laut.de-Kritik

Berlin kriegt eine frische Ladung Rucksäcke.

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Berlin kriegt eine frische Ladung Rucksäcke. Mit Edit Entertainment betritt ein Label die Raplandschaft der Hauptstadt, das neben sympathischer Ehrlichkeit und Untergrundverwurzelung auch eine große Ladung Consciousness ins Feld führt.

Und damit Achtungserfolge feiert: Zenit macht seinem Namen derzeit alle Ehre, denn über die Jahre, Mixtapes und YouTube Instant-Beat Reportagen hat er sich mittlerweile einen überregionalen Ruf als experimenteller Beatschraubergott erarbeitet. Komplettiert durch Rapper Phase wirken die zum Duo geschrumpften Kryptonasen (Gründungsmitglied Nash steuert lediglich zwei Interludes bei) schon mal ganz appetitlich.

Das Konzept "einer am Mic, einer am Pult" hat nicht nur in Übersee Tradition. Dynamite Deluxe, Eins Zwo, Fiva & Radrum belegen: Ist der MC ein Ausnahmetalent, ist die Konstellation des Zweigespanns schwerlich zu toppen.

Problematisch wird es allerdings, wenn der Rapper nichts auf dem Kasten hat: Sich auf volle Albenlänge hinter Featuregästen zu verstecken bekämpft das Symptom, nicht die Ursache. Die geringe Schar der Featuregäste - vier an der Zahl - beweist: Phase ist definitiv nicht gewillt, im Schatten seines beatbastelnden Antagonisten stehen zu bleiben.

Der jedoch fährt heftige Geschütze auf: Bei der Sampleauswahl hat Zenit seine Hausaufgaben gemacht und emsig Fleißmärkchen gesammelt. Musikalisch stammt "Absolut" aus Gallas "Lande Chill, wo man die Sorgen vergisst."

Ob jazzig-verspielt ("Mein Hirn Ist Müde", "Ein Bisschen Koks", "Liebe"), elektronisch oder minimalistisch, vor den Beats ziehe ich den Hut. Der rote Faden wird trotz aller Innovation und Vielseitigkeit nur zwei Mal unterbrochen: Bei "Mein Sound" und "130 BpM" tritt der Produzent aufs Gaspedal, was die Scheibe um zwei Höhepunkte bereichert.

Das allerdings kann nicht nur Gris angerechnet werden, dessen Gastbeitrag zu "130 BpM" wie erwartet auf die 12 gibt. Vielmehr stechen Phases technische Defizite bei schnelleren Beats deutlich weniger ins akustische Auge. Je unauffälliger allerdings das Instrumental, desto schwerer fällt der Mangel an Rhythmusgefühl und Reim-Fähigkeiten ins Gewicht.

Von Rapmaster Justus und Amewu aka. Halbgott war nichts anderes zu erwarten - dass auch Gris und Boba Fettt ihren Gastgeber am Mikrofon derart abhängen, beraubt die Scheibe ihres Glanzes.

Zumal sich "Absolut" auch inhaltlich deutlich weniger avantgardistisch zeigt als die Verpackung verspricht. Wie Phase zeigefingerschwingend der heimischen Gangsterrapszene den netten Onkel oktroyiert wirkt im Gegenteil eher altbacken. Andere Kritik trifft da schon eher ins Schwarze, wie etwa in "Scheine", aber die Erkenntnis, dass Geldgier und Koks böse sind, schafft es 2007 nur noch schwerlich in die Breaking News.

Und Lieder über den Beziehungsstatus von Frauen auf myspace.com müssten schon etwas adretter gerappt daherkommen, um in irgendeiner Weise interessant zu wirken. Auch wenn der Rapper sich zu beteuern bemüht, er sei "völlig unbeschwert", wirkt er über weite Strecken des Albums ziemlich verkrampft.

Was "Absolut" am schmerzhaftesten abgeht ist jegliche Form von Augenzwinkern oder gar Humor. Die Texte wirken zwar recht vielschichtig, liefern aber auf Albenlänge nicht genug Nährwert für Inspiration. Verglichen mit den Vorlagen vergleichbarer Kollegen wie Mopz Wanted, Fiva oder J.A.W. können die beiden Berliner Avantgardisten nur auf musikalischer Ebene bestehen - hier jedoch setzen sie die Messlatte ein gutes Stück höher.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Absolut
  3. 3. Ein Bisschen Koks
  4. 4. Viel Zu Jung
  5. 5. Mein Hirn Ist Müde
  6. 6. Swing Wie Al Caiola 2
  7. 7. Arrangement Interlude
  8. 8. 130 Bpm ft. Gris
  9. 9. Nesin Interlude
  10. 10. Danke!
  11. 11. Einige Jahre ft. Justus
  12. 12. Liebe
  13. 13. Nesin Interlude 2
  14. 14. Mein Sound
  15. 15. Scheine ft. Amewu, Justus, Gris
  16. 16. Herzinfarkt ft. Boba Fettt
  17. 17. Allein In Der Bar / Sonne Am Horizont

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