19. Mai 2010

"Es geht immer um Mann und Frau"

Interview geführt von

Dan Auerbach, Sänger der Black Keys, spricht im Interview über Idole, Produktionsbedingungen und den Ursprung jeder Geschichte - einen Mann und eine Frau.Die rauchige Gesangsstimme von Dan Auerbach hört sich am Telefon doch recht normal an. Er gibt sich ehrlich, schlicht und direkt, wie "The Black Keys" in ihren besten Songs. Das Interview ist ähnlich kurzweilig und schnell eingepielt wie ihre Alben.

Wie waren die Aufnahmen zu eurem neuen Album "Brothers", wie lange habt ihr gebraucht?

Es dauerte etwa eine Woche in Ohio und etwa eineinhalb Wochen im Muscle Shoals Studio in Alabama. Alles in allem also zweieinhalb Wochen.

Also ziemlich schnell, wie immer.

Ja.

Wie kamt ihr auf die berühmten Muscle Shoals Studios? Die Rolling Stones, Aretha Franklin - alle waren schon da.

Wir suchten ein Studio, das ein bisschen aus der Stadt draußen ist, irgendwo, wo wir noch nie vorher waren. Also habe ich mit verschiedenen Studios telefoniert und Muscle Shoals hat am besten gepasst. Also sind wir da gelandet. Wir haben fünf Lieder in meinem Studio aufgenommen und den Rest dort. Wir wollten aus der Stadt raus und uns etwas isolieren, abseits von Freunden und Familie.

Hat euch das Studio beeinflusst?

Es hat uns definitiv inspiriert. Dort wurden so viele coole Alben produziert. Aber wir hätten unser Album auch anderswo genauso gemacht, weil es das ist, was wir gerade hören, wo wir unseren Kopf drin haben, auch nach dem "Blakroc"-Projekt. Wir hörten viel Soul, das hat das Album natürlich beeinflusst.

Das hört man auch absolut. Ein richtiges Soul-Album.

Wir haben auch über andere Studios nachgedacht, wo wir spielen könnten, aber es waren keine Soul-Studios. Aber trotzdem hätte das Album so geklungen.

Der Titel ist "Brothers". Hat das mit der Beziehung zwischen dir und Patrick zu tun?

Ja. Es gibt einen Song auf dem Album: "Unknown Brother", über meinen Schwippschwager, der an Krebs gestorben ist. Pat und ich haben beide Brüder und unterhielten uns darüber, wie verrückt es sein muss, wenn dein Bruder stirbt. Das ist der Grund für den Titel. Wir hatten das Gefühl, das wäre der richtige Titel für dieses Album. Nach all den Jahre, die wir zusammen Musik gemacht haben, um die Welt tourten, Hochs und Tiefs, das passte perfekt.

"Nach elf Tagen war das Album durch"

Ich würde auch gerne noch über "Blakroc" sprechen. War das eure Idee, ein Hip Hop-Projekt zu machen?

Damon Dash rief uns an, er wollte mit uns arbeiten. Er hatte keine spezielle Idee, aber er war für alles bereit, wir sollten uns bei ihm melden. Also beschlossen wir, Musik zu machen. Er wollte Jim Jones ins Studio holen, damit war die Sache klar. Wir gingen nach Brooklyn, fingen mit den Aufnahmen an, aber Jim tauchte nicht auf. Wir waren erst deprimiert, aber zum Glück war Mos Def gerade in der Stadt und wir haben ihn ins Studio gekriegt. Er war der erste, der mit uns arbeitete. Das war fantastisch, wir kamen sehr gut miteinander aus. Das brachte den Ball ins Rollen, danach kamen die Leute durch unser Studio und machten mit. Das war sehr cool, das Album war in elf Tagen eingespielt.

Was ist deine Beziehung zu Hip Hop?

Ich höre Hip Hop, seit ich 14 bin. Ich liebe einige Sachen im Hip Hop, allerdings bin ich genauso wählerisch wie bei allem anderen auch. Ich mag nicht alles. Aber das was ich mag, mag ich wirklich. RZA, viel von dem Wu-Tang Stuff. Die Produktion ist so gut! So voller Energie und die Charaktere sind großartig. Ich liebe es.

Also war es ein besonderes Gefühl, mit den Jungs zusammen zu arbeiten.

Ja! Manche waren früher meine Helden. Vor allem RZA. Wir haben mit Musik angefangen, weil wir Musik machen wollten, die klingt wie RZA. Wir wollten Gitarren- und Schlagzeug-Musik machen. Auf unserem ersten Album hatten wir einige Samples, wir waren da echt scharf drauf. Das war also eine echte Ehre, mit ihnen ins Studio zu gehen. Und zu merken, wie gut es funktioniert.

Kannte RZA euch denn schon?

