laut.de-Kritik

In der Schwermut keimt vorsichtige Hoffnung.

Review von

Sieben Jahre liegt ihre letzte Platte zurück, insofern haben die in der Zwischenzeit herangewachsenen Indie-Fans diese Gruppe nicht unbedingt auf dem Schirm: Sophia, die Band um den aus Kalifornien stammenden und in Europa lebenden Robin Proper-Sheppard. Seit den 90ern liefern sie mit schwermütigen Indie-Songs und lebensverneinenden Texten den Soundtrack für einsame Abende.

Warum bis zum Erscheinen des sechsten Studioalbums "As We Make Our Way (Unknown Harbours)" so viel Zeit vergangen ist, erklärt Proper-Sheppard so: "Ich wollte erst herauskommen aus diesem Kreislauf, bei dem sich so ziemlich jeder Song, den ich schreibe, mit der Aufarbeitung meiner persönlichen Beziehungen auseinandersetzt."

"There Are No Goodbyes" war eine reine Trennungsplatte. Die im Zuge schmerzhafter Erfahrungen geschriebenen Lieder im Anschluss jeden Abend live spielen zu müssen, sei sehr qualvoll gewesen. Untätig war er in den Jahren aber nicht: Auf dem Weg ins Studio hatte er schon über 50 Songs im Gepäck.

Das Grundprogramm bleibt das bekannte: langsame, gefühlvolle Songs, die ein zurückhaltendes Schlagzeug begleitet und eine Akustik- oder cleane E-Gitarre trägt. Das Arrangement ist sehr reduziert: Die Gitarre spielt im Wesentlichen nur Akkorde, dezente elektronische Sounds und manchmal ein Piano verfeinern die Stücke. Doppelspuren, Gitarrensoli oder andere aufbauschende Stilmittel sind nicht zu hören.

Die Band bestand im Studio nur aus Proper-Sheppard und Drummer Jeff Townsin. Bei den elektronischen Elementen ließen die beiden sich von Brüsseler Sounddesign-Studenten beraten.

Proper-Sheppard thematisiert diesmal also keine Trennungen, sondern Momentaufnahmen aus seinen vergangenen Jahren. Fröhlich klingt das Album deswegen nicht, aber zwischen der gewohnten Schwermut hört man vorsichtige Hoffnung heraus, eine fragile, aber optimistische Herzenswärme. Als freue man sich nach einer Trennung mehr über die erlebte Zeit, als der verflossenen Person nachzutrauern.

Nach dem Intro und einem kurzen, undefinierten Soundwolke setzen die Sophia-typische Akustikgitarre und Proper-Sheppards Gesang ein. Mit dem ersten Song "Resisting" zeigen Sophia gleich ihr Talent. Sie haben es einfach drauf, mit simpel scheinenden Mitteln großartige Songs zu schreiben. Wenn beim Finale des Liedes zum Beispiel die Gitarre nur auf einer einzelnen Saite spielt, dann ist das genau wegen dieser Einfachheit sehr ergreifend.

Es scheint, als habe Proper-Shepard seinen Frieden mit sich und der Welt geschlossen, wenn er singt: "I don't know what we're always resisting or what we're even kicking against." "The Drifter" geht mit seinem markanten Piano-Thema im Intro als das beste Stück des Albums durch. "California" besticht mit seiner fast beschwingten Stimmung.

Zwei Lieder überzeugen nicht ganz: "You Say It's Alright" fällt mit einem dominanten Synthie-Thema und Falsettgesang aus der Reihe. "St.Tropez / The Hustle" wirkt mit verzerrten Vocals und einer Standard-Bassline irgendwie nervig. Insofern schade, dass von den 50 geschriebenen Songs neben dem Instrumental-Intro nur neun aufs Album gelangten. Diese sind aber, mit beschriebenen Ausnahmen, dafür ziemlich großartig.

Trackliste

  1. 1. Unknown Harbours
  2. 2. Resisting
  3. 3. The Drifter
  4. 4. Don't Ask
  5. 5. Blame
  6. 6. California
  7. 7. St. Tropez / The Hustle
  8. 8. You Say It's Alright
  9. 9. Baby, Hold On
  10. 10. It's Easy To Be Lonely

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