laut.de-Kritik

Die drei Rock’n’Roller setzen immer noch auf Riffs und Rhythmus.

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Das Schöne an den Stray Cats ist, dass sie aus wenig viel machen. Mit nur drei Instrumenten erzeugen sie reichlich Abwechslung. Auch auf "40" glückt ihnen dies, ein Vierteljahrhundert nach der letzten gemeinsamen CD.

Alle Musiktrends seit Erfindung des Rock'n'Roll lässt dieses Trio geschmeidig beiseite: Beat-Existentialismus brauchen sie nicht. Folk-Protest liegt ihnen nicht - keine Politik in Interviews verkünden sie vorab auf unsere Anfrage. Formen digitaler Klangerzeugung, Scratches und Samples ignorieren sie ebenso wie Hipstertum und Retro-Soul. Stray Cats setzen dort an, wo Bill Haley und Eddie Cochran einst aufhörten.

In "Cry Danger" hüllen sie den Hörer in ein Korsett aus holzigen, schweren Klängen. Düster wirkt die Atmosphäre. Die Dissonanzen, die Leon Drucker a.k.a. Lee Rocker seinem Double Bass entlockt, erzeugen etwas Verwaschenes, flirrend wie die Luft vor einem drohenden Sommergewitter. "I Attract Trouble" ist thematisch nicht minder negativ als der Gefahrenschrei im Song zuvor.

Die Schwermut solcher Songs ist (eigentlich) gar nicht so deutlich im frühen Rock'n'Roll angelegt und wurde erst von Gruppen wie The Doors herausgekehrt. Bei den Stray Cats geht es jedoch auch auf ihre 'alten Tage' nicht um Statements, Gänsehaut oder Film, Kunst und Theater (zwei der Doors kamen ja aus der Filmkunst), sondern um Riffs und Rhythmus.

Der Titel "That's Messed Up" beruht auf dem lasziven Crooner-Gesang Brian Setzers und geht als gehobene Bar-Musik durch, kantiger Rockabilly-Jazz. "Three Time's A Charm" knüpft an Jukebox-Zeiten an. "When Nothing's Right" belebt den uralten Bass-Rock'n'Roll von Carl Perkins, der im Flowerpower der Shangri-Las ("Leader Of The Pack") anno '67/'68 seinen vorletzten Frühling und während der 80er in punktuellen Zitaten bei Van Halen und Billy Idol seinen letzten Höhepunkt erfuhr. Perkins, von den Beatles in Europa bekannt gemacht, ist ein wichtiger Einfluss und bekam auf dem letzten Studioalbum der Stray Cats von 1993 eine Coverversion gewidmet.

Weitere Idole waren Chuck Berry, zwei Mal auf Stray Cats-LPs gecovert, und Johnny Burnette. An seiner Memphis-Songwriter-Schatzkiste bedienten sich die streunenden Katzen regelmäßig. In das Sumpfige des Memphis-Delta können sich die drei New Yorker Stadtkinder erstaunlich gut hineinversetzen und transportieren das Feeling glaubwürdig und elektrisiert.

Das Gitarren-Feuerwerk in "Devil Train" am Ende der CD entblättert so viel aufgestaute Energie, wie das sonst mit Glück bei einer AC/DC-Scheibe oder einem Ska-Konzert passiert. Diese Rockmusik ist nicht auf Technik angewiesen, auf keine Verstärker, auf keine filigran gestimmten Blechbläser. Es ist unscharfe, körperliche Musik. Deswegen funktionieren sogar Instrumentals wie "Desperado", ohne dass man Worte oder den Sänger vermissen würde. Die Energie kommt aus der Musik gekrochen.

Trackliste

  1. 1. Cat Fight (Over A Dog Like Me)
  2. 2. Rock It Off
  3. 3. I've Got Love If You Want It
  4. 4. Cry Danger
  5. 5. I Attract Trouble
  6. 6. Three Time's A Charm
  7. 7. That's Messed Up
  8. 8. When Nothing's Going Right
  9. 9. Desperado
  10. 10. Mean Pickin' Mama
  11. 11. I'll Be Looking Out For You
  12. 12. Devil Train

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