laut.de-Kritik

Kesha im Petticoat und 50 Cent mit Schmalzlocke.

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Manchmal funktioniert ein Neuaufguss eben. Im Prinzip bleibt "Strings'N'Stripes" dem Erfolgskonzept der Platte "Strike!" treu: Mit Hits unterschiedlichster Couleur ab ins Sound-Labor, hinein in die Petrischale - und das Ganze kräftig mit dem Rockabilly-Bunsenbrenner abgefackelt. Das Destillat ergibt knackfrische Songs mit Zutaten der Fifties und Sixties.

Zunächst amüsiert ein Vexierspiel mit Hip Hop: Fürs Intro knirscht Vinyl, im Hintergrund säuseln dezente Shoo Bap-Chöre, und der britische Radio-DJ Scott Mills leitet ins Album ein. Rihannas Umbrella fliegt nun auf den Müll, dafür schlägt dem 50 Cent-Hit "Candy Shop" sein Stündchen. Mit viel Witz transferieren The Baseballs den Ghettohit in gut strukturierten R'n'R - sehr gute Unterhaltung. Den Einstieg unterlegt der flotte Dreier mit blitzsauberem Barbershop-Gesang.

Klau dem Hip Hop-Räuber sein Diebesgut, dann läuft sowas unter rechtschaffene Wiedergutmachung. In diesem Fall die für "Ghetto Superstar" verbratene Hookline aus Dolly Partons/Kenny Rogers' "Islands In The Stream". Und siehe da: Sogar Radio-Rap macht Spaß, wenn mit Schmackes durchgerüttelt und satter Elvis-Attitüde veredelt. Wahrlich fingerfertig erfüllen The Baseballs auf kompletter Albumlänge ihre Mission. Lässig wirkten die drei Wahlberliner schon zu Karrierebeginn - auf "Stars'N'Stripes" kredenzen sie nun eine ordentliche Portion mehr Straightness.

Bierernst gehen sie dabei trotzdem nicht zur Sache. Als Glücksgriff erweist sich Katy Perrys "California Gurls", das in der Baseballs-Version gleich zwei Titel auf einmal präsentiert: Der Perry-Song findet sich in einem hymnischen "Three Lions"-Arrangement wieder. Keshas "Tic Toc" streift sich einen gut sitzenden Petticoat über.

Die Sixties halten verstärkt Einzug auf "Strings'N'Stripes", einem bewusst irreführenden Titel - Streicher finden sich keine. Persönliche Weiterentwicklung bleibt nicht außen vor: Oft genug explodiert die E-Gitarre härter als in früheren Nummern und in Sachen mehrstimmigem Gesang sitzen Sam, Digger und Basti noch sicherer im Sattel ("Follow Me").

Ganz ohne Meckerei gehts trotzdem nicht. "Quit Playing Games" von den Backstreet Boys scheint eigentlich prädestiniert für eine Baseballs-Umsetzung. Im Vergleich zu vielen anderen Aufnahmen hinterlässt diese Version einen zu beliebigen Eindruck. Das Totlaufen einer zunächst charmant ausgeführten Idee hin zur bloßen Masche bleibt für die Baseballs eine latente Gefahr.

Live präsentiert die Band seit Karrierebeginn auch eigene Songs - immerhin einer hat es auf "Stars'N'Stripes" geschafft. "Hard Not To Cry" zählt gar zu den stärksten Tracks: Unwiderstehlich vereinen die Jungs hier Fifties-Streetcorner-Harmony mit Beach Boys-Elementen.

Durch zu häufige Aufarbeitung des Altbewährten verschenken die Baseballs womöglich eine Menge Potential. Was nicht Not tut: So stil- und geschmacksecht pflegt hierzulande kaum eine andere Band den Geist des frühen R'n'R.

Trackliste

  1. 1. Intro (Feat. Scott Mills)
  2. 2. Candy Shop
  3. 3. I'm Not A Girl, Not Yet A Woman
  4. 4. Hello
  5. 5. Quit Playing Games
  6. 6. Paparazzi
  7. 7. Bitch
  8. 8. Ghetto Superstar
  9. 9. California Gurls
  10. 10. Hard Not To Cry
  11. 11. Coming Home
  12. 12. Tik Tok
  13. 13. Follow Me
  14. 14. Miami

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8 Kommentare

  • Vor 13 Jahren

    "Klau' dem Hip Hop-Räuber sein Diebesgut"???
    Die Baseballs haben meiner Meinung nach nich mal zwei Punkte verdient!

  • Vor 13 Jahren

    Da wirft aber jemand mit Metaphern um sich!! aber seid ihr euch da wirklich sicher mit allen Orginalinterpreten der genannten lieder?? meines wissens ist Tic Toc z.B. nicht von Backstreet Boys.
    Ansonsten find ich so R'n'R-Versionen von Hits immer intreressant und Partytauglich aber nix für jeden Tag genau wie hier auch von dem her Wertung gerechtfertigt.

  • Vor 13 Jahren

    @ Bise: richtig beobachtet! Bei einigen Verlinkungen schlug der böse System-Fehlerteufel in Sachen Online-Version zu.

    Ist inzwischen alles korrigiert, danke für den Hinweis!