laut.de-Kritik

Wild wie ein Bilanzbuchhalter beim Mittagstisch.

Review von

"Schaust du träumend nachts um zwölf aus deinem Fenster / ja, dann sieht Spanien mehr als verzaubert aus / Denn es schleichen dort an Stelle der Gespenster / die Caballeros mit Gitarre um das Haus." Señora Mayka Edjo spielt mit ihren Caballeros von den Sweet Vandals auf "After All" Soul und Funk, der sich nett und freundlich für die wenigen Sommertage in diesem Jahr empfiehlt. So locker und leicht, der schwimmt sogar in Milch.

Dabei würde Album Nummer Vier ein wenig säuerliche Buttermilch gut stehen. Denn der Zucker der süßen Rowdys klebt so manchen Track zu. Selbst wenn sie es mal richtig krachen lassen, fehlt ihnen die kernige Tiefe der Konkurrenz namens Jones, Bradley oder Willis. Verspricht der Promo-Zettel eine Mischung aus wildem Funk und smarten Soul-Melodien, bleibt das Ergebnis über weite Strecken so wild wie ein Bilanzbuchhalter beim Mittagstisch.

Viel Energie verpufft unter der zahmen Produktion. Etwas zu gleichförmig fließen "Whether You Like It Or Not" und "Feel Alive" vorbei. An sich schöne Nummern, übersät mit feinen Gitarrenlicks und Santiago Vallejos allgegenwärtiger Hammondorgel, denen aber die nötige Schärfe fehlt. Doch immer wieder blitzt die Klasse der Band hervor. "Better Than I Am" und "Our Rulers Are Liars" schmücken glanzvolle Bläser-Soli.

Nur selten lassen die Sweet Vandals ihre Sängerin komplett von der Leine. Selbst wenn Edjo im funkenden "Ain't No Use" ihrer Stimme den nötigen Raum lässt, bleibt der Boden geleckt sauber. Die Madrilenen in ihrem Rücken spielen einwandfrei, doch zu kontrolliert auf.

In diesem keimfreien Umfeld fällt es schwer, wirkliche Gefühle für die Musik zu entwickeln. Dem Soul der Ballade "Our Rulers Are Liars" gelingt dies deutlich besser als den vorangegangenen Funk-Stücken. Eine Mischung aus den Temptations und den Zombies, mit angenehm angejazztem Break. Auch "Old Souls", das mit Versatzstücken von Al Green und Booker T. spielt, gehört zu den gelungenen Momenten auf "After All".

Doch die Reinemachefrau war fleißig. Wieder einmal schaffen es die Sweet Vandals nicht, ihre Live-Energie auf ein Album zu packen. "After All" bleibt zu glatt, zu sauber und wie immer bleibt der entscheidende Funke auf der Strecke. Wie wäre es zur Abwechslung einfach mal mit einem Live-Album? Vielleicht scheint dann auch bei den Sweet Vandals die Sonne bei Tag und Nacht. Eviva Espana.

Trackliste

  1. 1. Whether You Like It Or Not
  2. 2. Feel Alive
  3. 3. Better Than I Am
  4. 4. Old Souls
  5. 5. Waves And Wings
  6. 6. Out Of My Head
  7. 7. Ain't No Use
  8. 8. Our Rulers Are Liars
  9. 9. Cool Town
  10. 10. After All

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1 Kommentar

  • Vor 6 Jahren

    Ist ja jetzt schon ein bisschen älter, das Album. Aber es hat mir heute meinen Tag gerettet. Und ich bin kein Bilanzbuchhalter (und ich beabsichtige - Gott bewahre! - auch nicht, es zu werden). Vor Jahren (2010 ???) habe ich sie mal in Frankfurt live erlebt und da haben sie schon das Fest in der Hand gehabt. Und ich muss sagen: seitdem sind sie noch besser geworden. (Ich weiß, 2013) Mag sein dass live ihnen besser stand als Studio, aber da gab und gibt es noch ganz andere Kandidaten, denen das so geht. Und Kritiker sind manchmal auch einfach schlecht drauf!