laut.de-Kritik

Unverkrampfte Zwischenbilanz einer versierten Singer/Songwriterin.

Review von

Hierzulande noch weitgehend unbekannt, hat sich die britische Singer/Songwriterin Thea Gilmore in ihrer Heimat und den USA mit ihrem Folk-Pop ihrer bisherigen Veröffentlichungen nicht nur bei bekennenden Fans wie Bruce Springsteen oder Martha Wainwright Gehör verschafft.

Mit "Liejacker" erweist sich die 29-Jährige nun als "Lügenfängerin", die sich lyrisch eindringlich mit Themen wie Betrug, Politik, Religion und Sex auseinandersetzt. Nach überwundener Depression und der Erfahrung des ersten Mutterglücks hat Gilmore zu einem reflektierten Ausdruck gefunden, der bei aller textlichen Nachdenklichkeit und Melancholie nicht nur den trüberen Klängen Raum gibt, sondern auch mit manch heiterem Moment aufwartet.

Wunderbar behutsame Arrangements aus Akustikgitarrre, Schlagzeug und Piano prägen die Songs, um die sich hier und da eine feinfühlig gesetzte Ukulele, ein Akkordeon oder Streicher ranken. Melodisch gefällt Gilmore mit ruhigen Melodielinien und zurückhaltenden emotionalen Refrains, stimmlich überzeugt sie mit großartigem, variablem Gesang.

Das sentimentale Duett "Old Soul" mit Zutons-Sänger Dave McCabe eröffnet das Album wunderbar zur Akustischen, Schlagzeug, Cello und Pianotupfern, während sie mit "Black Letter" die eigene Depression thematisiert und mit drängenden Percussions und dramatischem Cello eine entsprechend klaustrophobische Stimmung schafft.

Die countryeske Ballade "Dance In New York" wird von der geschlagenen Gitarre und dem Cello begleitet und erinnert melodisch an Lucinda Williams. Feinen Country-Folk mit toller Melodielinie präsentiert sie in "Rosie", in dem die Ukulele und die Mundharmonika anklingen, im berührenden "Ikarus Wind" lässt sie sich effektvoll vom Piano begleiten.

Atmosphärisch kann man Gilmore in eine Reihe mit der derzeit angesagte Singer/Songwriter-Kollegin Kat Frankie stellen, die musikalisch eine ähnliche Unmittelbarkeit und Tiefe an den Tag legt.

Während sie in "The Wrong Side" zur fröhlich scheppernden Ukulele die Fremdbestimmung kritisiert und sich "When I Get Back To Shore" als gutlaunige Country-Gospel-Nummer entpuppt, plädiert sie im lasziv-verschleppten "Slow Journey" in Blues-Manier für die Langsamkeit bei der Ausübung des sexuellen Aktes.

Für das zur gezupften Gitarre intonierte "The Lower Road" hat Thea ihr Vorbild Joan Baez geladen, die gerne bereit war, diese ruhige Nummer zu veredeln.

Sehr schön auch, was sie mit dem Bonus-Track "You Spin Me Right Round" aus dem Original von Dead Or Alive macht, den sie als sanftes Folkrock-Stück interpretiert.

Thea Gilmore zieht mit "Liejacker" eine vielseitige und unverkrampfte Zwischenbilanz ihres bisherigen Lebens. Der Tragik ihrer Welt stellt sie sich mit der nötigen Distanz entgegen, die sich musikalisch in tollen Melodien zwischen Folk, Pop und Country äußert.

Mit diesem reifen Album, das einige Songperlen beinhaltet, sollte Gilmore sich nun auch in Deutschland einen Namen machen, auch wenn die Platte für den kommerziellen Erfolg möglicherweise zu wenig Pop-Appeal ausstrahlt. Der Qualität der Lieder tut das jedenfalls keinen Abbruch.

Trackliste

  1. 1. Old Soul
  2. 2. Black Letter
  3. 3. Dance In New York
  4. 4. Rosie
  5. 5. Roll On
  6. 6. Icarus Wind
  7. 7. The Wrong Side
  8. 8. Slow Journey
  9. 9. And You Shall Know No Other God
  10. 10. When I Get Back To Shore
  11. 11. Breathe
  12. 12. The Lower Road
  13. 13. You Spin Me Right Round

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2 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    "Wunderbar behutsame Arrangements aus Akustikgitarrre, Schlagzeug und Piano prägen die Songs, um die sich hier und da eine feinfühlig gesetzte Ukulele, ein Akkordeon oder Streicher ranken. Melodisch gefällt Gilmore mit ruhigen Melodielinien und zurückhaltenden emotionalen Refrains, stimmlich überzeugt sie mit großartigem, variablem Gesang."

    "Mit diesem reifen Album, das einige Songperlen beinhaltet, sollte Gilmore sich nun auch in Deutschland einen Namen machen, auch wenn die Platte für den kommerziellen Erfolg möglicherweise zu wenig Pop-Appeal ausstrahlt. Der Qualität der Lieder tut das jedenfalls keinen Abbruch."

    Das sollte aber nun wirklich ein Sternchen oder einen Balken mehr wert sein.
    Schön, daß Frauen wie Thea Gilmore hier ein -wenn auch kleines- Echo finden.
    Seit ich "Rules For Jokers" vor Jahren hörte, war ich auf Neuerscheinungen gespannt. Von mir gibts (für beide Alben übrigens) ****

  • Vor 15 Jahren

    Das Album ist übrigens komplett auf last.fm abhörbar:

    http://www.last.fm/music/Thea+Gilmore/Liej…

    Das erste Stück "Old Soul" fand ich zunächst etwas harmonieselig. Hatte vorher gelesen, dass der "The Zutons"-Sänger da mitduettiert. Die hab ich jetzt vor allem mit solch wunderbar schrägen Stücken wie "Railroad" (von "Who Killed The Zutons") im Kopf. Aber innerlich umprogrammiert auf "Behutsames" fand ich bereits "Black Letter" ziemlich gut. Und so gings weiter. Lohnt sich!