laut.de-Kritik

Die Avengers des K-Pops verschlucken sich selbst.

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Franchises sind seit je her die Methode der Wahl, eine Cashcow bestenfalls bis in die Unendlichkeit melken zu können. In den letzten Jahren haben Filmemacher aber gelernt, dass das nicht nur in Form von dreizehn Teilen "Freitag der Dreizehnte" oder fünf Sharknados passieren kann, sondern man sich auch ein Extended Universe einrichten könnte. Alles hängt zusammen, Fans von jedem Erfolg sind auch Fans vom nächsten und jedes neue Projekt gewinnt ein anschauliches Startkapital Hype. Da muss sich die koreanische Firma SM Entertainment gedacht haben - was das Kino kann, kann Musik doch schon lange. Also rufen sie eine Band namens SuperM ins Leben: Das SM Extended Universe, eine Supergroup, die sie subtilerweise auch noch als die "Avengers" des K-Pops bezeichnen.

Zumindest lügt diese Beschreibung nicht. SuperM lahmt nämlich an genau denselben Stellen, an denen moderne Blockbuster leiden. Das Boygroup-Monster mit hochkarätigen Mitgliedern legendärer Boygroups wie Shinee, EXO und N-CT ist bis in die Haarspitzen überproduziert, hat vor lauter Köchen einen ruinierten Brei und agiert mit dem Feingefühl eines sibirischen Hammerwerfers.

Fairerweise könnte man einwenden, dass das im Grunde für die ganze Industrie des Genres gilt. Wer konsultiert denn auch K-Pop für Subtilität, Bodenständigkeit und Authentizität? Das Problem ist aber nicht, dass diese sechs irrealen Prettyboys CGI sind, das Problem ist, dass sie wirklich holpriges und schräg ausgeführtes CGI sind. Schon die Lead-Single "Jopping" offenbart tiefe Schwierigkeiten. Klingt die Basslines der Strophen dank dichtem Groove und intensivem Drang nach vorne einigermaßen vielversprechend, überfrachten die plärrenden Hörner alles, die ab dem Chorus an jeder Stelle wachsen wie Geschwüre. Der Song verschluckt sich selbst in seinem Bedürfnis, das größtmögliche Spektakel zu sein.

Die gleichen Probleme findet man auf "I Can't Stand The Rain", einer Ballade, die zwar von beeindruckend starken Falsetto-Lines von EXOs Baekhyun profitieren, aber so viele Elemente so diffus vermengen, das nahezu kein Eindruck bleibt. Die weniger prominenten Songs funktionieren als solche besser, "Super Car" ist ein Synth-Pop-Geschepper, wie Charli XCX es auf ihre ikonische "Vroom Vroom"-EP gepackt hätte, "2 Fast" ist vorzeigbares Pop-Fast Food mit einem Beat, der uncanny an LOONAs "Satellite" erinnert, und "No Manners" ist K-R'n'B, wie er einmal auf fast jedem Rookie-Album vorkommt.

Die restlichen B-Seiten sind keine Desaster, aber nichts, was man vom geballten Talent dieser Truppe erwarten dürfte. Lückenfüller für ein Album, das viel mehr sein sollte. Tragischerweise sind es aber gerade diese Versuche, mehr zu sein, die SuperM letzten Endes ins Negative ziehen. "I Can't Stand The Rain" und "Japping" haben trotz guter Ansätze einfach nicht das Songwriting, um sich gegen den Hyperpop ihrer Konkurrenz durchzusetzen. Sie klingen, als wäre die einzige Idee auf dem Reißbrett gewesen, dass die Gruppe das größte, dümmste, lauteste und überzeichnetste Spektakel der Welt sein wird. Nur wusste niemand im Raum so genau, wie.

Trackliste

  1. 1. Jopping
  2. 2. I Can't Stand The Rain
  3. 3. 2 Fast
  4. 4. Super Car
  5. 5. No Manners
  6. 6. Jopping - Instrumental
  7. 7. I Can't Stand The Rain - Instrumental

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