laut.de-Kritik

Abwechslungsreich und bestechend ehrlich.

Review von

Der Opener "Oh My Love" überrascht mit ungewohnt versöhnlichen Worten. "Ich habe lange auf dich gewartet, deine Liebe ist immer noch frisch in meinen Gedanken" singt Robin Proper-Sheppard, begleitet von retro-rockigen Klängen. Hat der notorisch deprimierte Musiker endlich seinen Frieden gefunden und sich auf den Weg in die Charts gemacht?

"'People Are Like Seasons' ist das Album, das ich immer vergeblich versucht habe zu machen", erklärt der Singer/Songwriter und Produzent in einem Interview. Zeichneten sich die ersten zwei Werke seiner Sophia durch eine minimalistisch arrangierte Trostlosigkeit aus, beschäftigen sich die neuen Stücke zwar immer noch mit existentieller Melancholie und der eigentlichen Sinnlosigkeit des Lebens; sie bemühen sich aber auch, Lichtstrahlen in die Finsternis dringen zu lassen. Zwischenmenschliche Beziehungen stellen uns immer wieder vor Schwierigkeiten, aber so ist es eben, und damit müssen wir leben, lautet die Botschaft des Titels.

Ein halbwegs versöhnlicher Ansatz, der immer wieder aus den Fugen gerät. Fließen die ersten zwanzig Minuten in Begleitung von Akustikgitarre, Streichern und einem Klavier noch aufregungslos vor sich hin, kommt bald unvermittelt ein Unwetter auf. "Lass dich einfach gehen" trägt Proper-Sheppard in "Desert Song No. 2" mit seiner an Mick Jagger erinnernden Stimme vor, als das Gitarrengewitter ausbricht und den labilen inneren Frieden verdrängt. "Du sagtest, Dunkelheit zieht dich an. Lass mich ein Schatten in deinem Schwarz sein" heißt es nun, während Bass und Keyboard an Rammstein erinnern. "I've been walking down this road every day of my fucking life … life's a bitch and then you die" verkündet er in "If A Change Is Gonna Come", den Verzerrer bis zum Anschlag aufgedreht.

So viel Wut erinnert an Stooges – oder auch an Proper-Sheppards erste Band, God Machine. Back to the roots, also? Nein, denn das Album schlägt anschließend wieder ruhige Töne an. "Swore To Myself" hört sich mit der Zeile "Ich habe mir selbst geschworen, mich nie mehr zu verlieren" wie das Ergebnis einer Therapiesitzung an. Bezeichnenderweise kommt das schönste Lied zum Schluss; "Another Trauma" sorgt nach dem vorwurfsvollen "I Left You" für ein einprägsames Ende: "Ich trinke ein Bier und verabschiede ein weiteres Trauma, das ich überwunden habe. Das nächste wird kommen … aber ich verspreche, den morgigen Tag mit einem Lächeln zu beginnen".

Eine gezupfte Gitarre, später ein Klavier begleiten die für Proper-Sheppard schon fast revolutionären Worte. Zwar stößt die Beschäftigung mit sich selbst und seinen Problemen immer wieder an die Grenzen des Erträglichen, zumal seine Gedanken an mehreren Stellen wenig originell wirken; dennoch ist ihm mit "People Are Like Seasons" ein abwechslungsreiches und bestechend ehrliches Album gelungen. Kein Wunder also, dass sich nun ein gestandenes Label um ihn kümmert und die Chancen nicht schlecht stehen, Sophia demnächst in den Charts wieder zu finden.

Trackliste

  1. 1. Oh My Love
  2. 2. Swept Back
  3. 3. Fool
  4. 4. Desert Song No.2
  5. 5. Darkness (Another Shade In Your Black)
  6. 6. If A Change Is Gonna Come
  7. 7. Swore To Myself
  8. 8. Holidays Are Nice
  9. 9. I Left You
  10. 10. Another Trauma

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