laut.de-Kritik

Der Sonne hinterher mit verzerrtem 60s Rock'n'Roll.

Review von

Die Raveonettes rochen von Anfang an streng nach abgekartetem Spiel. Sune Rose Wagner schrieb Songs, setzte sich eine Sonnenbrille auf, schleppte eine blonde Bassistin an und fand mit Jesus & Mary Chain und anderem dunklen Sixties-angehauchten Rock eine Retro-Nische, die noch von keinem New Yorker Hipster besetzt war. Dazu gab er sich noch ein seltsames B-Movie-Image und traf im Boom der Rock-Duos (White Stripes, The Kills) voll ins Schwarze.

Ihre 8-Track EP "Whip It On" war dann zwar nicht die Offenbarung des Rock, die Songs liefen aber doch so gut bzw. so oft rein, dass ich mittlerweile sogar einzelne Songs unterscheiden kann. Sie waren verdammt cool. Sie waren verdammt straight. Sie waren verdammt verzerrt und verdammt geil. Und das selbst, als sie acht Mal den gleichen Song auf eine Platte pressten.

Nun liegt das Debüt-Album auf dem Tisch und das Gedankenmachen geht weiter. Auf dem Cover lassen sich Sune und seine Bassistin Sharin Foo in bester Mod-Manier auf Motorrädern ablichten und stellen sich wie auf einem Filmplakat mit einem "Starring" vor. Was soll der Scheiß? Und warum sind die Raveonettes "Whiplash (= Schleudertrauma) Rock'n'Roll", wie es ebenfalls dort angeprangert wird? Fragen, auf die es keine zufrieden stellende Antwort gibt, außer dass Sune wohl gerne James Dean wäre (vgl. Fotos im Booklet), mit seinem Milchgesicht-Blick aber wohl nicht mal auf den Boden spucken kann.

Lässt man das ganze Style-Getue mal außen vor, kann man zur Abwechslung mal auf das achten, was bei den Raveonettes manchmal etwas zu kurz kommt: die Musik. Nach dem ersten EP-Einheitsbrei hätte man ihnen wohl kaum die eingetretene Veränderung zugetraut. Das ist zwar alles nach wie vor sehr 60er artverwandt, legt aber dieses düstere und dunkle Image ab. Jetzt wird der Sonne auf den heißen Öfen hinterher geprescht und der Spaß im Leben nicht vollkommen verneint. Deutlich heller klingt alles, obwohl es wie gehabt hauptsächlich um eine bis zum Anschlag verzerrte Gitarre und schnelle, gut reinlaufende Melodien geht.

Spontan-Rock'n'Roll könnte man es nennen. Mal leise drehen, mal laut drehen. Mal flüstern, mal schreien. Es gibt nicht viel zu sagen ("My girl is a little animal and she always wants to fuck"), deshalb sagt man oft "Yeah". Neue Akkorde hat man auch nicht gelernt, daher fehlt ein heraus stechender Hit. Durchweg gute Arbeit, die harmlos im Charme der 60er unterhält.

Das Debüt der coolen Kopenhagener ist eine kurzlebige Sache, die ein paar Wochen lang gute Rockmusik hergibt, dann aber seine Energie aufgebraucht hat. Zur vollen Entfaltung findet diese Musik sowieso nur auf einer kleinen Bühne in einem verrauchten Rock-Club. Wir sehen uns bei der Tour im November. Und selbst dann, im angehenden Winter, gehören Sonnenbrillen immer noch ins Pflichtprogramm.

Trackliste

  1. 1. Remember
  2. 2. That Great Love Sound
  3. 3. Noisy Summer
  4. 4. The Love Gang
  5. 5. Let's Rave On
  6. 6. Dirty Eyes (Sex Don't Sell)
  7. 7. Love Can Destroy Everything
  8. 8. Heartbreak Stroll
  9. 9. Little Animal
  10. 10. Untamed Girls
  11. 11. Chain Gang Of Love
  12. 12. The Truth About Johnny
  13. 13. New York Was Great

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2 Kommentare

  • Vor 20 Jahren

    Wundert mich, dass noch nichts darüber geschrieben wurde. Nach der starken EP vom Frühjahr haben sie mit ihrem Album ein nettes und kurzweiliges Stück Musik nachgelegt. Ist zwar insgesamt nicht viel länger als die EP, aber ich bin sowieso kein Freund von epischen Längen.

    Da wo die EP aufgehört hat, macht das Album weiter. Die Mischung aus Lofi, Garagenrock und Noiserock wird beibehalten, teilweise wird für den guten Geschmack vielleicht etwas zuviel an den Verstärkern ge-/verdreht, aber : "This is Whiplash Rock'n'Roll". Also erlaubt.

    Spaß macht es auf jeden Fall, die Musikpolizei sollte es sich aber lieber nicht anhören.

    Meinungen?

  • Vor 20 Jahren

    Die paar Songs, die ich gehört habe, reichen für mich nicht zum Albumkauf... ok Songs zwar, aber irgendwie auch schnell wieder vergessen. Habe zwar mal gelesen, dass das Album mit jedem Hören besser wird... ob da was dran ist?