laut.de-Kritik

Es johlen die Mongolen.

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Genres sind für Weicheier. Die besten Platten entstehen, wenn sich Künstler einen feuchten Kehricht um Schubladen scheren. Für Tengger Cavalrys Neuaufnahme ihres Debüts "Blood Sacrifice Shaman" dienen Black-, Pagan- und Folk-Metal nur als Richtungsweiser, hinter denen sich ein ausuferndes Klangabenteuer verbirgt. Aus tausend Kehlen von Chinesen johlen die Mongolen.

Das klingt jetzt zwar griffig, ist aber schlichtweg gelogen. Denn eigentlich hören wir gerade einmal vier Chinesen an Gitarre, Bass, Schlagezug, Morin Khuur und Dombra. Den Großteil der Neuintrepretaion nimmt der Tengger Cavalry-Frontmann Nature Ganganbaigal sogar selbst in die Hand.

Die Originalaufnahmen dienen nur als Leitfaden. Dies verdeutlicht vor allem der Wegfall des Gesangs. Der größte Teil von "Blood Sacrifice Shaman" bleibt instrumental. Nur lautmalerischer Kehlkopfgesang und selten eingesetzte Screams unterstützen die Atmosphäre dieses empörend feingliedrigen Albums. Die asiatischen Instrumente kommen im nun kristallklaren Sound, der mit metallener Härte kollidiert, noch besser zur Geltung.

"Tengger Cavalry" dient als Musterbeispiel. Effektive Riffs und erbittertes Double-Bass-Drumming vereinigen sich mit der mongolischen Seele. Der träumerische Einsatz vom Dombra und Pferdekopfgeige führen ins Brauchtum. Gemeinsam wütet diese Kavallerie, die Mongulriders in the sky, durch mehrere Metaebenen. Ebenso erbarmungslos wie verträumt.

"Das nördliche China ist sehr innig mit den mongolischen Graslandschaften und den Nomadenstämmen verbunden", erklärt Nature seine Wurzeln im metal.de-Interview. "In den letzten Jahrhunderten, kamen Nomaden in die nördlichen Teile Chinas, eroberten Teile, ließen sich nieder und vermischten sich millionenfach mit den dort ansässigen Menschen. Die Provinz, aus der ich stamme, war eine große mongolische Siedlung. Ich habe also mongolisches Blut. Der wichtigste Punkt für mich ist aber, dass meine Definition von Kultur und meine religiösen Ansichten komplett auf dem mongolischen Kulturkreis beruhen."

Dem düster grollendem Titeltrack "Blood Sacrifice Shaman" hört man die Black Metal-Wurzeln des Debüts noch deutlich an. Das Hauptaugenmerk liegt auf Rhythmik und Klang, gerade einmal "The Wolf Ritual" und "Hero" verfügen über klassische Soli.

"Rootless" und "The Native" lassen den Metal-Ansatz endgültig beiseite und geben sich ganz der entrückten Schönheit von Morin Khuur, Didigeridoo und Flöte hin. Die schreddernden Originalaufnahmen "Tengger Cavalry (2009)" und "Blood Sacrifice Shaman (2009)" verdeutlichen Tengger Cavalrys beachtliche musikalische Entwicklung in den letzten sechs Jahren.

Mit dem zweiten Austritt zum "Blood Sacrifice Shaman" gelingt der Tengger Cavalry ein eindringliches und für sich allein stehendes Werk. Ihr Mystik rüttelt auf, vereinigt Klarheit mit Düsternis. Die mongolische Kavallerie reitet und reitet. Die Hufe ihrer Pferde durchpeitschten den Sand, sie tragen Angst und Schrecken in jedes Land, und weder Blitz noch Donner hält sie auf.

Trackliste

  1. 1. Соёмбо (Hymn of The Mongolian Totem)
  2. 2. Tengger Cavalry
  3. 3. Horseman
  4. 4. Rootless
  5. 5. The Wolf Ritual
  6. 6. The Native
  7. 7. Blood Sacrifice Shaman
  8. 8. Hero
  9. 9. Spirits
  10. 10. Tengger Cavalry (2009)
  11. 11. Blood Sacrifice Shaman (2009)

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