laut.de-Kritik

Blast die Fanfaren, ihr Nasen!

Review von

Da hat er mir ja ordentlich den Mund wässrig gemacht, der feine Herr Stubenhacker. Nicht nur gefühlt, sondern schon reale gute zwei Jahre liegt es zurück, da präsentierte das Gadgetgesicht zusammen mit seinen Sidekicks Jim Pressing und Bobby Maniac ganz "Was Anderes", mit tatsächlich erfrischend anderer Ästhetik in Bild und Ton.

Dem schloss sich ... lange gar nichts an. Die Erinnerung daran, wie wohltuend Stubenhacker aus dem im Deutschrap allzu weit verbreiteten Einheitsbrei hervorstachen, stand aber ruckzuck wieder bei Fuß, kaum dass spät (und entsprechend eigentlich gar nicht mehr erwartet) "Für Immer Wach" ins Haus flog. "Was soll ich noch sagen, außer: Blast die Fanfaren, ihr Nasen!"

Einen gewaltigen Auftritt legt "Der Herr Stubenhacker" hin. "Wer kennt seinen Namen?" Danach? Sicher ein paar Leute mehr. Die Nummer schnarrt und schabt sich so dermaßen eigen mit Wucht und Klingeling durch die Gehörgänge, dass man noch nicht einmal Zeit findet, sich von der verzerrten Stimme genervt zu fühlen. Schon im Begriff, der Aufforderung "Heute müsst ihr alles absagen!" nachzukommen, folgt die ernüchternde Erkenntnis auf den Hacken: Der Spaß währt nicht lange.

Nach zweieinhalb Minuten scheint das Pulver bereits verschossen, das Ideenreservoir leergeschöpft. Um die platt-plakative Kritik an Kolonialismus und Ausbeutung in "Der Weiße Mann" zu untermalen, haben Stubenhacker und Konsorten offenbar nur mehr billige Plastikkeyboardssounds übrig. Die gehen wenig später, in "Beide Geil", in Verbindung mit nervtötendem Singsang noch stärker auf die Nüsse.

Der Versuch, die Schuld an dem klebrigen Schund, der sich "Deutscher Soul" nennt, Moses Pelham (und zumindest zum Teil außerdem dem "Kackvogel" Xavier Naidoo) in die Schuhe zu schieben, gerät noch ganz unterhaltsam. Inhaltlich jedenfalls mindestens so unterschreibenswert wie die Schelte am ermüdenden, einfach gestrickten, immer gleichen Alphamännchentum im einheimischen Rap, die aus "Kronen Abgeben" trieft. Stimmt alles.

Dennoch stehen derlei Schmähungen auf den tönernen, schon recht angeknacksten und entsprechend äußerst wackeligen Füßen namens "übersichtliche Rapskills" und "eingeschränktes Vokabular". Sich derart weit aus dem Fenster zu lehnen und dann Zeilen des Kalibers "Mann, ist der weiße Mann scheiße, Mann" zu servieren, Jungejunge, dafür braucht es schon eine gehörige Menge Mut, gepaart mit reichlich Selbstüberschätzung. Letztere plärrt dann auch gleich wieder lautstark aus "Ich Kann Alles" und fügt sich erneut bestens ins eben noch genau dafür gerügte Deutschrap-Gegockele.

"Was Anderes" stammt, wie erwähnt, bereits aus dem Sommer 2014. Dessen ungeachtet klingt das Stück aber immer noch so frisch und extravagant, dass einem die einlullenden Synthie-Wabereien "Weg Mit Dem Geld" und der Titeltrack, die diese Platte beschließen, im Vergleich gleich doppelt egal vorkommen.

Schade! Mehr als ein einsamer großer Wurf und ein gelungenes Intro steckt nicht drin, in "Für Immer Wach". Das erscheint beides dafür aber so innovativ, dass ich mich schlicht zu glauben weigere, dass das jetzt wirklich schon alles gewesen sein soll. Da geht doch wohl hoffentlich noch ganz "Was Anderes"?

Trackliste

  1. 1. Der Herr Stubenhacker
  2. 2. Der Weiße Mann
  3. 3. Deutscher Soul
  4. 4. Beide Geil
  5. 5. Ich Kann Alles
  6. 6. Telefone Im Gesicht
  7. 7. Was Anderes
  8. 8. Kronen Abgeben
  9. 9. Weg Mit Dem Geld
  10. 10. Für Immer Wach

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