laut.de-Kritik

Der Daptone-Chef lässt den Souljazz-Schweinehund raus.

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Geschlagene zehn Jahre ist "Pure Cane Sugar" mittlerweile alt. Er hatte einfach keine Zeit für einen Nachfolger, sagt Neal Sugarman aus gutem Grund. Schließlich ist der US-Amerikaner nicht nur Frontmann des Trios, das dank einiger Gastmusiker längst kein solches mehr ist. Sugarman fungiert im Hauptberuf als Labelchef der legendären Daptone Records und Mitglied der Dap-Kings.

Dass "Pure Cane Sugar", nach "Dap Dippin' With Sharon And The Dap-Kings" immerhin die zweite Platte, die jemals über Daptone veröffentlicht wurde, überhaupt einen Nachfolger bekommt, ist einem Treffen mit Adam Scone zu verdanken. Gemeinsam beschlossen die beiden, Sugarman Three wieder aufleben zu lassen.

Scone an der Hammond-Orgel, Sugarman am Saxophon und Rudy Albin am Schlagzeug: So lautet die Originalbesetzung, die sich mit Daptone-Mitbegründer Gabriel Roth und drei weiteren Dap-Kings-Mitgliedern im Studio trafen, um zunächst zwanglos zu jammen. Herausgekommen sind elf Stücke, von der Hammond-Orgel getrieben, vom Saxophon getragen und von den Drums im Zaum gehalten.

So richtig passen will "What The World Needs Now" nicht zum übrigen Daptone-Output. Dass die Scheibe komplett instrumental daherkommt, ist bei den New Yorkern zunächst nichts besonderes. Doch so weit im Jazz verhaftet sind die Label-Kollegen der Budos Band oder Antibalas freilich nicht. Sugarmans Scheibe riecht auch bei weitem nicht so streng nach Schweiß wie die Platten der Genossen.

Dafür überrascht "What The World Needs Now" alle, die "Pure Cane Sugar" kennen. Die Truppe wirft das Konzept des Vorgängers, der Lee Fields, Charles Bradley und Naomi Davis hofierte, eiskalt über Bord und lässt 36 Minuten lang den inneren Souljazz-Schweinehund heraus, um Funk zu steppen. Sein Geschmack habe sich eben geändert, sagt Sugarman.

"Wenn die Platte nicht gut geklungen hätte, hätten wir sie gar nicht herausgebracht", blickt er im laut.de-Interview auf die vier Nächte zurück, in denen "What The World Needs Now" entstand. Er habe dieses Mal keinen so großen Einfluss nehmen, sondern einfach mit den Leuten spielen wollen, mit denen er es liebe zu spielen. Ein Umstand, der es dem Hörer nicht immer einfach macht, "What The World Needs Now" zu folgen.

Das Publikum scheinen Sugarman und seine Kollegen nämlich weit weniger im Sinn gehabt zu haben als die pure Lust am Zusammenspiel. Für den passiven Dritten sorgt dies zuweilen dafür, dass die 36 Minuten haarscharf an der Langatmigkeit vorbeischrammen. Wohl gemerkt: haarscharf. Zumeist wirkt Sugarman mit gezieltem Bläsereinsatz dem Gähnen entgegen. Zur Not blendet der Produzent die Stücke einfach rechtzeitig aus.

"What The World Needs Now" ist eine Liebhaberplatte für Fans des Labels. Keine Offenbarung, aber solide Kost. Aber wer nach zehn Jahren mehr oder weniger spontan beschließt, aus einer Jam-Session eine neue LP zu basteln, wollte wohl auch genau das. Und wer der Musikwelt Daptone geschenkt hat, darf sich mit seinen Kumpels auch einmal einfach so gehen lassen.

Trackliste

  1. 1. Rudy's Intervention
  2. 2. Your Friendly Neighborhood Sugarman
  3. 3. Got To Get Back To My Baby
  4. 4. But It's Alright
  5. 5. Witches Boogaloo
  6. 6. Brother T
  7. 7. What The World Needs Now
  8. 8. Dirty Water
  9. 9. Jealous Moon
  10. 10. Mellow Meeting
  11. 11. Love Went Away

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