Ich weiß es nicht. Ich glaube, die meisten kannten uns. Er könnte aber der einzige gewesen sein, der uns nicht kannte.

Wie läuft denn so was? Man kann ja nicht einfach anrufen, sich vorstellen und fragen, ob sie mit dir arbeiten wollen?

Ja natürlich. Ohne Damon hätte das sicherlich nicht geklappt. Er hat für uns gesprochen, hat alle ins Studio gebracht.

Habt ihr zuerst die Musik gemacht und dann die Lyrics, oder andersherum?

Wir haben zuerst die Musik gemacht. Wir kamen früh morgens ins Studio, machten die ganze Musik und dann kamen die MCs rein und brachten die Vocals ein. Am Ende des Abends hatten wir den Song fertig. Das war eine Beschränkung, die wir uns auferlegt haben. Wir haben keine weiteren Nachholarbeiten zugelassen, keine Fummelei. Wir fingen morgens an, hörten nachts auf, und das wars! Nach elf Tagen war das Album durch. Wir wollten keine Radiohits machen oder so was. Die einzige Aufgabe war es, schnell zu arbeiten. Mit Leuten, die vorher noch nie mit uns gearbeitet haben.

Echt cool.

Ja, das war lustig.

Glaubst du, der Hip Hop steckt fest? Braucht er mehr Soul?

Ich glaube alles steckt fest (lacht). Verstehst du, was ich meine? Ich weiß nicht, ob es ein Genre gibt, das nicht feststeckt? Auf irgendeine Weise. Es ist alles eine Wiederholung von irgendetwas, oder nicht? Alles. Ich glaube nicht, dass irgendetwas mehr feststeckt als etwas anderes. Es wird immer interessante Musiker geben und Lieder, die wirklich großartig sind. Aber das ist der Grund, warum sie großartig sind. Weil sie sich nicht einordnen lassen und herausstechen.

Wenn man Blues oder Rock mit Hip Hop zusammenbringt, schafft man etwas Neues?

Ich glaube nicht. Das wurde schon vorher gemacht. In den 90igern zum Beispiel. Nichts ist neu. Ich habe seit langer Zeit keine neue musikalische Kunstform mehr gehört. Aber ich schaue auch nicht danach, das interessiert mich nicht. Ich suche gute Musik! Ich mache mir da keine Sorgen über Genres und so. Wenn es gut ist, ist es gut - wenn nicht, dann nicht. Ich glaube, so einfach ist es wirklich. Für mich sowieso.

"Ein Mann und eine Frau sind die Basis von allem"

Dein Nachname ist Auerbach. Das klingt ein wenig deutsch. Weißt du, ob deine Vorfahren deutsche Wurzeln haben?

Ja, mein Großvater ist ein deutscher Nachfahre. Er wurde in Amerika geboren, deshalb weiß er wohl nicht mehr viel über seine deutschen Verwandten. Er hat das jedenfalls nie weitergegeben. Ich glaube der Vater meines Opas, mein Uropa Auerbach (spricht: Auerback) war ein Schmuggler in Amerika. Aber eigentlich weiß ich gar nichts über meine europäischen Wurzeln. Jedenfalls nicht von meiner Vaterseite.

Werdet ihr durch Deutschland touren? Wisst ihr das schon?

Ich weiß nicht. Es ist immer sehr schwierig, weil wir überall sein müssen. Ich würde liebend gern in Deutschland ein paar Shows spielen, aber das hängt halt von vielen Dingen ab. Wir müssen durch die Vereinigten Staaten, Kanada, Australien, Westeuropa,…. Und das alles zweimal! Wir müssen da mindesten zweimal überall hin (lacht). Das kann einen verrückt machen.

Sowieso arbeitet ihr dermaßen viel. Dein Keep It Hid, "Blakroc", jetzt "Brothers" - alles innerhalb von einem Jahr. Freizeit kennst du nicht, oder?

Das hängt davon ab, wie man Freizeit definiert (lacht). Ich verdiene Geld mit meinem Hobby, das ist ein absoluter Segen. In meiner Freizeit möchte ich Musik machen, wirklich! Ich hab noch mehr Alben mit unterschiedlichen Leuten fertig gemacht, ich hab immer etwas, an dem ich gerade arbeite.

Auf "Brothers" ist mir aufgefallen, dass es viel um Liebe geht. Soul, Blues und Liebe bzw. Frauen und Soul, gehört das zusammen?

Naja, ich meine, ein Mann und eine Frau ist so ziemlich die Basis von allem (lacht). Die Basis von jeder Geschichte, die jemals aufgeschrieben wurde (lacht). Und im Soul geht es um alles, was du magst, also um jede Geschichte, die jemals geschrieben wurde. Das ist alles: Es geht immer um einen Mann und eine Frau. Egal was du machst.

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