Touch und macht die doch etwas angestaubte Nummer wieder durchaus salon-, pardon, clubfähig.

Am Klassiker "Shout" vergehen sich Jan Delay und Dendemann ("Unser Sound is' für'n Arsch, der sich fürs Stock-Rausholen bedankt"), während Samy Deluxe über einem aufpolierten George Krantz-Track zeigt, was eine Harke ist: "Wir haben die Klassiker / hier aus den 80ern / und bringen den Leuten wieder das Tanzen bei". Das Bo und Petone, auf dessen Konto die Idee für die absurde Zeitreise geht, treten gleich zweimal an, um erst Spliff, dann Righeira die Spinnweben vom Blech zu wedeln: "Entweder habt Ihr Bock drauf oder Ihr habt keinen Bock drauf!"

Schlaflos im Märkischen Viertel trifft Sido in "Ich Brauch Schlaf" den Geist von LL Cool Js Vorlage ("I Need Love") mit der Faust solange aufs Auge, "Bis Es Knallt" und die Punchline-Kanonen Snaga & Pillath Schalke 04 zu den verfremdeten Klängen von Afrika Islams und Ice Ts "Colors" eine weitere Fanhymne liefern. Was sagen wir dazu? "Oh Mein Gott"! Das "Kokain" steuern Denyo und das Herrchen des Goldenen Pudels, Rocko Schamoni, bei.

Ja, Herr Dobler. "Musikalisch fragwürdig, drei Punkte. Höchstens!", ich weiß. Auch inhaltlich Tiefschürfendes ist selbstredend nicht zu erwarten. Der Bierernst hat allerdings schon die Flucht ergriffen, als Wilhelm Wieben nach knappen zwei Minuten fordert: "Petone, Alder, fahr' ab den Scheiß!" Der Spaßfaktor verdient die Höchstnote. Ich fordere eine Liebhaber-Edition auf Vinyl-7"es und schwöre: Sobald es die gibt, spiele ich jeden einzelnen Track. Sicher, Dicker!

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Das Blech 2007
  3. 3. Bin Da Da
  4. 4. Sturm & Drang
  5. 5. Hot Hot Hot
  6. 6. Ich Brauch Schlaf
  7. 7. Flashback
  8. 8. Eisbaer
  9. 9. Kokain
  10. 10. Bis Es Knallt
  11. 11. Wir Wollen Euch Antoern
  12. 12. Oh Mein Gott
  13. 13. Wir Roll'n
  14. 14. Bleib Bei Mir

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