laut.de-Kritik

Italopop mit R'n'B-Einflüssen und Texten über heißen Sex.

Review von

Kein Zweifel, dieser Kerl hat es in sich. Gerade mal 24-jährig veröffentlicht er schon sein zweites Album mit selbst geschriebenem Material. Musste er bei seinem Debüt "Rosso Relativo" noch ein Jahr warten, bis es 2002 auch im deutschsprachigen Raum auf den Markt kam, erscheint "111" europaweit zur gleichen Zeit. Lediglich die veränderte Schreibweise der Single "Perverso" - auf Italienisch "Xverso, wobei das "x" für jenes mathematische Zeichen steht, das "per" ausgesprochen wird - und ein zweites Booklet mit Texten auf Englisch weisen die Exportversion aus.

Das Rezept, mit dem sich Ferro einen Namen gemacht hat, bildet auch die Grundlage für "111": italienischer Popflair mit Beats sowie R'n'B- und Gospeleinflüssen, gepaart mit persönlichen Texten und feschem Aussehen. Ließ er sich auf dem Cover von "Rosso Relativo" noch gangstamäßig mit Bandanatuch um die Hand in Machopose abbilden, trägt er nun schicke Klamotten von Exté.

Auch wenn die Zutaten die gleichen geblieben sind, hat sich die Mischung verfeinert. Die ersten drei Stücke fangen demnach unterschiedliche Stimmungen ein. "111 ist die Zimmernummer in einem Hotel, 111 ist die Notrufnummer für einsame Menschen, 111 sind die Leute, die mich lieben" spricht Ferro ins Mikrofon, bevor elektronische Klänge die Grundlage für seine nun singende Stimme liefern. "Perverso" ist dagegen ein echter Ohrwurm und erinnert nicht nur im Titel an seinen ersten Hit "Perdono": Ein minimalistisches Klanggefüge aus gesampelten Stimmschnipseln, rhythmischem Klatschen und sortierten elektronischen Geräuschen liefern die Basis für Ferros Ausführungen, die von heißem Sex handeln. Ganz ruhig fällt schließlich "Sere Nere" aus, das sich mit schmachtendem Schmerz, Gitarren und Klavier an klassischem Italopop orientiert.

Rhythmisch/langsam ist das Schema, das dem Album auch im weiteren Verlauf zugrunde liegt. In den Texten beschäftigt sich Ferro hauptsächlich mit den Auswirkungen seines Erfolgs. Er sieht sich selbst zwar noch als umgänglicher Bursche aus Latina bei Rom ("111"), nimmt aber Veränderungen in seiner Umgebung wahr: Leute, die Freundschaft vorspielen, um aus ihm Kapital zu schlagen ("10 Piegamenti!", "Chi Non Ha Talento Insegna"), Freunde, die sich beschweren, weil er nicht mehr genug Zeit für sie hat ("Ti Voglio Bene"), Beziehungen, die enden, bevor sie richtig anfangen ("In Bagno In Aeroporto", "Non Me Lo So Spiegare"). Melancholisch erinnert er sich zum Schluss an seine Schulzeit ("13 Anni") und lehnt sich dabei musikalisch wie stimmlich stark an Vasco Rossi an.

Ein Stück, das aus dem Rahmen springt, ist "Temple Bar". Begleitet von Klavier, Kontrabass und Saxophon, croont sich Ferro träumerisch durch die Erinnerung an einen nebeligen, romantischen Abend. Kommt als nächstes "Swing When You're Winning" Teil 150 auf den Markt? Eine Frage, die erst mit der Veröffentlichung von Ferros drittem Album eine Antwort finden dürfte. Davor können sich seine Fans noch auf die bereits angekündigte ausgiebige Tour freuen.

Trackliste

  1. 1. Centoundici
  2. 2. Perverso
  3. 3. Sere Nere
  4. 4. Ti Voglio Bene
  5. 5. In Bagno In Aeroporto
  6. 6. Non Me Lo So Spiegare
  7. 7. Mia Nonna
  8. 8. 10 Piegamenti!
  9. 9. Temple Bar
  10. 10. Giugno '84
  11. 11. Eri Come L'Oro Ora Sei Come Loro
  12. 12. Chi Non Ha Talento Insegna
  13. 13. 13 Anni

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